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Dark Souls 3: Eigentlich ist doch Weihnachten die Best-of-Zeit

Jetzt mit allen Hits: Feuerbandschrein! Andre! Fat Minister! Gargoyles! Siegmeyer!

Dark Souls 3 steckt bis zum Kragen voller Selbstzitate. Feuerbandschrein heißt der zentrale Hub, mittendrin Andre, der Schmied. Jemand mit der Aura eines Sage Freke schneidersitzt eingesperrt in einer Zelle. Die Hutkrempen und Rüschen einer dicken Untotenmama erinnern an die Fat Minister aus Demon's Souls, ähnlich wie die aus einem fernen Turm kommenden Geschosse an die Mantarochen. Irgendwann fällt euch Zwiebelritter Siegmeyer vor die Füße, nur dass er hier Siegward heißt. Das aber erst, nachdem euch Gargoyles unterm Arm packen und in eine aus morschen Bretterbuden bestehende Siedlung fliegen.

In den ersten drei Stunden, die ich letzte Woche spielen durfte, gibt es zig Beispiele dafür, wie sehr sich Dark Souls 3 und sein Königreich Lothric als Best-of des Vergangenen verstehen. Ich freute mich über jede Begegnung, vom mutlosen Krieger im sehr an den Nexus erinnernden Schrein bis zum brückenhütenden Drachen. Diese Art von "Ach jaaa" und "Sieh mal" kann für die leidenschaftlichsten Fans, die Dark Souls' Lore aus der hohlen Faust schnupfen, vielleicht ein wenig zu viel sein. Doch genau solche Fans sind es, die uns im Laufe des Jahres mit den spannendsten Theorien darüber versorgen werden, wieso diese Parallelen bestehen. Und wir wissen nicht, ob From Software die sehr offensichtlich aufgebaute Erwartungshaltung nach einiger Zeit nicht komplett ins Gegenteil verkehrt.

Der Bettler steht natürlich wieder als Startcharakter zur Verfügung und beginnt mit einem Hauch von nichts. Tat der Kollege neben mir und er brauchte etwa zwei Stunden, bis er eine Rüstung gefunden hatte.

Zuzutrauen wäre es ihnen in einem Spiel, das sich ähnlich wie die Vorgänger seinen entscheidenden Funken Mysterium bewahrt. Klar sitzen Schlag und Block, klar pumpen Umkreisen und Backstab längst durch Fleisch und Blut, hat man ja nun schon dreimal erlebt. Aber was in der Umwelt passiert, wie sich Untote mit erhobener Laterne durch den Level bewegen, zu einer Messe zusammenfinden, von Hunden angegriffen werden, bevor jemand von der anderen Seite das Tor runterlässt - dem kann man sich nicht überlegen fühlen.

Wie in Lordran oder Boletaria kriecht man mit einem Rucksack voller Respekt durch alle Winkel und Ecken und hofft, der Struktur allmählich Herr zu werden. Bis dahin zählt man verschlossene Seitentüren und Fahrstühle, führt eine Liste mit diesen Dingen und freut sich jedes Mal, wenn man etwas davon abhaken kann. Dann setzt eine Art von Traurigkeit ein, dass wieder ein Stück weniger vom Weg bleibt. Irgendwann ist schließlich auch Dark Souls 3 zu Ende.

Als ich vor dem Feuerbandschrein falsch abbog, rannte mir ein halbnackter Kerl mit einem Uchigatana entgegen. Keine Chance bei dem Blutungsschaden. Zwei Stunden später machte es "Klick" und mit zehn Leveln mehr auf der Brust konnte ich ihn niederringen - hatte aber keinen Schlüssel für das Gittertor hinter ihm. Dark Souls war schon immer ein Spiel der sich schließenden Kreise, manchmal viele Stunden, nachdem man längst vergessen hat, dass da noch was war. Aber es ist immer da, sei es der vorher unerreichbar gewähnte Fahrstuhl oder der eine Vorsprung.

Ebenfalls dabei: ein feuchter Gang voller Ratten, darunter auch Mama Riesenratte.

Dass die Beschaffenheit der ersten Abschnitte sehr in die Vertikale gerichtet ist, mehr noch als die Vorgänger, unterstützt den natürlichen Entdeckerdrang. Die schräg stehenden Särge da hinten, ein kleiner Pfad vor der Felswand, der auf den ersten Blick von Holzfässern blockierte Durchgang - auch in Dark Souls 3 nutzt man den rechten Stick zum Ausrichten der Kamera regelmäßig, kostet den Blick in die Höhe und Tiefe richtig aus. Wenn sich nur in einem von fünf Fällen etwas ergibt, ist das ein fantastisches Gefühl.

Interessant auch der Vergleich des ersten Bosses aus Demon's Souls mit dem hier. Beide sind zeitlich vergleichbar angesetzt, nach einem knappgehaltenen Abschnitt zur Einführung dahingehend, dass der Weg geradeaus nur der offensichtlichste ist und man sich Zeit nehmen sollte, zur Linken und Rechten zu blicken. Während der Vanguard allerdings sein Ding durchzieht und beherrscht, was man rückblickend fast als Taschenspielertricks bezeichnen kann, ist der Ritterboss in Dark Souls 3 eine andere Nummer. Nicht mal schwer in einem sehr relativen Souls-Sinne, sondern einfach unvorhersehbarer und lebendiger in seinem Verhalten.

Die ersten beiden Spiele waren nahezu perfekt in ihrem Ablauf. Eine Steigerung, falls überhaupt möglich mit einer Wagenladung dermaßen dichter Erinnerungen im Hinterkopf, kann nur noch durch derlei Nuancen stattfinden.

