Dark Souls 2 - Zurück zu Hause
Dort, wo ich weiß, wie ich sterben muss und dass es nie das Ende ist.
Es ist mal wieder ein Platz der Vergangenheit. Nichts lebt wirklich, das fahle Sonnenlicht bricht sich auf toten Bäumen und den Schatten einer besseren Zeit, die trostlos die Ewigkeit herunterzählen. Reste von einst stolzen Bauwerken schmiegen sich an eine unschuldige Erdkruste, fast unbekümmert angesichts des Verfalls, dessen augenscheinlichster Zeuge sie selbst sind. Ein Ritter ohne Hoffnung, eine mystische Gestalt in Lumpen, eine sprechende Katze, die verrückte Kräuter verkauft. Dahinter das Labyrinth einer Welt, dem keiner entkommt, schon gar nicht durch den Tod, der nur eine kurze Drehung in einem endlosen Rad der Wiederkehr darstellt. Fast friedlich liegt das Land der Schatten darnieder, selbstgefällig in der eigenen Gewissheit besänftigt, dass es immer so sein wird. Bis ein Held kommt und den Zyklus durchbricht. Ah, es ist gut, wieder zu Hause zu sein.
Ein Tutorial nur für Anfänger. Profis fürchten sich zu sehr vor ihm.
Ich spare mir weitere allgemeine Einführungen in die Welt von Dark Souls 2. Solltet ihr den ersten Teil oder seinen ja doch recht direkten Vorgänger Demon's Souls kennen, wisst ihr schon das Meiste, was ihr wissen müsst, um den dritten Titel des wohl unwahrscheinlichsten Erfolgs-Franchises der letzten Jahre richtig einschätzen zu können. Der grundsätzliche Aufbau ist zumindest in den ersten gespielten Stunden so nah dran, dass ich keine Minute brauchte, um mich sofort am Pad wohlzufühlen. Das Springen ist vielleicht das Einzige, was sich in den Kontrollen leicht verändert hat, und das nur insoweit, als dass es jetzt kein Glücksspiel mehr ist. Ansonsten ist das Tutorial etwas für Neueinsteiger. Jeder andere, der schon mal in einem Souls seine Tode starb, kümmert sich um das Wesentliche.
Dabei kann es jedoch passieren, dass ihm, dem zu sicheren Profi, das Tutorial erst mal eh komplett entgeht. Die einzelnen Erklärungen und Übungsrunden verbergen sich in Höhlen, die nach außen hin durch den inzwischen fast berühmten Nebel abgeschirmt sind. Niemand geht mit einem frischen Charakter in den Nebel, wenn er nicht muss, und diesmal müsst ihr nicht. Lauft einfach weiter und ihr erreicht euren ersten wichtigen Hub, das Dorf an der Klippe. Dabei entgeht euch allerdings auch für zumindest ein Weilchen, dass an der Oberfläche zu kratzen hier wie immer tiefe Schluchten offenbart. Die Sorte, in der sich Bosse und Schätze tummeln und ein Kaninchenloch zu einem komplett anderen Teil der neuen Welt führt. Besagtes Loch ist übrigens wirklich das. Ein Loch im Boden auf dem Weg zu einer Tutorial-Übung, bei dem man nur Angst hat reinzufallen. Aber gemäß den Regeln von Dark Souls tun sich hinter den unscheinbarsten Ecken neue Welten auf. Wie gesagt, viel hat sich nicht geändert und noch will ich es gar nicht anders haben.
Was also ist neu? Erst einmal, dass das Sterben und damit der Verlust der Menschlichkeit wieder etwas schmerzhafter geworden ist. Demon's Souls zog die Hälfte der Lebensenergie ab, sobald ihr ein Untoter wurdet, Dark Souls kümmerte sich zunächst nicht groß drum, Dark Souls 2 liegt in der goldenen Mitte. Mit jedem Tod verliert ihr ein paar wenige Prozent maximaler Energie, die ihr in der nächsten Runde zur Verfügung habt. Das geht so weit, bis noch die Hälfte übrig ist, womit es sich auch noch (über-)leben lässt. Ein einziges Item „Menschlichkeit“ reicht, um euch sofort wieder auf das Maximum zu bringen. Es ist eine kleine, angemessene Strafe für Versagen, die euch nicht gleich in die Verzweiflung stürzt.
