Captain Tsubasa: Rise of New Champions - Wenn man einfach keine Ahnung von Fußball hat
Das perfekte Spiel für Fußball-Fans, die FIFA-Hasser sind.
Ich will mich hier gar nicht so lang fassen: Ich mag FIFA nicht. Ich spiele FIFA nicht. Ich finde Fußball völlig okay, das ist nicht das Problem, aber meine Begeisterung ist zu klein, um mich in die Tiefen einer Simulation wie FIFA oder PES einzufuchsen. Was ich will, das gab mir SNK vor vielen Jahren und es hieß Super Sidekicks. Schnelle Aracde-Action mit drei Tasten, öfters mal ungestrafte Blutgrätschen verteilen, Torschüsse wie Kanonenkugeln. So muss Fußball sein. Notfalls auch noch wie Super Soccer, meine Fußballhistorie ist etwas eingestaubt.
Aber jetzt wird alles frisch, denn Captain Tsubasa: Rise of New Champions kommt! Das sagt euch in keiner Weise etwas? Macht nichts! Nehmt es einfach hin und gut ist. Super Sidekicks hatte auch keine Story. Aber Tsubasas wohl schon, einen solchen Modus inklusive, insoweit sollte ich wohl mal ein paar Eckdaten von Wikipedia herüberholen. Ein damals 18 Jahre junger Yōichi Takahashi war von der WM 1978 so beeindruckt, dass er mit dieser Inspiration im Hinterkopf einen kleinen Manga zeichnete, genannt Captain Tsubasa. Der Plot läuft ungefähr wie jeder Anime: Tsubasa und seine Freunde starten unten und immer wieder gibt es neue, stärkere Teams, die sie dann bezwingen müssen. Special Moves sind Teil des Programms, heroische Aktionen und Siege werden durch Training vorbereitet, Freundschaft, Rivalitäten, das ganze Programm.
Natürlich nicht alles im ersten Heft, denn ich kann euch nicht sagen, wann Tsubasa endete. Es läuft noch. Seit 1981. 100 Hefte, 300 Anime-Folgen in verschiedenen Generationen, diverse eigenständige Filmchen. Captain Tsubasa ist nicht nur für sich erfolgreich, er motivierte auch zahlreiche heutige Profis, sich überhaupt für Fußball zu begeistern, was man zum Beispiel an einem Tweet von Mbappe erkennen kann, der sich scheinbar ehrlich freute, dass ein neues Tsubasa-Spiel kommt. Er ist allerdings auch Franzose und in Frankreich ist Anime noch mal weit etablierter und hat mehr Tradition als bei uns, was man auch an einer Kooperation der französischen Nationalmannschaft mit diesem Spiel sehen kann.
So viel also am Rande, nun zum Spiel. Wie gesagt, es wird einen Story-Modus geben und mit der Historie ist das ja auch eine Selbstverständlichkeit. Gesehen habe ich davon noch nichts, aber den Versus-Modus zwischen zwei Highschool-Fußball-Teams aus der wohl Frühzeit der Serie gespielt. Auch wenn die KI noch alles andere als auf der Höhe war und die eigene Spieleranwahl ihre Macken hatte, schließlich ist es ja ein früher Build, kann ich ehrlich sagen, dass ich richtig viel Spaß hatte. Als jemand, für den eine halbe Stunde FIFA oder PES eine kleine Qual darstellt.
Es dauert keine zehn Minuten und ihr wisst, was ihr wissen müsst und auch wie es im Spiel funktioniert. Im Grunde ist es schnelles Passspiel, meist über kurze Distanzen, ran in Richtung Tor, hoffentlich nicht den Ball verlieren und wenn doch, dann gibt es die Nahkampf-Tacklings zum Stoppen. Okay, rote und gelbe Karten waren hier deaktiviert, normalerweise sollte man wohl auch mal den Ball normal abnehmen und nicht nur reingrätschen, aber wenn es erlaubt ist... Es war kein schönes Spiel, was hier zu sehen war. Mehr das Massaker von Nürnberg 2006. Ich hoffe, man kann Fouls auch in der fertigen Version abschalten.
Der Torschuss erfordert Timing als Fertigkeit beim Zielen. Schon im Laufen könnt ihr beginnen, einen Schuss aufzuladen, am besten bis in den Overkill-Bereich, was zwei Sekunden dauert. Eine lange Zeit, wenn drei Verteidiger sich nähern, aber beim Aufladen dürft ihr euch weiter normal bewegen. Der Schuss sollte dann zumindest vage in Richtung Tor oder zumindest der richtigen Spielfeld-Hälfte gehen, dann passt das schon. Wichtiger ist, wie nah ihr dran wart, wie viel Energie ihr in den Schuss packen konntet und wie viel Ausdauer der Torwart noch hat. Vor allem Letzteres ist das wichtigste taktische Element, denn eine Serie von schnellen Torschüssen kann einen Torwart fertigmachen, so weit, dass ein auch nur halb geladener Schuss ins Netz gehen kann.
Das Tempo ist dabei nicht mal sonderlich hoch, außer ihr könnt die Zone aktivieren, eine Art Kette von Blitz-Pässen, die Konter zu einer großen Gefahr machen. Sonst jedoch hat es den lustigen Animationseffekt, dass die Figuren scheinbar immer ein wenig Gegenwind haben. Per Taste sprintet ihr, aber dabei muss der gut sichtbare Ausdauerbalken über dem Spieler beachtet werden. Ich hatte genug abgekämpfte Verteidiger, die dann nicht mehr rechtzeitig was ausrichten konnten, weil ich sie die ganze Zeit in beide Richtungen flitzen ließ, statt brav zu passen. Heldentaten auf dem Platz sind jederzeit möglich, aber sie können sich auch ganz schnell rächen. Tsubasa ist einfach zu lernen, aber es hat genug taktische Möglichkeiten, um nicht primitiv zu sein.
Das ist es im Prinzip auch schon. Und mehr braucht es auch nicht. Captain Tsubasa: Rise of New Champions ist wie sein Original eine idealisierte, vereinfachte Form des sehr komplexen Sports. Es ist perfekt für Alle-zwei-Jahre-Fußballexperten wie mich, die zwar ihren Spaß beim Gucken eines guten Matches haben, aber sich keineswegs in die Untiefen einer Simulation stürzen wollen. Es ist einfach richtig gutes Action-Soccer, vor allem natürlich auf der Couch gegen und mit bis zu drei Freunden. Viele Anime-Spiele erfordern eine besondere Affinität zu der Materie, wenn nicht sogar exakt zu der Serie. Captain Tsubasa: Rise of New Champions wird dagegen ein Spiel für alle, denn auf einem gewissen Level mag eigentlich fast jeder Fußball. Tsubasa liefert das, was die Ahnungslosen am Fußball schätzen: Action, Spaß und Tore und alles in schneller Taktung.