Dante's Inferno
Inspiriert, kopiert und am Ende doch geläutert
Ein wenig leid tun kann einem der gute Vergil, der seine Rolle als Fremdenführer durch die Hölle nur minimalistisch ausführen darf. Statt Dante wirklich zu begleiten, steht er an markanten Punkten herum und erzählt euch ein paar Bröckchen über Feinde, Verdammte oder Orte. Mehr ein Wegweiser als ein Begleiter, aber auch das ist in diesem Rahmen absolut akzeptabel. Selbst dass die Autoren noch ein wenig Miltons Verlorenes Paradies als Würze nahmen, sollte man ihnen nicht ankreiden. Es setzt den richtigen Ton für das Finale. Inhaltlich nimmt sich das Spiel einfach die Freiheiten, die es für sein Medium braucht, versucht aber gleichzeitig Referenzen zu bewahren und diese Gradwanderung gelingt gar nicht einmal schlecht.
Eine andere Referenz ist allerdings noch weit deutlicher und schon die Demo reicht aus, um zu erkennen, welches Spiel Dante ruhig unter "inspiriert von" in den Credits auflisten sollte. Während in einem Bayonetta oder auch einem Devil May Cry 4 einzelne Elemente an God of War erinnern, kopierte Dante kurzerhand die gesamte Steuerung und - ein echter Glücksfall - auch die Spielbarkeit. Und zwar so weit, dass es weit einfacher ist, einfach das aufzulisten, was es bei Kratos nicht gab.
Das Töten - oder was auch immer mit Dämonen in der Hölle nach ihrem Versagen passiert - von Gegnern verschafft Dante Erfahrungspunkte, hier Seelen genannt, die ihr zur Steigerung der eigenen Künste in einem recht weit gefächerten Fähigkeitenbaum ausgeben dürft. Der Baum teilt sich allerdings an der Wurzel in Verdammnis und Läuterung, die ihrerseits wieder in jeweils acht Stufen aufgesplittet sind. Tötet ihr einen Gegner, bekommt ihr auf jeden Fall die Seelenpunkte, müsst aber auch entscheiden, ob ihr ihn verdammen oder mit dem heiligen Kreuz läutern wollt.
Beides resultiert in einem sehr handzahmen Mini-Quicktime-Event mit ein paar Tastendrücken. Je nach Schiedsspruch sammelt ihr Erfahrung für die eine oder andere Seite. Der Spielfluss bleibt dabei übrigens intakt, da es sehr schnell geht und ihr auch einfach so kämpfen und ganz auf diese Entscheidung verzichten könnt. Dann gibt's aber nur Seelen.
Das Finale ändert sich übrigens nicht, egal ob ihr nun komplett gut, böse oder unentschieden spielt. Wollt ihr jedoch die besten Fertigkeiten der einen oder anderen Seite haben, dann müsst ihr euch entscheiden, denn nur mit sehr zeitaufwändigen Tricks reicht die Zahl der Seelen innerhalb eines Durchganges aus, um beide Seiten zu maximieren. Noch wichtiger als die Monster sind dafür die Seelen berühmter Persönlichkeiten, die in den passenden Kreisen der Hölle schmoren. Ihr müsst entscheiden, ob ihr Attila aus der dem Kreis der Gewalt erlöst oder für immer dorthin verdammt. Wie gesagt, keine große Moralfrage am Ende, mehr ein kleines, elegant in das Szenario eingeflochtenes Element, um dem Steigern mehr Tiefe zu verleihen.
Als Waffen stehen Dante die Sichel von Tod persönlich und ein heiliges Kreuz zur Seite. Erstere kann sich ein gutes Stück verlängern und wird durch böse Energie stärker. Ebenso findet ihr neue Kombos und Verbesserungen für sie auf der dunklen Seite, während sich die Seite der Absolution um die Verbesserung des Kreuzes kümmert.
Selbiges dient euch als munitionslose Fernkampfwaffe. Dazu kommen noch ein paar magische Fertigkeiten. Schutzschild, ein paar spezielle Attacken, nichts zu Außergewöhnliches. Abgerundet wird das Arsenal durch Relikte, die ihr am Wegesrand auflest - mal mehr, mal weniger gut versteckt. Einige verbessern eure Schadensresistenz, andere geben euch mehr Seelen oder sorgen dafür, dass die Feinde nach dem Ableben Magie oder Lebensenergie zurücklassen. Es steckt erstaunlich viel Nutzen in diesen Relikten, mitunter sogar ein ganz klein wenig zu viel.
Das vielleicht wertvollste ist ein Kruzifix, das dafür sorgt, dass Kreuz-Kombos nicht mehr unterbrochen werden können. Und das lässt einige der späteren Kämpfe erstaunlich leicht werden und zu Buttonsmashern verkommen. Wo ihr vorher mit einem System aus nicht zu vielen, aber gut gewichteten Kombos geschickt auf jeden Gegner angemessen reagieren musstet, heißt es jetzt einfach "Feuer frei". Zum Glück finden sich derart mächtige Relikte erst zum Ende hin, ansonsten hätte das Spiel ein ernstes Balancing-Problem.