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Call of Juarez: Bound in Blood

Der Wilde Western lebt wieder!

Ray pirscht sich an die Widersacher heran. Seine Messer im Anschlag. Die Zahl der Yankees sinkt. Alles scheint gut zu laufen, als plötzlich Flammen lodern. Diese Schweinehunde haben ein Feuer gelegt und warten jetzt, dass die zwei Brüder ihre Deckung aufgeben müssen. Spannend, wirklich spannend, was Call of Juarez: Bound in Blood da entfacht. Ich ziehe meinen Cowboy-Hut, den ich mir extra für die Vorschau ausgeliehen habe.

Bei einem Western-Spiel sollte sich der Controller anfühlen wie ein Colt. Eine Aufgabe für Profi-Illusionisten, gleicht das Playstation-Pad doch eher dem Lenker eines Dreirads. Den Programmierern gelingt es trotz der widrigen Umstände immerhin, das Revolver-Flair gut zu vermitteln. Beidhändig bewaffnet in einen Pulk Gegner zu stürmen und die Pistolen durch den Rückstoß links und rechts nach oben ausbrechen zu sehen, hat schon etwas von John Wayne.

Mir fehlt allerdings ein bisschen mehr Wumms dahinter. Besonders bei den Gewehren. Ich möchte spüren, dass der Stahl in der Hand meiner Spielfigur nach Tod riecht. Im späteren Verlauf des Spiels gibt es noch stärkere Versionen der Ballermänner, vielleicht tragen die ja diesem Wunsch mehr Rechnung. Und dass ich mehrfach die Waffe wechsle statt den Abzug zu betätigen, liegt wohl daran, dass ich privat einen 360-Controller bevorzuge. Meine Schuld. Ich habe eben große Hände.

Für die Flucht aus der Stadt kommt die Postkutsche gerade recht.

„Pferde sind wie Frauen. Du musst Ihnen nur sagen, wo es langgeht“, gibt Eure Spielfigur zum Besten. Die Dialoge lassen kein Harte-Männer-auf-staubiger-Straße-Klischee aus. Allerdings stellt sich die Frage, warum zum Beispiel die deutsche Synchro-Stimme des dritten und jüngsten Bruders klingt, als würde den Text gerade jemand aus einem Buch ablesen? Hier hätte im Aufnahmestudio Ex-Topmodel-Juror Bruce Darnell „Drama, Baby, mehr Drama!“ rufen sollen. Gilt übrigens auch für Todesschreie.

Nach dem zwanzigsten, genau gleich klingenden „Aaaaah! Eiiiiii!“fragt man sich schon, ob das Gekreische eine Psycho-Werbe-Masche findiger Hühnerei-Fabrikanten darstellt. Das eingespielte Gitarrengeplänkel plätschert dabei unauffällig nett aus den Lautsprechern, während Ihr mit Schusswaffen jeder Art feindliche Yankee-Soldaten und Desperados bearbeitet. Ungeschlagene Western-Musik-Referenz bleibt somit die lizenzierte Spaghetti-Western-Kulisse von Rockstars Red Dead Revolver.

Mit zwei Knarren in der Hand lässt Euch das Spiel nicht mehr zoomen.

Bei Red Dead Revolver hätte Call of Juarez 2 übrigens ruhig mehr klauen dürfen, immerhin stammen die mit aufgeladener Konzentrationsenergie möglichen Zeitlupenballereien auch aus dem Rockstar-Spiel. Und die sind klasse! In einen Saloon zu poltern, die Zeitlupentaste zu drücken, sechs Gegner von Kopf bis Fuß mit roten Fadenkreuzen zu übersähen und danach das Kugelhagel-Inferno zu beobachten, ist immer wieder ein Genuss.

In diesem Spiel braucht sich definitiv niemand schämen, den Macho heraushängen zu lassen. Damensattelreiter fallen spätestens beim ersten Obermotzduell ohnehin tot um. Virtuell natürlich. Das Testosteron ist nämlich förmlich spürbar, wenn bei so einem Duell Eure rechte Hand in Richtung Pistolengurt wandert und die Finger nur auf den Moment lauern, wenn das Gegenüber zur seiner Knarre greift. Es kann eben nur einen Sieger geben.

Blaue Bohnen, Pferde, Weiber – falls das einen virtuellen Western-Held ausmacht, liefert Call of Juarez: Bound in Blood alle Zutaten. Und zwar genau in dieser Reihenfolge. Ein neuer Meilenstein erwartet Euch wahrscheinlich trotzdem nicht, dafür verlassen sich die polnischen Entwickler zu sehr auf ausgetrampelte Western-Klischees und Ego-Shooter-Standards. Gespannt bin ich dennoch auf das fertige Spiel, denn ich möchte schon erfahren, wie die Geschichte um die drei Brüder und den Azteken-Schatz ausgeht.

Call of Juarez: Bound in Blood soll voraussichtlich am 2. Juli diesen Jahres für PS3, Xbox 360 und PC erscheinen.

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