Dark Souls PC - Prepare To Die Edition - Test
Lieblos oder doch nur inkompetent? Dass Japan kein PC-Land ist, zeigt Dark Souls.
Im letzten Fall hat man kein so großes Problem. Man kann es als Warnschuss betrachten. Geht zurück zum Ort des Todes und sammelt ein, was euch verloren ging. In dem anderen Falle hat man ein Problem. Stirbt man tief in gefährlichen Landen, schafft man es manchmal nicht zurück an diesen Punkt. Dann wird der neue Todespunkt markiert, der Erste mit den Seelen-Punkte-Schätzen jedoch ist für immer verloren. Man muss sich an diese Spielmechanik gewöhnen und dann mit ihr arbeiten. Vor Erkundungstouren wird der Seelenhort geplündert, eingekauft und dann geht es los. Man hat viele Seelen und will noch ein paar mehr auf sicher erspielen? Bleibt in vertrauten Gebieten.
So erschließt man trotz des brutal harten Schwierigkeitsgrades immer mehr von Dark Souls' Welt, ohne in Frustration zu verfallen. Ein dickes Fell müsst ihr trotzdem mitbringen. Nicht nur kann euch alles töten, wenn ihr unvorsichtig seid, es tötet euch auch sonst oft genug. Händchenhalten kennt Dark Souls auch nicht. Es gibt einen Startbonus, der es euch erlaubt alle Türen im Spiel zu öffnen. Auf diese Weise könnt ihr in der ersten Minute das Tal der Drachen besuchen. Das Spiel wird euch nicht aufhalten. Nur umbringen. In zwei Sekunden. Auch sonst werdet ihr in der sehr freien Welt häufig nicht davon abgehalten, schon mal die Nase in Gebiete zu stecken, in denen ihr einfach noch nichts verloren habt. Unsichtbare Wände gibt es nicht, nur endlose Abgründe und hohe Mauern. Davon abgesehen ist es eine in sich geschlossene, frei erkundbare Welt, die mit ihrer geheimnisvollen Aura in praktisch jedem den Entdecker wecken müsste.
Und trotz all dieser Härten dem Spieler gegenüber, all der Rätsel, wie man weiterkommen kann, der Monster, die man nie aus den Augen verlieren darf und der tausend Tode, die man stirbt, ist dieses Spiel letztendlich absolut fair.
Als ich etwas von unfair in der letzten Preview herumheulte, hatte ich einfach noch nicht das Verständnis für die Tiefen und Untiefen dieses Jahrhundertwerks - hey, ich darf mich beim Lob auch mal gehen lassen -, mit dem ich es jetzt betrachte. Ich habe seltenst eine Schöpfung gesehen, die dermaßen stimmig austariert wurde und in der dieser gewisse Reiz, an etwas tausendmal zu scheitern, es dann aber immer noch einmal zu versuchen und schließlich zu siegen, mit solcher Meisterschaft zelebriert wurde.
Und es sind diese Momente, für die man als Videospieler lebt. Dieser Drache, den man um drei Uhr nachts auf dem letzten Heiltrank-Zahnfleisch kriechend bekämpft, die schwitzenden Fingern in das Pad krallend, nicht merkend, dass die Hände schon schmerzen, mit hundertprozentigem Fokus konzentriert, als ginge es um das eigene Leben. Dann endlich diesen einen, finalen Schlag zu landen und die Bestie zusammenbrechen zu sehen. Dieser Moment, in dem 10 oder 20 Minuten unmenschlicher Anspannung zu einer Lebensspanne wurden und in einer Sekunde von einem abfallen. Man auf Knien den Elias macht, die Hände gen Himmel emporgestreckt, gutturale Siegeslaute ausstoßend. Diese Momente des Triumphes, die kein Nicht-Spieler wirklich verstehen kann, aber für die man immer wieder zum Pad greift. Dark Souls ist eine konstante Kette solcher Augenblicke. Von der ersten bis zur letzten Bestie.
Immer wieder versteht es das Spiel, den Härtegrad genau richtig zu tarieren, um euch nicht zu lange in der Luft hängen zu lassen. Das Herzstück dieses Erfolges ist die Balance aus dem gestellten Anspruch an den Spieler, das Pad zu beherrschen und die Spielmechaniken zu verstehen und auszunutzen. Das gelegentliche Grinding ist nötig, aber nicht in dem Maß, das man vermuten sollte. Es hängt davon ab, wie gut ihr selbst seid. Die Steigerungen der Charakterwerte sind zwar lebenswichtig, aber nur in einem Maße, das euch das Spiel meist auch so gibt. Man kann diesen Dämonen auch so besiegen.
