Civilization 6 auf Nintendo Switch - Kann eine Bahnfahrt überhaupt lang genug sein?
Ab jetzt nicht mehr!
Ich gebe zu, hätte ich bei den ersten Ankündigungen eine Wette abschließen müssen, auf welcher Plattform außer PC Civilization 6 erscheint, dann wäre Nintendos Switch das Letzte gewesen, auf das ich getippt hätte. Mobile? Sicher, es gab ja auch schon vorher Tablet- und Smartphone-Versionen von Civ. PS4? Erfolgreichste Konsolenplattform aktuell, klar. Aber die Switch, die in Sachen Rechenpower kleinste Konsole im Kreise? Aber ja, verloren, hier ist Civilization 6 für die Switch und es ist glorreich!
Erst einmal die negativen Seiten. Auch wenn es das ganze Hauptspiel ist, das man vom PC kennt und keine abgespeckte Mobile-Version, es fehlt doch das ausgezeichnete Rise & Fall Add-on, das dem Spiel noch mal einen anderen Schwung gab - Test siehe hier. Dann ist eine Switch halt nicht so schnell wie ein PC, nicht mal, wenn der nur einen i5 und mäßig schnellen Speicher drin hat. Dementsprechend dauert die Phase, in der der Computer zieht, länger. Es läuft allerdings nie aus dem Ruder und auch mit sechs anderen Zivilisationen im relativ fortgeschrittenen Spiel dauert es nur selten länger als eine Minute, manchmal auch zwei Minuten, bis alle Züge getan waren. Aber wie gesagt, das in einer Phase des Spiels, bei der ihr in der Regel selbst auch lange mit einem Zug beschäftigt seid.
Schließlich und zuletzt, aus zwei Gründen funktioniert Civilization 6 als Handheld-Spiel besser: Zum einen wird der Screen als Touch-Screen genutzt und alle Menüs sind bei dem Spiel vernünftig sortiert. Da sich auch alle Einheiten und die Karten per Finger bewegen lassen, könnt ihr sogar ganz ohne Controller spielen. Vor allem aber gibt es Grafik-Glitches und eine Art Tearing im gedockten Zustand. Kein Drama, aber scheinbar kommt die Leistung in der etwas höheren Auflösung dann doch an ihre Grenzen, denn im Handheld-Modus ist nichts davon zu sehen.
Auf dem kleinen Screen kommt nicht nur der einfachere Comic-Stil perfekt zur Geltung, auch die Lesbarkeit ist erfreulich gut. Nach einer Stunde sollte man mal wirklich kurz in die normale Welt blinzeln, aber da gibt es weit schlimmere Kandidaten auf der Switch. Und um zurück zur Controller-Joy-Con-Steuerung zu kommen: Sie ist praktisch perfekt. Civ 6 ist jetzt sicher nicht das erste Spiel, das zeigt, dass man eine komplexe PC-Menü-Steuerung auf einen Controller umsetzen kann, aber es gehört auf jeden Fall zu denen, denen das mit Bravour gelingt. Die PS4- und Xbox-Version kann dann gerne kommen. Das hier ist mehr als eine Machbarkeitsstudio, das ist ab jetzt meine favorisierte Art, dieses Civ zu spielen.
Die Akkuleistung dürfte der schwierigste Punkt auf Reisen sein, denn dadurch, dass der Prozessor ständig auf Hochtouren läuft und die 3D-Grafik nun auch nicht so hässlich ist, war die Switch nach etwas mehr als zwei Stunden alle. Aber es gibt ja mobile Akkus und die Züge haben ja mittlerweile alle Steckdosen, man muss halt nur im Voraus planen, dann lässt sich damit eine fünfstündige Fahrt mit der Bahn, die eigentlich nur zwei dauern sollte, gleich viel netter verbringen. Zu sagen, diese Zeit wäre im Flug vergangen, wäre dann wohl doch übertrieben, aber ja, ich war am Ende nicht annähernd so genervt, wie ich es ohne Civ 6 gewesen wäre. Schließlich habe ich die Römer gerade in das Informationszeitalter gehievt, da war keine Minute verschwendet.
Für alles, was Civ 6 selbst angeht, schaut ihr hier bitte in den ursprünglichen Test, auf dessen inhaltlichen Stand sich ja auch die Version für die Switch befindet. Okay, eine letzte Ausnahme: Es gibt keinen Online-Multiplayer. Lokal dürft ihr zu viert spielen. Den einen wird das jetzt gar nicht berühren, für den nächsten mag das ein No-go sein. Es ist leider, wie es ist, und es ist auch kein Patch zu erwarten, der das ändert.
Ich weiß nicht, wie viele Switch-User außer mir auf Civilization 6 warteten, aber wer ihr auch seid, lasst uns froh und glücklich sein, denn das ist eine tadellose Umsetzung. Ich weiß nicht, ob sich die Touch-Steuerung oder die Joy-Cons besser spielt, beides funktioniert ausgezeichnet. Alle Features sind da - wobei natürlich Rise & Fall gern noch nachgereicht werden darf - und ansonsten ist es Civ. Wenn man für Stunden ohne Ausweg in einer Metall-Röhre gefangen ist, die sich schnell, aber nicht schnell genug dem gewünschten Ziel nähert, dann gibt es keinen besseren Reisebegleiter. Sorry, nervig quatschende Zufallsbekanntschaft auf dem Platz neben mir ...
Und hör auf, auf den Screen zu gucken, was auch immer Dein Name sein mag, das ist unhöflich, ich klappe jetzt eh den Laptop zu und werde Civ weiterspielen.