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Creative Aurvana Platinum Bluetooth Headset - Test

HiFi ist mehr als die Wiedergabe einer Reihe von Tönen.

Creative? SoundBlaster Karten! Boxen-Sets, sicher. Headsets, klar. Aber HiFi? Komplettes Neuland ist das nicht für die Pioniere der digitalen Spiele-Soundkulisse. Inzwischen, nach einigen Generationen von Smartphones geriet die Zeit, in der MP3-Player und Telefon fast grundsätzlich getrennt waren, in Vergessenheit. Dort war Creative mit seinen MuVo- und Zen-Reihen schon mal recht erfolgreich unterwegs, bis dieser Markt dann von den Handys mal eben abgewickelt wurde. Bleibt als letzte Bastion die Aurvana-Kopfhörer- und Headset-Reihe, die seit kurzem mit dem Aurvana Platinum von einem neuen Spitzenmodel angeführt wird.

Ich gebe zu, dass ich sehr gespannt war, denn rein von den Features her ist das Platinum die eierlegende Wollmilchsau schlechthin. Ein Produkt, in dem ich zwei häufig genutzte Geräte endlich vereint finden würde: Mein treuer Reisebegleiter, das Bose QuietComfort 15 und mein Freund für das kabellose Heim, ein Velodyne vFree. Einer bietet die immer noch beste Geräuschunterdrückung, das andere einen verdammt guten Sound für einen nicht angeleinten Kopfhörer, aber eben weder Headset-Funktionen - was häufiger zu verpassten Anrufen führt - noch die aktive Geräuschunterdrückung. Preislich liegen die Geräte auch nicht zu weit vom Platinum und seinen ca. 250 Euro - derzeit zu Weihnachten im Creative Shop für 199 Euro im Angebot - entfernt, es ist also keine gänzlich unrealistische Hoffnung, die ich da hegte.

Zu meinem Auto passen sie gut, da ist auch kein Stück echtes Leder drin verbaut.

Beim Auspacken fällt euch ein Audio-Klinkenkabel in die Hand (Flachband, 1,2 Meter), ein Mini-USB-Kabel zum Laden und eine Tasche in die Hand. Dünn, wäre es denn so schwer gewesen, auch noch einen Netzadapter für das USB-Kabel dazu zu packen? Auch das Audiokabel sorgt für ein kritisches Hochziehen der Augenbraue: Wer bitte kam auf die Idee am Platinum eine 2,5 mm Klinkenbuchse zu verbauen? War wirklich kein Platz für die unendlich weiter verbreitete 3,5 mm Buchse, für die praktisch jeder im Notfall ein Ersatzkabel auftun kann? Gerade auf Reisen kann das nervig sein, denn ein "normales" 3,5er Kabel gibt es überall, ein 2,5 auf 3,5 Kabel... Die Chancen stehen gut, dass ihr als erster im Laden fragt. Die Tasche ist nicht schön, aber unauffällig schwarz und äußerst robust. Eine Hartschalen-Tasche wie beim Bose würde allerdings noch besser schützen.

Nun gut, Packung ist nichts, Inhalt ist alles, auf zum Platinum selbst. Was das Design angeht, sollte ein Blick reichen, um grundsätzlich einschätzen zu können, ob es euch liegt. Es ist nicht ganz alltäglich und die Farbwahl einer Mischung aus Silber und mitteldunklem Braun ist sicher mutig. Ich gebe zu, mir gefällt es, zumindest was die grundsätzliche Zusammenstellung der Farben angeht. Auch wirkt das Material authentisch und wertig genug, um einen gewissen Eindruck von "edel" zu verbreiten. Zumindest solange, bis man dem Platinum nahe genug kam oder es sogar in die Hand nimmt. Das Plastik drum herum nämlich, vor allem das silberne des Bügels, wirkt billig. Die Verarbeitung ist aber das viel größere Problem. Es ist nicht so, dass euch das Set in der Hand auseinanderfallen würde, im Gegenteil. Ein paar ruppige Tests zeigten, dass das Platinum schon was abkann, aber es wirkt in der Hand in keiner Sekunde danach. Es knirscht und quietscht schon dann, wenn ihr die Muscheln auseinanderzieht, um es aufzusetzen. Nun, all das gilt auch für den Velodyne-Kopfhörer, das Platinum ist damit also auch im Premium-Segment nicht allein unterwegs. Schön und vor allem haptisch wertig ist trotzdem was anderes.

Die Verbindung mit NFC funktioniert tadellos.

