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Castlevania: Lords of Shadow

Vom Belmont, der sein Schicksal selbst bestimmte

Der technische Trick, dessen man sich hier bediente, dürfte aber auch die Grundlage für eine kleine Kontroverse bilden. Bei Action-Adventures ist es ja nicht ganz unüblich, dem Spieler keine Kontrolle über die Kamera zu geben und die Winkel fest zu bestimmen. Lords of Shadow macht da keine Ausnahme. Die Kamera ist fix und fängt das Geschehen ein, wie sie es für richtig hält. Und sie weiß definitiv, was sie tut. Die Einstellungen, und zwar so gut wie jede, seien es Zwischenszenen oder die Wahl des Betrachtungswinkels in jedem einzelnen Spielabschnitt, zeugen von einem tiefen Verständnis, wie man das meiste aus einer Szene holt, solange die Kamera nur richtig aufgestellt wurde. Ich nehme an, dass hier Hideo Kojima seine Hand im Spiel hatte und dem Team zeigte, wie man eine banale Szene cineastisch wertvoll einfangen kann.

Schönheit ist aber nicht alles und dass nicht jedes Spiel eine feste Kamera so gut beherrscht wie ein God of War kein Geheimnis. Lords of Shadow jedoch bekommt es hin. Es gab im ganzen Spiel keine Stelle, in der der Winkel dermaßen schlecht gewählt war, dass es mich Lebensenergie kostet oder gar in den Tod stürzte. An einem Punkt, als ich nicht wusste, wo es weitergeht, wünschte ich mir, wahrscheinlich instinktiv, dass man doch mehr sehen könnte, doch wie sich herausstellte, lag das Weiterkommen keineswegs versteckt, sondern offen und ehrlich vor mir. Ich war blind, der Kamerawinkel passte.

Im Kampf kommt kein Feind von hinten aus dem Off, es kann aber sein, dass sie gelegentlich dorthin verschwinden, sobald ihr euch weiterbewegt oder sie dahin prügelt. In diesem Fall weiß man aber, dass sie dort sind und kann damit umgehen. Ja, vielleicht wäre eine bewegliche Kamera schöner gewesen und sei es nur, um mehr von der Pracht der Stages einzufangen. Ein Problem stellt die feste Sicht jedoch an keiner Stelle dar und erlaubt im Gegenzug dem Entwickler, stets den besten – sprich schönsten – Winkel zu präsentieren. Ein fairer Tausch, kompetent und mit maximalem Erfolg umgesetzt.

Wie sieht es nun beim Gameplay aus? Es ist kein Metroivania in 3D, das steht fest. Auch passt das God-of-War-Label nicht so ganz, zumindest nicht außerhalb der Kämpfe. Lords of Shadow kombiniert drei große Elemente: Kampf, Erkundung und Raumrätsel. Diese werden je nach Abschnitt mal mehr, mal weniger gemischt und es kommt vor, dass eine Stage sich sehr kampflastig gibt, während sich die nächste darauf konzentriert, euch den Weg auf den Turm einer alten Abtei finden zu lassen. Eine andere postiert zwei, drei klassische Rätsel im Stil von "Wie muss man welchen Schalter erreichen, damit Frankensteins Elektrofeld einen nicht grillt?" hintereinander. Abwechslung ist in diesem Rahmen, verbunden mit der erfreulichen Optik und einer Vielzahl an Bosskämpfen, sicher kein Problem.

Der Schwierigkeitsgrad könnte da schon eher dem einen oder anderen missfallen. Die 8- und 16-Bit-Castlevanias schickten euch in tausend Sprung-Tode, dieses hier erlaubt sich dieses Vergnügen nur sehr selten. Meist ist klar, wo es lang gehen kann und wo man sich besser nicht runterwagt. Stürzt man doch mal in den Tod, was jetzt auch nicht so selten passiert, wird der Held sofort wieder an die Stelle des Unglücks zurückgesetzt und ihr dürft es nochmal versuchen. Das kostet euch ungefähr fünf Sekunden, ein klein wenig Lebensenergie, und erst wenn die komplett alle ist, geht es zum letzten Rücksetzpunkt. Es erinnert, wie auch die Klettermechanik selbst, ein wenig an Prince of Persia 2008, obwohl es sich psychologisch betrachtet besser anfühlt, zu "sterben" und wenigstens etwas zu verlieren anstatt sofort gerettet zu werden.

Um einige Stellen zu passieren, muss man nicht nur gesammelte Gadgets wie einen besonders kräftigen Handschuh oder eine Erweiterung der Kreuz-Peitsche einsetzen. Magie kommt ins Spiel, insbesondere die Schattenmagie, die euch stärker und schneller werden lässt. Mit ihr lauft ihr im Vampirtempo oder könnt eine brüchige Steinwand zertrümmern. Dies sind aber eher Ausnahmen, der Großteil des Magieeinsatzes beschränkt sich auf den Kampf, was ein wenig schade ist. Hier hätte man noch mehr Variationen in das Laufen, Springen, Klettern und Schwingen bringen können.

Die Raumrätsel werden euch ebenfalls nicht vor unlösbare Aufgaben stellen. Nicht, weil sie zu simpel wären, sondern weil ihr sie auf Wunsch einfach überspringen könnt. Die einzige Strafe dafür besteht in den Erfahrungspunkten, die ihr dann halt nicht bekommt. Und natürlich der Demütigung, es nicht geschafft zu haben. Aber immer noch besser als zwei Stunden festzuhängen, weil man einfach in der tiefen Nacht gerade komplett auf dem Schlauch steht.