Lernt ihre Muster, duckt, weicht aus, pariert, schlagt im richtigen Moment zu. Da ihre Angriffe aber gnadenlos sind, euch teilweise in einer Sekunde mit einem glücklichen Hieb, in dem ihr eure Deckung fallen ließt, auslöschen können, grinde ich auch häufiger mal. Ich will diese Edge im Kampf haben, diese zusätzlichen 30 Trefferpunkte. Wäre ich besser, würde ich mehr üben, dann ginge es auch so. Und deshalb ist Dark Souls fair, immer reizvoll und jeder neue Boss, der euch das erste Mal innerhalb weniger Sekunden zum Lagerfeuer zurückschickt, ein Fehdehandschuh, den man nur zu gerne aufhebt. Bis dann endlich später, tief in der Nacht, das Jubelgeheul alle Bewohner des Hauses aufschreckt.
Aber nicht nur diese Mechaniken sind es, die hier so wunderbar funktionieren. In diesem Spiel passt einfach alles zusammen. Um kurz meinen einzigen, kleinen Tadel loszuwerden, kreide ich mal die Grafik im Detail an. Ich mag das insgesamt düstere, aber nicht zu dunkle Ambiente, die leicht verwaschene Melancholie der Darstellung, die weiten Blicke über aberwitzige Architekturen, die praktisch jedes thematisch ähnliche Spiel zu Zwergen degradieren. Das Gegnerdesign selbst ist herausragend gelungen und lässt einen immer wieder die Nackenhaare glattstreichen, nachdem sie sich wohlig schauernd aufrichteten. Nur im Zeitalter von Gears 3 oder Uncharted 2 könnte die Texturierung an mancher Stelle, an der man mal näher dransteht, schöner sein. Dark Souls in seiner Gesamtheit betrachtet ist ein wunderhübsches Spiel. Daran dürfte es auch liegen, dass Details ein wenig herausstechen.
Die Weite der Spielwelt ist übrigens nicht aufgesetzt, Dark Souls ist ein Monster in jeder Hinsicht. Ich will jetzt nicht anfangen Areale aufzuzählen, aber es gibt eine Menge von ihnen, einen ganzen untereinander geschickt verknüpften Mikrokosmos voller breiter Prachtalleen - meist mit Drachen verziert - und finsterer Schleichwege. Dass man diese Areale immer wieder besuchen muss, hat den großen Vorteil, dass man mit all den Möglichkeiten der Orte intim vertraut wird und sie wie die eigene Westentasche kennt. Und dann trotzdem immer noch wieder etwas Neues findet. Um mal Zahl in den Raum zu setzen, würde ich sagen, dass 50 - 60 Stunden für einen Durchgang durchaus drin sind, sogar mehr, wenn man sich auch noch auf die nicht zu knapp verteilten Areale stützt, die nicht zur Bewältigung der Geschichte nötig sind. Wer alles erkundet, kommt konservativ gerechnet auf 150 Stunden oder mehr. Und startet dann mit seinem Charakter zum nächsten Game Plus gegen noch härtere Viecher.
An Abwechslung mangelt es auch nicht. In der ersten Hälfte gibt es die gewaltige, düstere, vielstöckige Stadt, in sich selbst ein Monument gelungenen Level-Designs. Um sie herum nächtliche Wälder, tiefe Katakomben, Geisterstädte und Lavahöhlen. Und dann beginnt der zweite Abschnitt, mindestens noch einmal so umfang- und abwechslungsreich.
Ihr habt was zu tun, lasst ihr euch auf diese Liebe ein, das kann ich euch garantieren. Auch mehrere Spiele mit verschiedenen Charakteren zu starten, kann durchaus reizvoll sein. Die zehn recht fein abgestuften Klassen von Ritter bis Magier lassen sich sehr flexibel den eigenen Ansprüchen anpassen und Mischklassen entstehen im Laufe der Zeit fast automatisch. Welcher Krieger möchte in der Not nicht auf ein Heilwunder zurückgreifen und welcher Dieb oder Waldläufer möchte nicht auch gerne mal einen Feuerball werfen. In der Steigerung der Werte seid ihr absolut frei.
Die Geschichte selbst bleibt erstaunlich dicht, obwohl sie nur in sehr kargen Worten weniger NPCs erzählt wird. Es gibt keine Journale oder Chroniken zu finden. In dieser Welt war schon lange kein Sterblicher mehr, der so etwas Normales hätte verfassen können. Man nimmt Bruchstücke, die zusammen mit den visuellen Reizen des Untergegangenen um einen herum ein eigenes Kopfkino über die Historie dieses auf so wundersame Weise traurigen Ortes ablaufen lässt. In Falle von Dark Souls denke ich wirklich, dass mehr deutlich weniger gewesen wäre. From Software traf genau den Sweetspot für dieses ganz persönliche Geschichtenerzählen.
