Cities Skylines: After Dark - Test
Die dunkle Seite der Sonne
Warum überhaupt ein Add-on für ein Spiel, das so sehr von seiner fleißigen Community und ihren zahllosen Mods lebt, wie das Cities: Skylines tut? Ich habe jetzt schon mehr Gebäude, Tech-Mods, Terraforming-Tools und alles andere auch, was mich das Spiel jeden Tag so halb neu erfinden ließe, wenn ich es denn wollte. Das bräuchte ich doch nur, wenn der neue Zusatz so tief unter der Haube ansetzte, dass Mods es nicht leisten können. Nun, After Dark tut das. Oder vielmehr: Der neue Patch tut das schon, den alle Spieler bekommen und der auch Teil des After-Dark-Pakets ist. Der spektakulärste Teil nämlich, der Tag-Nacht-Wechsel, den kann jeder haben.
Während die Bewohner zuvor auf einem stehenden Planeten, ewig der Sonne zugewandt, ihr Dasein fristeten, gab jemand diesem Erdball einen Schubs und siehe da, es wurde zuerst Abend, dann ging die Sonne unter und als Erstes feierten sie eine Riesenparty. Die ganze Leuchtreklame, die Dachterrassen-Orgien und all das sieht aber auch wieder mal zu putzig aus. Die großen Staus des Tages lösten sich ein wenig, der Verkehr wurde ruhiger, wenn auch immer noch nicht so wenig - ich habe hier mit meiner Kreation eine Art London vor mir -, und alle genossen die Nacht. Und dann gingen kurz vor Mitternacht die Lichter aus, die dunkle Seite der Sonnenanbetung kam zutage. Komplett. Meine Stadt verließ sich bis dahin auf Solarkollektoren, und die funktionieren nachts nun mal nicht. Da es anscheinend auch keine Energiespeicher gibt, war es schnell wirklich zappenduster. Und impulsiv, wie man hier so ist, war bis zu den rettenden Morgenstunden schon ein Drittel meiner Bevölkerung bereits auf der Flucht.
Das Problem wurde natürlich schnell gelöst, jetzt sind halt fortgeschrittene Küstenwindgeneratoren die besten Freunde der Stadt, und sie ist noch grüner als zuvor. Im Gegenzug für diesen kleinen Kraftakt können mir jetzt die paar Dauerstauecken, die ich noch nicht in den Griff bekam, herzlich egal sein. Im Laufe der Nacht löst sich das weit genug auf, dass es am Tag dann wieder ganz frisch losgehen kann. Es könnte aber noch drastischer sein. Gerade in den späten Nachtstunden ist auch in Städten wie New York nicht mehr so viel los, in meinem Downtown-Gebiet jedoch brummt es immer noch zu sehr, als dass das nur die letzten Staubewohner des Tages sein können. Davon abgesehen wurde das Verkehrsverhalten der Einwohner generell überarbeitet und ein wenig haben sie sich das ewige Fahren in nur einer Spur abgewöhnt, was vieles beschleunigt.
Was noch nicht funktioniert, ist das Umverteilen städtischer Aufgaben auf einen Tag-Nacht-Zyklus. Der erste Gedanke war natürlich, dass der Müll ja besser in der Nacht abgeholt werden sollte, wenn die Straßen frei sind - die Option gibt es jetzt auch in der Planung. Ich musste das ganz schnell wieder aufgeben. Der Zyklus dauert zu lang und bis zum Abend nölen die Bewohner längst schon rum, dass sie im Müll versinken, oder haben ihre zugedreckten Behausungen sogar verlassen. Da man es hier wohl mit den größten Müllsündern des Planeten zu tun hat, muss jetzt die Müllabfuhr wieder 24/7 unterwegs sein. Schade, der Gedanke ist der richtige, aber ausgehend von der Paradox-Historie und der bisherigen Entwicklung des Spiels wird da sicher noch optimiert und ich freue mich jetzt schon drauf.
Das ist das, was jeder bekommt, der den Patch herunterlädt. Für das Geld des Add-ons werden erst einmal viele neue Gebäude in eure Stadt eingeführt, die diese dann deutlich abwechslungsreicher wirken lassen. Die Zeiten, in denen ein und derselbe Bürotower immer wieder nebeneinander stand, gibt es eigentlich nur noch in ungepatchten Versionen und realen Großstädten. Wer mit Gebietszuweisungen arbeitet, kann nun Spezialisierungen für Tourismus und Entertainment verteilen, was dann wieder neue Gebäude mit sich bringt. Da die Küsten immer etwas karg wirken, habt ihr nun eine Auswahl an Piers, Marinas und anderen Strandgebäuden, die in vielen Städten jedoch nur schwer zu bauen sind, da sie flache Strände voraussetzen. Ladet euch hier eine Mod zum Terraforming runter. Warum eine solche nicht Teil des Standards ist, bleibt unklar. Leider gibt es auch keine Yachten oder Wasserski-Fahrer zu sehen. Denkt sie euch dazu; wenn ihr einen Steg für so etwas gebaut habt, werden sie wohl da sein.
Wichtiger sind der Taxiservice - ergibt ja auch Sinn bei den nun feierfreudigen Nachtaktivisten -, die Fahrräder und dazugehörige Wege, die weiter den Verkehr auf halb-öffentliche Mittel umleiten. An besonderen Gebäuden kamen ein großer Flughafen, der Fracht-Hub und der Busbahnhof dazu, wichtiger ist aber die nun gesteigerte Freude der Bewohner an illegalen Dingen. Drogen halten sie plötzlich für eine gute Sache und das Spiel zieht den direkten Bezug zu Drogenkriminalität. Verbrechen werden schneller verübt und wollt ihr illegale Substanzen aus der Stadt bannen, müsst ihr bei Freund und Helfer noch mal ordentlich nachheuern. Dafür werden Verbrecher jetzt auch sichtbar von der Polizei abgeführt und per Bus ins Gefängnis gebracht.
Kommen wir zur Eingangsfrage zurück: Lohnt es sich, trotz des Nacht-Patches das After-Dark-Set zu kaufen? Ja, auf jeden Fall. Alles, was Cities noch besser macht, lohnt sich, und das ist mit diesen Zusätzen definitiv der Fall. Ich muss auch sagen, dass ich extrem angetan davon bin, wie sich das Spiel entwickelte. Es war absehbar, dass das hier eine große Mod-Wiese werden würde, aber die Community übertrifft sich teilweise selbst. Als Ergebnis davon wurde nun Cities: Skylines, ob mit oder ohne After Dark, zu einem weit runderen, spannenderen und vor allem ausufernden Vergnügen, das sich kein Stadtbauer mit endlosem Verfeinerungsdrang mehr entgehen lassen darf.