Point & Click: Die Adventure-Kolumne
Simon diesmal zauberhaft?
Simon the Sorcerer 4: Eine Farce
In den 90ern gab es nicht nur einen Spieleentwickler, der die Erfolge von LucasArts mit ähnlichen Comic-Späßen zu imitieren versuchte. Ein besonders erfolgreicher Versuch, nicht nur in kommerzieller Hinsicht, war die Simon-the-Sorcerer-Reihe, die bei manch einem Adventurefan heute noch als eigenständiger Klassiker gilt. Mit vielen witzigen Ideen und schrägen Charakteren konnten zumindest die ersten beiden Teile viele Spieler auf ihre Seite ziehen. Der dritte Teil, hässlich wie die Nacht und voller Designschwächen, wird dabei verständlicherweise gerne ausgeblendet. Mit dem progressiven Modewort "3D" im Titel gesellt er sich neben andere Hässlichkeiten der Hall of Shame der Videospielgeschichte wie 3D Lemmings, Prince of Persia 3D und Lula 3D.
Umso überraschender war es, als plötzlich der deutsche (!) Entwickler Silver Style, der auf den ersten Blick wenig Erfahrung im Genre besitzt, Ende vergangenen Jahres den Erwerb der Rechte an einem neuen Simon-Adventure bekannt gab. Die Reaktionen reichten von Freude über das Weiterleben des liebgewonnenen Zauberlehrlings bis hin zu Skepsis bezüglich Humor- und Genrekompetenz des Entwicklers.
Auf der einen Seite traue ich den Entwicklern, mit denen ich auf der Games Convention geredet habe, ein gutes Adventure zu. Projektmanager Stefan Hoffmann war beispielsweise an der Entwicklung von manch einem Werbeadventure-Klassiker beteiligt (und Mad TV!), und eine Steigerung gegenüber dem dritten Teil sollte sowieso kein Problem darstellen. Auf der anderen Seite besorgt mich das Possenspiel, das seit einigen Wochen um den vierten Teil der Serie veranstaltet wird.
Chaos ist das halbe Leben
Zuerst wird stolz verkündet, dass mit der Woodroffe-Familie auch die britischen Simon-Erfinder wieder mit in die Entwicklung einbezogen werden und Einfluss auf Texte sowie Rätsel erhalten. Auch auf der Games Convention wird noch von der Zusammenarbeit berichtet, während kurze Zeit später ein Interview mit Simon Woodroffe erscheint, in dem der gänzlich unbeteiligt tut und "gar nicht" an der Silver-Style-Produktion beteiligt sein will. Auch Mike will keinen inhaltlichen Beitrag zum Spiel geleistet haben.
Der Entwickler beeilte sich, Klarstellungen an die Presse zu schicken, laut denen alles nur ein Missverständnis sei und Mike Woodroffe (nicht Simon) "schon von Anfang bei Simon 4" dabei gewesen sei. Auch letzte Woche wurde durch den Publisher ein PR-Interview veröffentlicht, in dem die Woodroffes beteuern, natürlich am Projekt beteiligt zu sein und alle - wie sollte es anders sein - total glücklich mit der Zusammenarbeit sind ("Wir arbeiten sehr harmonisch zusammen"). Das steife Alles-wird-gut-Gespräch kann aber die Glaubwürdigkeit der Beteiligten auch nicht wirklich heben und wirkt eher wie aus den Textbausteinen einer PR-Abteilung zusammenklabaustert.
Alles in allem kein würdiges Drumherum für die Fortführung der kultigen Adventurereihe, am Ende entscheidet aber nur das Spiel. Wenn das spaßig wird, dann kann es mir als Spieler herzlich egal sein, welche Albernkeiten sich im Vorfeld der Veröffentlichung über die Newsseiten dieser Welt ergießen. Ich bin und bleibe gespannt...
Jan Schneider ist Webmaster von Adventure-Treff.de, der großen deutschen Website für Adventure-Spiele. Jeden Mittwoch macht er sich auf Eurogamer.de Gedanken über das Genre.