Lernt. Oder sterbt. Kennt man ja.
Es wäre natürlich gar keine Strafe, wenn die Items für Heilung - es gibt nun Heiltränke jenseits der Estus-Flaschen - und Menschlichkeit so wie in der Beta-Version mit vollen Händen verteilt werden würden. Wie Bonbons wurde das Zeug gereicht, doch diese Zeiten scheinen nun vorbei. Menschlichkeit scheint wirklich rar zu sein. Von Zeit zu Zeit lässt ein Gegner mal einen Heiltrank nach dem Ableben fallen und ein wenig Farming sollte mit Geduld möglich sein. Es kam jedoch auch schnell der Punkt beim Bossgegner, an dem die Tränke durch waren. Die Händler hatten das Wenige, das sie mal hatten, bereits verkauft, und was nun? Besser spielen natürlich. Gleich der erste Boss ist ein schönes Beispiel für die unfaire Fairness von Dark Souls. Natürlich ist der untote Riese hundertmal stärker als der eigene Ritter von Traurigkeit, er ist schneller und hält viel mehr aus. Wer einfach nur reflexgesteuert auf ihn losgeht und das Beste hofft, wird wohl viele Tränke verheizen und letztendlich immer noch scheitern. Schaut ihr euch dagegen in Ruhe - bei den meisten sicher mit ein paar Toden erkauft - die Bewegungs- und Angriffsmuster an, wird klar, dass es einfach eine Frage der Taktik und des richtigen Moments ist. Es ist nicht mal so viel Geschick gefragt, habt ihr es einmal verstanden. Der Riese wird zur Maus und schnell zum ersten Spender sehr vieler Seelen für eine gute Runde Aufleveln.
Das Aufleveln sorgte für Verwirrung. Das Feuer war an und funktionierte anscheinend auch, aber es gab keinen Menüpunkt für die immer noch teuer zu erkaufenden Stufenaufstiege. Erst nach einem Gespräch mit der üblichen Hüterin zeigte sich diese Option, zusammen mit den bei jedem Feuer aufladbaren Estus-Flaschen. Oder vielmehr: der einen Estus-Flasche. Eine einzige, lumpige Flasche gibt es zum Start, weitere werden erst irgendwann durch entsprechende Items, die ihr im Feuer verbrennen müsst, freigeschaltet. Bis dahin heißt es sparsam sein.
Das Verbrennen von Items ist ein neues Feature, das neben den Flaschen für ein paar wichtige Vorgänge zuständig ist. Beispielsweise wird es ein Seelengefäß geben, mit dem ihr eure Fertigkeiten zurücksetzen und neu verteilen dürft. So soll es einfacher werden, eine andere Art von Held auszuprobieren, ohne gleich bei null starten zu müssen. Ein anderes Item sorgt dafür, dass die Gegnerstärke und damit auch die Seelenzahl im direkten Umkreis so ansteigen, als wärt ihr im Game-Plus schon eine Runde weiter. Gut für mutige Helden, die schnelle Belohnungen einstreichen wollen und das auch hinbekommen, ohne sofort zu bereuen, was sie da getan haben. Was man noch abfackeln kann, wurde in Schweigen gehüllt, aber ich rechne mit ein paar interessanten Ergebnissen.
"Wäre ja auch schlimm bei diesem Titel, wenn man alles gleich kapieren würde."
