Cevat Yerli: 'Die nächste Heimkonsolengeneration wird die letzte sein'
Der Gaming-Lifestyle verändert sich und Konsolenqualität ist nicht mehr so stark gefragt.
Crytek-Chef Cevat Yerli glaubt, dass "die nächste Heimkonsolengeneration die letzte" sein wird.
Als Grund dafür gibt er im Gespräch mit dem International Games Magazin (via Golem) an, dass sich der Gaming-Lifestyle verändert, unter anderem durch Tablet-PCs.
"Dass Konsolen den PC verdrängen werden, hört man immer wieder. Ich teile diese Meinung nicht, im Gegenteil: Ich vermute, dass die nächste Heimkonsolengeneration die letzte sein wird. Tablet-PCs erobern den Markt und verändern den Gaming-Lifestyle, die Konsumenten spielen immer kürzer und schneller", so Yerli.
"Natürlich gibt es immer noch Hardcore-Gamer, die erst eine Stunde an der Installation sitzen und dann acht Stunden am Stück spielen. Aber diese Konsumenten geraten immer mehr in die Minderheit. Heutige Gamer kaufen ein Spiel für 99 Cent, laden es runter und spielen es 15 bis 20 Minuten pro Tag über den Zeitraum von zwei Monaten - und dann gehen sie weiter. Weil sich der Markt verändert, ist die Konsolenqualität nicht mehr so stark gefragt. Die nächste Konsolengeneration wird durch Smartphone-, Tablet- und Browsergames massiv unter Druck geraten."
Dass das Sony oder Microsoft nicht gefallen dürfte, ist klar. Man glaubt zwar, dass im Konsolenmarkt noch einige Dinge möglich sind, ist aber auch der Ansicht, dass traditionelle Konsolen keine Zukunft mehr haben.
"Wir glauben durchaus, dass im Konsolenmarkt noch Dinge möglich sind. Dennoch sind die Tage traditioneller Konsolen gezählt: Die Hardware wird immer teurer, und auch die Produktion der passenden Spiele würde zwei- bis dreimal so viel kosten wie heute. Das steht im klaren Widerspruch zu der Preisentwicklung, wie wir sie bei Smartphone-, Tablet- und Browsergames sehen."
Für Sonys PlayStation Vita oder auch Nintendos Wii U hat man laut Yerli keinerlei Pläne.
"Weder zur einen noch zur anderen Konsole haben wir aktuell etwas geplant", erklärt Yerli. "Für die Wii U wird es Spiele geben, die mit der CryEngine laufen, allerdings stammen die dann von Lizenznehmern. Die Playstation Vita ist uns als Plattform derzeit zu ungewiss. Technisch gesehen finde ich die Vita sehr ansprechend, man hat Spaß mit ihr, gar keine Frage. Aus geschäftlicher Perspektive kommt sie aber etwas zu spät. Es fällt uns schwer, da einen Markt mit einer kritischen Masse an Spielern zu sehen."
Wenig überzeugt ist er außerdem von Streaming-Diensten wie Onlive oder Gaikai. Für ihn ist das Geschäftsmodell noch nicht ausgegoren und auch bei der Technik gebe es noch Verbesserungsbedarf.
"Streaming-Dienste benötigen breite Datenbahnen zum Spieler. Als First Mover tragen sie daher zum Ausbau der Infrastruktur bei - das verdient grundsätzlich Applaus. Als Geschäftsmodell ist Streaming aber noch nicht ausgegoren. Das fängt schon bei der Zielgruppe an: Hardcore Games werden mit der Leichtigkeit von Casual Games gestreamt."
"Hardcore-Spieler wollen aber lieber die Hardware, die zu ihnen passt, nämlich Hardcore-PCs und Hardcore-Konsolen. Sie möchten auch keine Kompressionsartefakte, hohe Latenzzeiten und dergleichen. Wenn man ein Spiel wie Crysis streamt, sieht es natürlich nicht so gut aus, wie es aussehen sollte. Das ist so, wie wenn man Avatar in Low-Res auf YouTube anschauen würde."
Das heißt aber wiederum auch nicht, dass man seine Spiele nicht darüber anbieten würde, wenn die Technik besser wird: "Wenn ein kristallklares Bild übertragen würde, gäbe es technischerseits keinen Grund, das nicht zu wollen. Allerdings müsste auch der Input reibungslos funktionieren. Man bräuchte eine einfache Befehlseingabe, die über alle Streaming-Devices hinweg standardisiert ist. Auch das ist ein technisches Problem, das noch gelöst werden muss", so Yerli.
"Grundsätzlich glaube ich nicht, dass sich Streaming auf Dauer rechnen wird. Wie bereits erwähnt, geht der Gaming-Lifestyle in Richtung Free-to-play. Würde man aber Streaming als Free-to-play anbieten, wäre das für die Anbieter viel zu teuer. Interessant fand ich die Idee von Gaikai, Streaming als Demoplattform zu nutzen. Mein Interesse ließ aber nach, als Gaikai ankündigte, auch vollständige Games zu streamen."