Damit ihr nicht ganz so allein seid, dürft ihr euch Freunde einladen. Das funktioniert nur dann, wenn ihr menschlich seid - der Naturzustand hier wäre untot - und dadurch, dass man aktiv für diesen Zustand arbeiten muss, um einen Mitspieler holen zu können, gewinnt dieser Akt an Bedeutung. Es ist nicht alltäglich, nicht immer nur einen Buttonklick weit weg. Man freut sich über die Gesellschaft und spielt gleich mit anderem Enthusiasmus zusammen, eben weil der Normalzustand das Verlassensein ist, allein in der eigenen Splitterwelt. Manchmal kann man auf die Gesellschaft aber auch verzichten. Wer sich des NPC-Mordes oder gar Spielerverrates schuldig macht, ist mit dem Stigmata der Sünde beladen, was ihn zum Ziel für Spieler und Schwarze Phantome zugleich macht - und die loszuwerden kann ganz schön teuer werden. Wer keine Lust mehr hat, von alles und jedem gejagt zu werden, muss teuer Abbitte leisten. Es ist gut, dass es eine Summe an Seelenpunkten ist, die wirklich schmerzt. Man überlegt sich genau, ob man eine Karriere als gewissenloser Schlächter starten möchte.
Damit man als Solospieler keine Nachteile hat, wenn es an die Bosskämpfe geht, kann man zu diesen übrigens auch KI-Freunde dazu holen, sobald man mit den richtigen NPCs sprach. Sie können zwar natürlich nur bedingt mit einem echten Spieler mithalten, mit dem sich ja auch komplexere Taktiken absprechen lassen, aber als Kugelfang im übertragenen Sinne helfen sie durchaus, die Waagschale auszugleichen. Ihr könnt aber nicht überall und jederzeit Koop agieren. Der Modus funktioniert in erster Linie für Boss-Kämpfe, zu denen ihr bis zu zwei Freunde dazurufen könnt. Spieler - bis zu drei - können in eure Welt eindringen und versuchen euch zu töten. Sollten es wirklich drei sein, habt ihr Pech: Vier ist die maximale Zahl in einem Spiel und bei drei Invasoren könnt ihr keine Freunde holen. Macht euch also nicht zu viele Feinde. Am Ende ist es kein hundertprozentiger Koop-Modus, wie ihn Gears 3 zum Beispiel bietet, aber das System hier ist komplexer und flexibler. Es konzentriert sich auf die Stellen, die wirklich zählen und es bleiben am Ende genug Erlebnisse online übrig, von denen man lange einander an realen Lagerfeuern erzählen kann.
Was das Interface angeht, fangen wir mal einfach an. Die Menüs sind harmlos, aber weder genial noch unbenutzbar. Sie erfüllen brav ihre Pflicht, ihr habt Ausrüstung, Items und Statuswerte gut im Blick und pausiert wird im Geiste eines MMOs nie. Wer an eine vermeintlich sichere Stelle geht, sollte besser aufpassen, wenn er einen Preis auf seinen Kopf hat. Ein Spieler könnte genau diesen Moment wählen, um zu kassieren. Was jedoch funktioniert, ist das Verlassen des Spiels. Das geht jederzeit und man macht genau an dieser Stelle dann weiter. Kurz mal spielen und dann abrupt stoppen ist also kein Problem. Auch das Rufen von Freunden und ähnliche Interaktionen mit dem Multiplayerteil bereiten keine technischen Schwierigkeiten.
So weit, so harmlos, so Pflichtteil. Nun zur Kür. Ein Spiel, das mich fast ausschließlich kämpfen lässt - es gibt keine Sprungpassagen, schon allein, weil der Held kaum springen kann -, muss ein Kampfsystem mitbringen, dass es über so viele Stunden tragen kann. Dark Souls hat so ein System. Linke und rechte Hand liegen auf dem entsprechenden Trigger und die Standard-Kombi wäre wohl Schild und Schlagwaffe. Auf dem Trigger liegt der harte Schlag, auf dem Schultertaster der Leichte. Auf diese Weise kann man auch wunderbar mit zwei Waffen kämpfen, während Pfeil und Bogen zwar beide Hände belegen, dafür aber eine Möglichkeit für Präzisionsschüsse bieten.
Großartige Kombovarianten gibt es nicht, was aber mit verschiedenen Schlägen und Eigenschaften für jede einzelne Waffe ausgeglichen wird. In der richtigen Umgebung die richtige Waffe für den aktuellen Gegner zu wählen, ist eine kleine Wissenschaft für sich, in die man sich bis einem gewissen Teil auch vertiefen sollte. Lange Hiebwaffen prallen beispielsweise von Wänden ab und mit einer langen Schlachtaxt in den Katakomben zu hantieren wird schnell zu einer Bürde.