Die Sachen, die man verbrennen möchte, lassen sich nun zumindest etwas einfacher finden. Ich bin mal nett und nenne das alte Interface so archaisch wie die Welt, in der es funktionieren musste. Das neue Gegenstück ist nun auch nicht gerade die Neuerfindung modernster Benutzerführung, aber schon deutlich aufgeräumter. Dass man nun vier statt nur zwei Ringe gleichzeitig nutzen kann, klingt erst mal nach einer guten Idee. Nur dass das Vergleichen von Waffenwerten entweder etwas kryptisch gehalten oder von mir noch nicht verstanden wurde, macht mich noch stutzig. Aber abwarten, es gibt vieles, was ich in diesen ersten Stunden noch nicht so ganz durchdrungen habe. Wäre ja auch schlimm bei diesem Titel, wenn man alles gleich kapieren würde.
Die Jagd auf Sünder ist eröffnet.
Das PvP- und Koop-System blieb ebenfalls noch unangetastet insoweit, als dass ich es nicht benutzt habe. Auf der technischen Seite wird es dedizierte Server geben, die nach den Regionen Europa, US und Asien sortieren können, aber das nicht müssen, wenn ihr es anders wollt. Die Reihenfolge der Spieler, auf die ihr im PvP trefft, wenn ihr auszieht, um einen anderen Spieler das Fürchten zu lehren, wird vor allem durch die Spielweise des zu bekämpfenden Spielers bestimmt. Als Erste sind die dran, die einen hohen Sündenwert angehäuft haben, indem sie NPCs und Spieler wahllos metzelten. Ihre Lebensenergie kann sogar durch ihre Vergehen unter die 50-Prozent-Marke fallen und bestraft werden müssen sie auch. Findet sich gerade kein Sünder, geht es gegen Koop-Spieler, die sich ja besser im Duett verteidigen können sollten - Koop-Sünder sind also immer als Erste an der Reihe… -, dann Spieler mit einem positiven Menschlichkeitswert und schließlich die Untoten. Ich bin noch nicht so sicher, wie sich das alles im realen Leben ausbalancieren wird, und lasse mich überraschen.
Kommen wir als Letztes zu einem Punkt, bei dem sich die versammelte Redakteursschar noch etwas unschlüssig war: Schnellreisen. Es ist ausgesprochen komfortabel umgesetzt, keine Frage, aber einige waren doch der Ansicht, dass es alles ein wenig zu bequem gestalten könnte. Das mag sein, ich weiß es noch nicht, der Ausschnitt des Spiels war noch zu klein. Ich denke aber, dass es am Ende kein großer Eingriff in den Schwierigkeitsgrad sein dürfte. Will ich, weshalb auch immer, schnell von A nach B, habe ich nun die Möglichkeit. Ich sehe es aber jetzt schon kommen, dass ich auf diesem Weg auch die Seelen haben möchte, die dort in Gegnerform herumstehen. Es ist ein Stück Bequemlichkeit, aber es macht den Weg ins Unbekannte nicht einfacher. Und eines war nach den Stunden klar: Man weiß zwar als alter Hase, wie alles funktioniert. Aber einfach war es trotzdem kein Stück.
Dark Souls bleibt Dark Souls. Es gibt zarte Evolutions-Tippelschrittchen, aber in seinem Herzen ist der zweite Teil ein kleiner Innovationsfeind. Es dürfte auch eines der wenigen Spiele sein, bei dem ich nichts anderes sehen möchte. Oder vielmehr: bei dem ich derzeit nicht denke, dass es nötig ist. Schließlich gab es noch nicht viele seiner Art und das Spielprinzip bietet noch mehr als genug Reiz für ein paar Fortsetzungen. Zumindest dann, wenn man mit so viel Vorsicht an das Thema herangeht, wie From Software das tut. Diese Vorsicht kann sich eines Tages rächen, aber jetzt noch nicht. Ihr mochtet die Vorgänger, habt teilweise Hunderte von Stunden in ihnen verbracht? Freut euch. Mit Dark Souls 2 geht es in Kürze zurück nach Hause, zurück in die Verzweiflung und das Land der tausend Tode. Ich könnt mir keinen besseren Empfang als den vorstellen, den euch Dark Souls 2 in seinen ersten Stunden bereitet.