Die großen 50mm-Neodym-Treiber haben beim Tragen den Vorteil, dass die Muscheln auf jeden Fall erst mal nicht zu klein sein sollten und das ist dann auch nicht der Fall. Sofern ihr keine Elfen-Ohren habt, sollte das Set problemlos darüber passen. Das Gefühl um die Ohren verrät euch dann zwei Dinge über das Material der Polsterung: Es ist kein Leder, aber dichtet gut ab. Vor allem gegen Umgebungsgeräusche. Auch schon ohne die aktive Unterdrückung schirmt euch das Platinum ganz ordentlich ab, was definitiv ein Bonus für die meisten sein dürfte. Weniger angetan bin ich von dem recht hohen Andruck. Es ist noch im Bereich des Zulässigen, aber empfindliche Naturen, die wissen, dass dies für sie ein Problem bei Kopfhörern sein kann, sollten vorher unbedingt probetragen. Ich gehöre eigentlich nicht dazu, aber nach einem halben Dutzend Stunden am Stück merkte ich das Set deutlich.

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Auf der linken Seite findet ihr außer dem unter einem Schutz verborgenen USB-Anschluss nichts, die Bedienelemente sind alle auf der rechten Seite. Hier schaltet ihr Tracks vor und zurück, die Geräuschunterdrückung an, reguliert die Lautstärke und habt eine Start-/Pause-Taste, die auch als Power-Knopf und für das Bluetooth-Pairing fungiert. Bluetooth-technisch ist das Set relativ modern mit 3.0 unterwegs und es wurde auch nicht auf aptX Kompression verzichtet, sodass die Klangqualität nicht zu sehr im kabellosen Betrieb leiden sollte. Dank NFC (Near Field Communication) ist das Pairing denkbar einfach und funktionierte mit einem Samsung Note 3 auch absolut tadellos. Weniger zufriedenstellend ist die Anordnung der Laustärke- und Geräuschunterdrückungs-Optionstaste. Die Drei liegen hintereinander stilistisch wertvoll in das Gehäuse eingelassen. Sieht schick aus, macht aber bei Tasten, die man fühlen soll, wenig Sinn.

Der Moment der Wahrheit ist da, das Platinum mit besagtem Note 3 gekoppelt und Wimp HiFi - ein lossless Musikstreaming-Dienst - steht mit einer Auswahl an Track in den Startlöschern, um alle kleinen Nörgeleien, die es bis zu diesem Punkt gab, vergessen zu machen. Nun, eine Stunde später...

Die 50-mm Treiber haben nicht nur den Effekt, dass die Muscheln schön groß sind, sondern auch, dass das Set zumindest in seiner klanglichen Inspirationslosigkeit ziemlich pegelfest ist. Allerdings nur im Kabelbetrieb an einem Verstärker, über Bluetooth bleibt es ziemlich leise.

Das Aurvana Platinum klingt gut, da lasse ich nichts drauf kommen. Es ist jedoch weit davon entfernt sehr gut oder gar beflügelnd, hinreißend, brillant oder sonst was im Bereich Sound abzuschneiden. Es macht alles mit und das eben okay. Solide. Kann man hören. Aber wer einmal gute Kopfhörer hörte, weiß, was das für ein Hörgefühl sein kann. Die Bose bieten das zumindest im entfernten Ansatz, die Velodynes sind schon auf dem guten Weg und irgendwann werde ich mal viel Geld ausgeben, um das Thema für mich zu beenden, aber die Platinums bieten ein relativ basslastiges Vergnügen, das keineswegs die Mitten und Höhen ganz untergehen lässt, aber in keinem Tonbereich und mit keiner Musikrichtung wirklich glänzen kann.

Bryan Ferrys neues "Avonmore" fordert mit einem tiefen Basslauf heraus, aus dem sich dann wie aus einem tiefen Ozean die Soundstrukturen erheben und entwickeln. Das geht bim Platinum nicht ganz unter, man kann erahnen, wie das alles so gedacht ist, aber die Kraft des Songs entfaltet sich einfach nicht ganz, sondern bleibt auf halber Stärke hängen. Um den Bass mal aus dem Rennen zu nehmen, probieren wir es doch mit Allegris "Miserere" doch mal klassisch wertvoll. Nun, das Platinum müht sich redlich, aber es wird schnell klar, dass es dem Stück nicht ganz zur eigentlich angemessenen Geltung verhelfen kann. Mit Kesha und Pitbull und ihrem "Timber" spielt es einen ordentlichen Bass-Druck aus, zeigt aber auch, dass es auch mit Loudness-orientiertem Pop nicht übertrieben viel anfangen kann und arbeitet diesen gewissenhaft, aber ohne besondere Leidenschaft ab. Bleibt noch der Rock-Ausflug, aber auch Springsteens "Radio Nowhere" offenbart keine bis dahin verborgenen Stärken des soliden Aurvana Platinum. Man kann alles gleich gut damit hören, aber man "hört" eben nicht wirklich. Für 250 Euro muss ein Kopfhörer mehr in Sachen HiFi bieten, als nur sauber eine Folge von Tönen wiederzugeben.

