Catherine
Catherine oder Katherine?
Es war eine große, wohltuende Welle der Erleichterung, die sich vor wenigen Tagen bei einem Großteil der Spieler da draußen Bahn brach. Nachdem ein Atlus-Mitarbeiter vermeldete, Amerikas Anbieter für ungewöhnliche, anspruchsvolle und ungewöhnlich anspruchsvolle Nischensoftware hätte momentan keine Pläne, Catherine, den neuen Titel der Macher von Persona 3 und 4, in den Westen zu bringen, war die Empörung groß: Leute schrieben E-Mails, diskutierten sich in Foren die Köpfe heiß und überlegten fieberhaft, welcher andere Nischen-Anbieter Catherine in den Westen bringen könnte.
Im Nachhinein wirkt das fast wie eine durchaus geschickte PR-Aktion: Auf einmal wurde Catherine von einem exotischen, durchaus interessanten Titel zur einer verbotenen Frucht, zu einem Spiel, das die Japaner uns Westlern vorbehalten wollen und das deshalb natürlich gleich nochmal so begehrlich wirkt wie zuvor. Und als dann schließlich die ersehnte Nachricht kam, dass Atlus Catherine für Xbox 360 und PS3 in diesem Sommer in die USA bringen will, da waren Begeisterung, Vorfreude und Dankbarkeit so groß, dass direkt zahlreiche Vorbestellungen getätigt wurden – der Verfasser dieser Zeilen nimmt sich davon auch nicht im geringsten aus, auch ich habe mir direkt die PS3-Fassung von Catherine reserviert und dazu auch gleich noch in die japanische Fassung reingeschaut, um endlich Klarheit zu erhalten, was es mit Catherine denn nun wirklich auf sich hat.
Eigentlich muss man mit Vincent kein Mitleid haben. Der 32-jährige Angestellte ist unabhängig, hat aber bereits seit fünf Jahren eine angenehm lockere Beziehung zur gleichaltrigen Katherine, die er schon seit Schultagen kennt. Doch die sorglosen Tage scheinen sich dem Ende zuzuneigen: Aus irgendeinem Grund macht Katherine ihrem Vincent Dampf, sich doch endlich einmal mit der ganzen Heirats-Thematik auseinander zu setzen. Auch wenn es sicherlich weit schlimmeres gibt, als mit der selbstständigen, attraktiven und durchaus auch erfolgreichen Katherine in den Hafen der Ehe einzulaufen, packt den geplagten Vincent da die nackte Panik.
Da kommt Catherine ins Spiel. Als Vincent wieder mal einen Abend in seiner Stammkneipe Stray Sheep verbringt, setzt sich die blonde Versuchung direkt neben ihn und verdreht ihm nach allen Regeln der Kunst den Kopf. Das Ganze endet mit einer leidenschaftlichen Nacht in Vincents Bett und jetzt hat der verhinderte Casanova ein echtes Problem am Hals. Eine Freundin mit Hochzeitsplänen auf der einen und eine wilde Affäre auf der anderen Seite, und dazu kommen auch noch seltsame Alpträume und mysteriöse Todesfälle in Vincents Viertel.
Und das soll jetzt ein Videospiel sein? Mit dieser Prämisse? Also ehrlich – bei Videospielen, da geht es doch um Fantasy, Drachen und Orcs, um schnelle Autos, große Waffen, Krieg und Heldentaten, ums Retten von entführten Prinzessinnen oder am besten gleich der ganzen Welt. Nicht um die Alpträume und Beziehungsprobleme eines durchschnittlichen kleinen Angestellten. Dabei ist es genau diese Einstellung, die dafür sorgt, dass es das Medium Videospiel so schwer hat, von der breiten Masse angenommen zu werden. Die Erfüllung pubertärer Allmachtsfantasien ist sicherlich spaßig, aber auf die Dauer auch irgendwie eintönig und schließt eine Menge potenzieller Spieler aus. Da ist ein Psycho-Drama mit starken Bezügen zur Lebensrealität vieler „älterer" Semester doch gleich etwas ganz anderes!