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Point & Click: Die Adventure-Kolumne

Gut gedreht...

Die Rückkehr der Codescheibe

"Rezept für Worms: Mixe __ Rhinozeros-Fussnägel mit __ Hailippen. Gut schütteln."

Ich greife zu meinem "Voodoo Ingredient Proportion Dial", zwei in der Mitte verbundene Pappscheiben, bringe am Rand die Rhinozeros-Fußnägel und die Hailippen in Konjunktion und weiß: für Worms benötige ich die exotischen Zutaten im Verhältnis 56 zu 16. Zur Belohnung darf ich loslegen, mit Monkey Island 2 den Klassiker unter den Klassikern zu spielen. Ob es nun die kultigen Codescheiben waren, Abfragen von rot auf rot gedruckten Listen oder andere Beilagen, von denen das Spiel Details wissen wollte: Der Zweck des ganzen war, im analogen Zeitalter von Faxgerät und Schwarzweiß-Kopierer die ungeliebte Softwarepiraterie zu erschweren.

Jahre später liegen illegale Kopien im Internet förmlich auf der Straße. Während die Methoden der Piraten aggressiver geworden sind, hat die Industrie mit ähnlich aggressiven Mitteln zurückgeschlagen. Codescheiben sind von der Bildfläche verschwunden und mussten den PC infiltrierenden Softwarelösungen weichen. Anstatt die Telefonnummern auf den Polaroids von Larry Laffers Verflossenen abzufragen, wollen neue Spiele heute nur noch eine längliche Registriernummer wissen. Während ich die eingebe, bereite ich mich seelisch darauf vor, dass die Internetforen in den kommenden Tagen überquellen werden. Mit Leuten, die entweder Probleme damit haben, das Spiel zu starten oder schon aus Prinzip gegen die Methoden von StarForce & Co. sind und auch ohne technische Probleme ihre Aversion mit den Communitys dieser Welt teilen möchten.

Back to the roots

Das deutsche Entwicklerteam Deck 13 hat schon im vergangenen Jahr mit Ankh gezeigt, was es unter einem Adventure versteht. Abgesehen von der 3D-Grafik war der Titel nämlich frei jeder Innovation und hat nahtlos da weitergemacht, wo Monkey Island aufgehört hat. Sicher war der Titel nicht perfekt, vielen Fans von Comic-Adventures hat er aber einen Hauch von dem ins Haus gebracht, was sie seit den 90ern vermissten.

Ganz nach dem Motto 'back to the roots' wird im Nachfolger Herz des Osiris jetzt auch das Kopierschutz-System auf das Jahr 1991 zurückgedreht. Denn statt StarForce liegt dem Spiel wieder eine gute alte Codescheibe bei, mit deren Hilfe im Spiel ein Cocktail gemixt werden muss. Vom illegalen Herunterladen wird das niemanden ernsthaft abhalten können, denn eine solche Scheibe ist schnell eingescannt, ausgedruckt und zusammengebastelt oder durch ein kleines Programm ersetzt. Doch auch der ehrliche Käufer wird wegen der originellen Beilage und dem Verzicht auf einen invasiven Softwareschutz den Schritt begrüßen. Ich freue mich jedenfalls schon sehr darauf, nach so langer Zeit endlich wieder eine Codescheibe einsetzen zu können. Da kommt dann doch der Nostalgiker in mir heraus.

Ich bin sicher, dass nicht nur bhv, sondern fast alle Publisher sehr genau beobachten werden, wie sich die Verkaufszahlen im Verhältnis zu den Angeboten in den einschlägigen Tauschbörsen entwickeln. Gibt es dank Ausstattungs-Plus und komplikationsfreierer Installation mehr zusätzliche Käufer oder bleiben mehr Käufer aus, weil das Klauen des Spiels erleichtert wird? Mal sehen, welche Schlussfolgerungen aus den Beobachtungen gezogen werden...

Jan Schneider ist Webmaster von Adventure-Treff.de, der großen deutschen Website für Adventure-Spiele. Jeden Mittwoch macht er sich auf Eurogamer.de Gedanken über das Genre.

Bisher erschienene Folgen:

13.09.2006 - Der Tod steht ihm gut

20.09.2006 - Pixelhunting

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