Cassette Beasts ist mehr als nur ein Cocktail aus Pokémon und Persona
Ein unwiderstehliches Abenteuer.
Wow, das hier kam für mich komplett aus dem Nichts: Ein britisches “JRPG”, das sich ein paar Schlüsseltricks von Pokémon abschaute, ohne mich mit allzu kindlicher Attitüde direkt wieder aus dem Spiel zu kegeln. Hier geht es um mehr, als nur darum, der beste Monstertrainer zu werden und eine unterschwellige Finsternis, die Persona-Fans gefallen dürfte, liegt in der Luft, die die Insel New Wirral umweht. Und das Beste: Cassette Beasts hat ein paar exzellente eigene Ideen, die es spielerisch deutlich von seinen Vorbildern absetzen. Ich bin zwar noch nicht wahnsinnig weit, aber als Tipp zum Wochenende wollte ich euch jetzt schon wissen lassen, was mir hieran so gut gefällt.
Euer Avatar strandet auf einer mysteriösen Insel und findet sich dort in Gesellschaft einiger Leutchen, die jetzt schon seit ein paar Jahrzehnten ihre Zeit hier totschlagen. Die Bewohner stammen aus verschiedenen Welten und Ären – beziehungsweise verschiedenen Versionen unserer Welt – und müssen sich zusammenraufen, um im Monster verseuchten New Wirral zu überleben. Das klappt soweit ganz gut, wenn man von der Vampir-Gang mal absieht die gelegentlich das Städtchen terrorisiert.
Von hier aus startet ihr euer Abenteuer, als ihr zunächst nur die Ursache mysteriöser Beben ergründen wollt. Das wird alles reichlich schräg, auf eine sympathische, Teen-Horror-Art. Nicht zuletzt, weil sich die zentrale Kampfmechanik darum dreht, sich mithilfe eines Walkman in ein Monster zu verwandeln, das an eurer Stelle kämpft. Mehr noch: Habt ihr eine Leerkassette dabei, könnt ihr versuchen, jeden der weit über 100 Gegner, den ihr trefft, aufzunehmen und damit zu eurem Monsterportfolio hinzuzufügen. Im Rundenkampf wechselt ihr dann zwischen den Monstertypen, wie ihr sie braucht.
Smart ist dabei ein ziemlich ausgefuchstes System an Wechselwirkungen der insgesamt 14 Elemente: Da ist es mit simplen Anfälligkeiten nicht getan, es spielt auch eine gewisse Physikalität mit hinein, die eure Experimentierfreude anregt. Greift man als Feuer-Monster etwa ein Pflanzen-Monster an, nimmt es fortlaufend Brandschaden, ein Wind-Ziel wird allerdings “Updraft” bekommen, der einen Aktionspunktebonus gewährt, während ein Opfer vom Typ Plastik so verkokelt wird, dass es bei Kontakt Giftschaden wirkt. Man denkt also nicht mehr bloß in dn Kategorien Schaden und Verteidigung, sondern muss aufpassen, dass man sich unter Umständen den Gegner nicht stärkt. Gleichermaßen kann man auch seine eigenen Nebenmonster auf diese Art buffen.
Wer von der Pokémon-Reihe kommt, wird außerdem zu schätzen wissen, dass der zentrale Treiber der Progression der menschliche Avatar ist. Dessen Werte dienen als Basis für das Monster, das man beschwört, was es einladender macht, die frisch gefangenen Fantasiebiester auch direkt auszuprobieren, ohne sie erst mühsam hochpäppeln zu müssen. Natürlich hat auch jedes einzelne Monster eine eigene Progression, lernt immer neue Aktionen dazu, aber sie selbst sind direkt einsatzfähig und leisten ihren Beitrag.
Als wären weit über 100 Kreaturen nicht schon genug, gibt es auch noch ein Fusionssystem, bei dem beide Walkman-Träger einer Party ihre Beschwörungen zu einer mächtigeren zusammenlegen können. Die Sprites sind jederzeit wunderbar, wenn auch nicht auf dem ästhetisch allerhöchsten Level. Das könnte man auch über die etwas sterile Oberwelt sagen, die 3D-Objekte, Höhenunterschiede mit Schatten werfenden und in Echtzeit beleuchteten Pixel-Sprites recht gekonnt mischt, ohne gleich wie Square Enix “HD-2D” dazu sagen zu wollen. Ein bisschen Wärme geht der Optik jedoch ab, wenngleich das im Rahmen des Machbaren eines 20-Euro-Spiels vollkommen verschmerzbar ist.
Es steckt nicht nur viel Rollenspielkenntnis in Cassette Beasts, sondern auch eine Menge Herz, die euch nicht zuletzt von der fantastischen Musik entgegengetragen wird. Unbedingt mal anschauen, wenn das alles für euch nach einer guten Idee klingt!