Codename Panzers: Cold War
Wo geht’s zur Front?
Wir Menschen kennen das nur zu gut. Von unseren Eltern erben wir mitunter verschiedene Eigenschaften, Merkmale oder gar Krankheiten. Ungefähr so ähnlich ergeht es manchmal auch der Software, in der Vergangenheit zum Beispiel Codename Panzers: Mäßige Wegfindung im ersten Teil, mäßige Wegfindung im zweiten Teil. Und noch eines haben beide gemeinsam. Teilweise vererben sich solche Dinge selbst über Generationen hinweg. Daher leidet selbst ein Codename Panzers: Cold War im Jahr 2009 noch immer an diesem Krankheitsbild.
Bereits vor rund einem Jahr wurde eben jener Aspekt in unserer Vorschau bemängelt. Dass die Entwickler es nach wie vor nicht in den Griff bekommen, macht es unter diesem Gesichtspunkt umso trauriger. Im Prinzip ist das jedoch alles, was ich derzeit ernsthaft am Spiel zu bemängeln habe. Wenn Einheiten selbstständig alternative, aber nicht perfekte Routen zum Ziel suchen oder sich alleine einem entgegenkommenden Gegner entgegenwerfen, führt das manchmal zu Kopfschütteln, manchmal zu Flüchen. Eines verspricht es aber in jedem Fall: Noch mehr (unnötiges) Mikromanagement.
Insbesondere die Tatsache, dass eigene Truppen selbstständig Angreifer attackieren, kann leicht vermieden werden. Einfach die Taktik der jeweiligen Einheit anpassen und schon verbleibt sie an Ort und Stelle. Besser wäre es, wenn das standardmäßig so ablaufen würde. Ich will nicht die Überreste meiner Soldaten einsammeln, nur weil diese glauben, es alleine mit einem feindlichen Panzer aufnehmen zu können.
Und apropos Panzer. Wählt man eine neue Position, die sich zwar hinter ihnen, aber gleichzeitig in nächster Nähe befindet, dann brettern sie munter im Rückwärtsgang dorthin – auch dann, wenn es dort von Gegnern wimmelt. Und da das Heck bekanntlich eine der schwächsten Stellen der Stahlkolosse ist, sind die Fahrer vermutlich eklatant suizidgefährdet.
Abseits der Problemchen, die erfreulicherweise nicht an jeder Straßenecke auftauchen, lässt Cold War den Zweiten Weltkrieg hinter sich und widmet sich dem Kalten Krieg. Selbiger läuft hier dummerweise aus dem Ruder und führt tatsächlich zu einem offenen Konflikt zwischen Ost und West. Nichtsdestotrotz fährt man dabei das von der Reihe gewohnte Gameplay auf. Kein Basisbau, keine Materialschlachten. Stattdessen gibt es feinste Taktikkost mit Stein-Schere-Papier-Dressing und einer begrenzten Truppenzahl, was taktisches Vorgehen erfordert. Panzer zerlegen MG-Schützen, Bazooka-Einheiten sprengen Panzer und so weiter. Der Ablauf dürfte zu Genüge bekannt sein, führt aber dennoch zu stets spannenden Gefechten.
Für die nötige taktische Tiefe sorgen unzählige sekundäre Fähigkeiten sowie Upgrades für nahezu alle Einheiten. Je nach Vorliebe spendiert man Panzern beispielsweise einen stärkeren Motor oder tauscht ihr Hauptgeschütz gegen einen Flammenwerfer aus, der seinerseits effektiv feindliches Fußvolk röstet. Und dann wären da ja auch noch Spezialattacken wie Jet-Angriffe oder Aufklärungshelikopter. Ganz ohne Verstärkungen muss man aber meist nicht auskommen.
An vorgegebenen Punkten und eingenommen Stellungen warten Helipads, Fabriken und Kasernen darauf, Rohstoffe für die Produktion zu verschlingen. Das alles geschieht dank Einheitenlimit und spärlich vorhandenen Ressourcen in einem sehr begrenzten Rahmen, man will der Mission ja nicht die Spannung rauben. Und außerdem soll der Spieler sich gut um seine Jungs kümmern, schließlich sammeln die Mannen Erfahrungen und können mit in den folgenden Einsatz übernommen werden.
Optisch zeigt sich Cold War mit seinen detaillierten Landschaften nach wie vor sehr ansprechend. Panzer walzen im Vergleich zu anderen Strategiespielen tatsächlich fast alles platt, seien es nun Strommasten, Bäume oder Mauern. Speziell für die höchsten Einstellungen benötigt man aufgrund der schicken Effekte und Schatten, die besonders an der Leistung nagen, einen guten Rechner. Fährt man beides runter und deaktiviert die Schatten, läuft das Spiel selbst auf Mittelklasse-PCs so gut wie einwandfrei. Dank individuell einstellbarer und zahlreicher Optionen kann man den Augenschmaus gezielt an seine Vorstellungen beziehungsweise Bedürfnisse anpassen.
Die Geschichte der Entwicklung von Cold War dürften die Macher wohl so schnell nicht mehr vergessen. Anhand der Preview-Version von letztem Jahr erweckte das Spiel den Eindruck, als könnte es ein paar Monate später erscheinen. Dass das nicht der Fall war, ist der Pleite von 10Tacle zu verdanken. Und so ist die uns zur Verfügung stehende Fassung quasi identisch mit der letztjährigen. Unterschiede muss man schon mit der Lupe suchen.
Umso erfreulicher, dass nun alsbald mit dem Release zu rechnen ist. Es wird auch verdammt nochmal Zeit, dass die Spieler endlich selbst Hand an dieses gute Strategiespiel anlegen dürfen. Einzig die Mängel in puncto Wegfindung stören, ansonsten wird Cold War die Panzers-Veteranen wahrscheinlich vollstens zufriedenstellen, während alle, die mal etwas Abwechslung von WarCraft, StarCraft oder Command & Conquer benötigen, ebenso einen Blick wagen sollten.
Codename Panzers: Cold War erscheint vermutlich Ende Februar für den PC.