Da das Set auf DSP-Spielereien verzichtet, bleibt es bei Spielen und Filmen beim Stereo-Betrieb und man ahnt, dass Creative in dem Bereich deutlich mehr Erfahrung hat. Zumindest passt die Abmischung hier bei einer Runde Destiny oder Pacific Rim etwas besser, nur macht sich hier endgültig bemerkbar, dass die Platinums im kabellosen Betrieb relativ wenig Power mitbringen. Wer gerne etwas lauter hört, dem werden sie zu leise sein. Die schlechteste Idee ist der kabellose Betrieb aber auch in Bezug auf die Klangqualität nicht. Erwartet keine großen Soundsprünge, aber etwas - nicht viel - klarer klingt das Set dann doch noch und zwar wieder durchgehend durch das ganze Musikspektrum.

Die Bedienelemente eines Headsets sollten alle blind bedienbar sein. Das mit Stil zu kombinieren ist die Kunst, der erste Aspekt wurde aber leider vergessen. Nun, gut aussehen tut es ja.

Die Sprachqualität des Headsets ist ein zwiegespalten Vergnügen. Während ich selbst meinen Gesprächspartner nur gedämpft verstand - allerdings immer noch deutlich genug für jedes Wort - konnte die Gegenstelle mich tadellos empfangen. Es ist also ein Headset für selbstlose Menschen. Die Geräuschunterdrückung gibt Creative mit 90 Prozent der Umgebungsgeräusche an, deutlich weniger also als zum Beispiel Bose. Der Test bestätigt den Wert. Während das QuietComfort 15 in Flugzeug oder Bahn den Umgebungs-Sound praktisch abschaltet, kommt beim Aurvana immer noch etwas durch. Aber nicht viel. Zum einen schlucken ja schon die Muscheln selbst ganz gut etwas weg und auch das neue Quad-Mikrofon zu Erkennung der Außengeräusche leistet solide Arbeit, diesen entgegenzuwirken. Die drei Optionen sind allerdings weitestgehend eine Spielerei. Ihr könnt zwischen "Außen", "Innen" und "Flugzeug" wählen. Im Café und auf der Straße funktionierte "Flugzeug" super, die anderen beiden klangen nicht groß anders. Die Akkulaufzeit ist das Übliche, was man auch von anderen Bluetooth-Geräten dieser Art kennt: Etwa zwei Stunden laden, dann zehn bis zwölf hören, mit Geräuschunterdrückung etwa ein bis zwei weniger. Danach könnt ihr per Kabel auch mit leeren Platinums weiterhören.

Tja, sollte das Aurvana der Versuch gewesen sein, in die höhere HiFi-Klasse der Kabellosen vorzustoßen, muss Creative noch einmal deutlich nachbessern. Bei der Rauschunterdrückung sind andere weiter, beim kabellosen Sound-Vergnügen sowieso. Es muss da nicht mal ein B&W P7 oder mein Velodyne herhalten, selbst die preiswerteren Harman Kardon MTs haben mehr zu bieten, weil sie die Musik nicht nur zwar technisch sauber, aber am Ende lustlos herunternudeln. Das gleiche zieht sich durch alle Bereiche. Die Verarbeitung ist solide, aber freudlos und stellenweise sehr deutlich Plastik. Die Sprachqualität ist halb-halb. Es funktioniert alles, es ist in Ordnung, aber es fehlt jeglicher Enthusiasmus, von dem bei diesem Preis zumindest ein wenig aufkommen sollte. Die Feature-Liste ist am Ende das, was das Platinum trotz allem für den einen oder anderen interessant machen könnte, denn Geräuschunterdrückung, Headset und Bluetooth sind an sich ein schönes Gesamtpaket. Nur gibt es da dann zum Beispiel auch wieder ein Parrot Zik 2, gerade ganz frisch, das für ein wenig mehr Geld sehr viel mehr Spaß macht. Und dass auch Creative es besser kann, werdet ihr morgen sehen.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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