In der feindseligen Welt gibt es immer wieder kleine Ruhephasen, Personen, die man trifft und die alle ihr kleines Geheimnis mit sich rumschleppen.

Eine davon ist die Mehrphasigkeit der Bosse, vorsichtig angedeutet in den Vorgängern, richtig fies zum ersten Mal beim Rauchritter in Dark Souls 2, zelebriert dann in Bloodborne. Teil drei gibt sich dem nun völlig hin und seinen Wächtern hinterm Nebeltor mehrere sich teils zuwiderlaufende Verhaltensweisen. The Old Hunters zeigte anhand von Ludwig und Laurence die widerlichsten Seiten dieser Idee und was passieren kann, wenn man im NG+ mit den Naturgewalten überfordert ist.

Souls 3 hat ab Spielbeginn alle Zeit der Welt, das System mit Feingefühl und der nötigen Härte gleichermaßen einzuführen. Es ist das Einzige, was alle drei sich grundverschieden verhaltenen Bosse beim Anspiel-Event gemeinsam hatten, eine Art begleitendes Thema. Dem ersten wächst nach einem Drittel etwas Tentakelartiges aus den Schultern, der zweite spielt mit den Elementen, der dritte... nun, tut andere Dinge, von denen ich nichts verrate, weil es an der Stelle gar nicht wichtig ist.

Sagen wir, nach hundert Bossen aus allen Vorgängern ist es die nächstliegende Möglichkeit, dem Haufen aus naturverbundenen Baumdämonen und Frostechsen die eine oder andere Überraschung unterzujubeln. Geht das alles in der Qualität weiter, haben wir einen wunderbaren Abschluss der Trilogie, die alles gesagt hat, was es zu sagen gab. Höher hinaus, so sehr ich die Vorstellung hasse, kommt der bekannte Rhythmus aus Leuchtfeuern, Ruinen und Wehrgängen vermutlich nicht mehr. Wo soll er auch noch hin?

Oh, hi.

Dennoch freue ich mich auf kein Spiel dieses Jahr so hibbelig. Es enttarnt seine Welt nicht sofort als bloße Kulisse und erreicht mit vielen Fragen eine im Magen kribbelnde Distanz, die zu reduzieren jedes Mal ein Highlight ist. Sind die Gluten, die man findet, wirklich nur Ersatz für Menschlichkeit oder wieso glimmt der Charakter immer dichter in Funken gehüllt, je mehr Seelen er trägt? Ein Kollege neben mir konnte sich mit einem Zweig in einen kleinen Baum verwandeln, was herrlich bekloppt aussah und bestimmt einen tieferen Sinn hat.

Das Spielgefühl, seine Welt, die in ihr lebenden und leidenden Charaktere, sie wären ohne dieses Enigma nicht möglich. From Software trifft erneut den Sweetspot zwischen verwinkeltem Levelverlauf, angenehmer Überforderung und dem, was man situativ (nicht) erfassen kann, weil das Set-up von Architektur und Gegnerplatzierung so herrlich abstrakt ist.

Man spürt, wie sehr Lothric auf Kante hängt und den Spieler mit runterzieht. Manchmal ganz offensichtlich bei den verschobenen Steinplattformen gegenüber vom Friedhof, die nur mit Sprüngen erreichbar sind. Manchmal subtil, wenn man NPC-Andeutungen lauscht und dem, was sie über den vor euch liegenden Weg zu sagen haben. Im Feuerbandschrein kommt dieser bunte Haufen nach und nach zusammen und hier findet man eine Art Destillat bekannter Souls-Mechaniken. Ihr könnt von Beginn an Items verkaufen, der Schmied für Waffen-Upgrades und Reparaturen hockt in einem Seitentunnel, und die Level-up-Frau redet prophetisch daher. Ob sich auch hier wieder der Kreis schließt? Keine Ahnung, zumindest zu Beginn muss man sich vom Leuchtfeuer hier wegteleportieren.

Das Kampfsystem ist intakt und fühlt sich sofort gut an, wie man es kennt und wie es sein muss.

Übrigens: Glück als Charakterwert ist zurück, was nur gut sein kann, egal wofür. Mal schauen, ob es nur die Droprate à la Demon's Souls beeinflusst oder mehr. Hoffentlich mehr. Gibt ja auch keine Heilkräuter, die man farmen müsste. Was uns zu den Flakons bringt, die in den Ausfertigungen "Ashen" (füllt blaue Leiste) und "Estus" (heilt) vorliegen. Anfangs hatte ich vier davon und konnte bei Andre (ohne Astora) am Schrein das Verhältnis je nach Charakterausrichtung verschieben. Wenn ihr meint, zugunsten der Ashen nur ein Flakon mitnehmen zu müssen, ist das eure Entscheidung.

Ein Fragezeichen bleibt beim Thema Ausrüstungsbelastung. Mein Ritter rollte mit 34/55 Gewichtseinheiten genauso schnell wie komplett nackt. Da es aber wieder ein entsprechendes Attribut zum Steigern gibt, gehe ich mal von einem Fehler aus. Und wäre genug Zeit gewesen, um 20.000 Seelen zusammenzugrinden, hätte ich sogar noch den Schlüssel bei der Händlerin am Schrein kaufen können. War aber nicht und darüber bin ich sehr froh. Ein Geheimnis mehr, das noch auf der Liste steht. Die Vorfreude, diesem kleinen Mysterium in Kürze näherzukommen, kann mir und euch keiner nehmen.

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Sebastian Thor Avatar
Sebastian Thor: Steht auf Bier und Bloodsport. Mag weiche Sofas und verliert sich gern in Gedanken an dies und das. Seit 2014 bei Eurogamer dabei, aktuell als freier Redakteur.
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Dark Souls III

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