Hier muss man als Spieler flexibel und lernfähig sein. Die an sich übersichtlichen Schlagkombinationen haben auch den Vorteil, dass man sich sehr genau mit ihnen, mit den Reichweiten und allen Feinheiten auseinandersetzt und sich selbst bei gleichbleibendem Arsenal verbessert. Es ist ein Spiel, das nicht nur selbst wächst, es gibt dem Spieler und seinem Können Raum zu wachsen. Im Ergebnis entsteht in vielen Fällen ein komplexer Tanz zwischen Spieler und Gegner, in dem der verliert, der als Erster aus dem Takt kommt. Das ist eine Kunst und ich kann nur wiederholen, dass mit Dark Souls ein Meister dieser geschaffen wurde.
Jetzt käme der Punkt, an dem ich mich in endlosen Details verlieren würde und ihr habt am Ende dann immer noch Fragen übrig. Deshalb stellt sie hier einfach - macht ihr ja sowieso -, ich schließe dagegen mit dem Sound. Die englischen Stimmen sind teilweise ein wenig schräg, was aber innerhalb des Settings von Melancholie und angehendem Wahnsinn einer verlassenen Welt passt. Die deutsche Untertitelung gelang tadellos und auch alle Items wurden angemessen benannt. Praktisch jede Waffe hat ihren eigenen, irgendwann für euch unverwechselbaren Klang. Es bleibt mir noch, die Musik zu loben. Die wenigen Stücke selbst sind sehr gut, aber nicht das Beste, was es gibt. Die dezente Weise ihres Einsatzes dagegen schon. Ihr hört sie nur in bestimmten Momenten, die zählen und dadurch macht sie sich auf die bestmögliche Weise bemerkbar und verliert sich nicht in der Bedeutungslosigkeit. Ein so intelligentes Spiel weiß, dass Stille auch ein Geräusch ist, manchmal das einzig angemessene. Und wie in all seinen Momenten kennt es genau die richtigen Punkte dafür.
Dark Souls ist... Das beste Spiel aller Zeiten!? Vielleicht. Zumindest kann ich mich in den letzten zehn oder mehr Jahren nicht daran erinnern, dass ich mit einem Rollenspiel oder überhaupt einem Spiel mehr Zeit verbrachte, das mich härter arbeiten lies und mich reichhaltiger entlohnte. In dem Niederlagen und jubelnde Triumphe immer im richtigen Maß ausgeschenkt wurden. In dem der Spieler zusammen mit dem Spiel über sich hinaus wuchs, um allen Widrigkeiten zum Trotz doch noch zu siegen. Man hat nicht das Gefühl, dass dieses Spiel gegen einen spielt. Es ist eine Art strenger aber doch mitfühlender Lehrer, der einem das Werkzeug gibt und einen sanft leitet, damit man schließlich Momente erlebt, für die damals nicht unbedingt das Videospiel erfunden wurde. Weil man sich in diesen zarten Tagen gar nicht vorstellen konnte, dass es etwas so wundervoll lächerlich Gewaltiges wie Dark Souls eines Tages geben könnte. Es ist faszinierend, in welche Höhen sich dieses Medium an seinen guten Tagen schwingen kann.
Diese Mischung aus Herausforderung, Chancen sie zu bestehen, immer wieder neue Entdeckungen und Erkundungen in unbekanntes Terrain, ist in dieser Zusammenstellung, mit diesem Konzept und diesem Qualitätsgrad einmalig. Die melancholische, bedrohliche und doch bald so vertraute Spielwelt selbst kann man als Kunstwerk des Goth-Gormenghast-Fantasy-Designs bezeichnen, das auch seinen Vorgänger locker im Regen stehen lässt. Die neuen Lagerfeuer als Wegpunkte allein reichen schon als sinnvolle Ergänzung des schon dort herausragenden Konzeptes und sind doch nur ein Teil aller Verfeinerungen. Alle Verbesserungen zusammen schaffen mit Dark Souls ein Spielerlebnis, das, wenn es euch packt, euch in vielen Jahren auf eine der besten und intensivsten Zeiten zurückblicken lassen wird, die ihr mit einem Pad in der Hand erlebt habt.
Mir hat einmal jemand gesagt, dass wenn man so viele Stunden mit einem Spiel verbrachte, wenn man so wie hier schier unendlich viel Freude mit ihm hatte, wenn man es von innen und außen kennt und einem dann noch nichts Schlechtes einfällt, was man dazu sagen könnte, gibt es nur eine Wertung, die man geben kann. Es war ein weiser Rat und es ist das Einzige, was mir in Dark Souls am Ende einfach gemacht wird. Aber es zu tun ist schließlich so befriedigend, wie jede Minute mit diesem wundervollen Spiel.