Cygni verweist mich gleich am Anfang in seine Schranken – könnte aber gerade deshalb eine starke Nummer sein
Kugelhölle ohne Höllenqualen?
Oh, doch! Es gibt sie auch in Cygni: Kugelschwärme, zwischen denen man gefühlvoll manövrieren muss, um zu überleben und so ganz nebenbei noch dicke Bosse und ihre tausend Helfer zu zerstören – wahlweise alleine oder mit einem Koop-Kumpel.
Beziehungsweise… sind es überhaupt tausend? Sind es nicht eher Millionen kleiner Flieger, die hier um mich herum schwirren? So hat es sich jedenfalls angefühlt, als ich in den letzten Tagen mit einer so gut wie fertigen Version von Cygni in klassischer Shmup-Manier durch ein hochmodernes Shoot-em-Up geflogen bin – „hochmodern“, weil das Spektakel nicht nur mit Unreal Engine betrieben wird, sondern auch von ein paar frischen Ideen durchzogen ist.
Und ein Spektakel ist es ohne Zweifel! Wenn gewaltige Explosionen im Sekundentakt den Bildschirm erschüttern, während ein Meer an Lasersalven die Luft zerschneidet, bevor sich ein gigantischer Boss langsam aus der Tiefe des kilometerweit entfernten Bodens schält, dann sind das Schauwerte, die man in einem Spiel der Marke Raiden, Ikaruga, Crimzon Clover oder DoDonPachi Resurrection so noch nicht gesehen hat. Die haben zudem ganz andere Soundtracks, während die Musik in Cygni an orchestrale Filmmusik erinnert und dem Schauspiel einen cineastischen Anstrich verleiht.
Sogar die Geschichte ist ja den Entwicklern wichtig, weshalb nach jedem der sieben Level eine kurze Sequenz den Krieg beschreibt, um den es hier geht. Außerdem kann man in einer Bibliothek mehr über die Galaxie erfahren, in der die Menschheit auf teils gigantische Maschinen trifft. Klar ist das mehr Hintergrundrauschen als Erzählung, denn der Fokus liegt bei einem Spiel wie Cygni selbstverständlich auf der Action. Aber die ist zumindest in ein Szenario eingebettet, das auch Grundlage eines Science-Fiction-Romans sein könnte.
Wie sie also ist, die Action? Ein audiovisuelles Fest, das erwähnte ich ja schon. Aber auch spielerisch erwartet euch tatsächlich mehr, als ihr vielleicht vermutet. Tatsächlich ist Cygni sogar recht komplex und hält damit von der ersten Minute an nicht hinter den Berg, weshalb ich eine ganze Weile gebraucht habe, um mich richtig reinzufuchsen.
Versteht das nicht falsch: Cygni ist nicht übermäßig komplex. Aber da man zwischen Luft- und Bodenwaffen wechselt, Gegner aufschalten oder frei zielen kann, verschiedene Geschossmuster zur Wahl hat und so ganz nebenbei auch noch Raketen abfeuern sowie Schild- und Waffenenergie balancieren muss, ist das zum Start erst mal ganz schön viel. Zumal selbst der niedrigste von drei Schwierigkeitsgraden seinem Namen leider keine Ehre macht und sofort aus allen Rohren feuert.
Dieses harte Aufschlagen im Spiel könnten die Entwickler bis zum Release im August gerne noch korrigieren – schon alleine deshalb, weil sich Cygni nicht nur an Experten des Genres richten, sondern auch interessierte Newcomer mitziehen will. Das ist nämlich der Grund, aus dem das eigene Schiff nicht bei einem Treffer schon das Zeitliche segnet. Stattdessen hat man den erwähnten Schild mit ganzen sechs Schalen und erst wenn die zerschossen sind, geht es dem Flieger an den Kragen.
Bevor das geschieht, könnte man allerdings noch die Energie der ebenfalls sechsstufigen Waffenstärke auf die Schilde schieben. Dann richten die Laser zwar weniger Schaden an, dafür lassen etliche Gegner Energiepakete fallen, die jeweils eine Schale neu auffüllen. Das ist spätestens bei einem Ansturm zahlreicher Angreifer wichtig, dem man nicht nur mit Lasern, sondern auch Raketen begegnen sollte.
Denn jede Salve dieser wirkungsvollen Marschflugkörper kostet einen Teil der Waffenenergie – die man nach erfolgreichen Abschüssen aber eben schnell zurückerhält. So sehr man also auch hier mitunter zickzack durch den Kugelhagel fliegt, so sehr dreht sich vieles um das Managen der Energie und ihres Nachschubs. Was dazu führt, dass Cygni so frenetisch aussieht wie die „schlimmste“ Kugelhölle, sich über weite Strecken aber etwas verzeihlicher anfühlt als das oft millimetergenaue Verschieben des eigenen Schiffs. Über drei Schwierigkeitsgrade stellt man zudem das gewünschte Level der Herausforderung ein.
Das Zählsystem für die Highscoreliste ist dabei nicht so komplex wie das mancher Bullet-Hell-Größen. Und ich will anmerken, dass sich nach vier Stunden eine Routine in ich diese Energieverwaltung eingeschlichen hat, an die ich mich in anderen Arcade-Shootern nicht erinnern kann. Inwiefern das auf Dauer eine Rolle spielt, muss der Test dann zeigen.
Im Gegenzug motiviert mich dafür ein Upgradesystem, bei dem man dem eigenen Jäger verschiedene Geschossmuster und andere Upgrades verpasst. Auf Leicht ist man ja schnell durch; genretypisch dauert das nicht einmal zwei Stunden. Doch um anschließend auch die höheren Schwierigkeitsgrade zu knacken, können die Upgrades eine wichtige Hilfe sein. Größere Raketensalven gibt es da sowie zusätzliche Geschosse, einen dicken Laser und einen Rundum-Befreiungsschlag, der etwas Schildenergie kostet, aber in meiner Vorschaufassung noch nicht funktioniert hat.
Wie aus Upgrades eine faire Highscorejagd entstehen kann? Ganz einfach: Diese Jagd trägt man nur in einem speziellen Arcade-Modus aus. Und in dem darf man vor jedem Run maximal neun Punkte verteilen, mehr nicht. Will man also mit verschiedenen Geschossmustern für unterschiedliche Situationen gewappnet sein? Sollte man lieber die Bodenwaffen stärken, weil es in Cygni auch am Boden Gegner gibt, oder konzentriert man sich am besten auf einen ganz anderen Aspekt? Für eine gute Punktzahl braucht man daher nicht nur hervorragende Reflexe sowie Kenntnis der Gegnerformationen, sondern auch eine gute Taktik.