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Dark Souls

Der Tod ist ein sanfter Lehrer

Im letzten Fall hat man kein so großes Problem. Man kann es als Warnschuss betrachten. Geht zurück zum Ort des Todes und sammelt ein, was euch verloren ging. In dem anderen Falle hat man ein Problem. Stirbt man tief in gefährlichen Landen, schafft man es manchmal nicht zurück an diesen Punkt. Dann wird der neue Todespunkt markiert, der Erste mit den Seelen-Punkte-Schätzen jedoch ist für immer verloren. Man muss sich an diese Spielmechanik gewöhnen und dann mit ihr arbeiten. Vor Erkundungstouren wird der Seelenhort geplündert, eingekauft und dann geht es los. Man hat viele Seelen und will noch ein paar mehr auf sicher erspielen? Bleibt in vertrauten Gebieten.

So erschließt man trotz des brutal harten Schwierigkeitsgrades immer mehr von Dark Souls' Welt, ohne in Frustration zu verfallen. Ein dickes Fell müsst ihr trotzdem mitbringen. Nicht nur kann euch alles töten, wenn ihr unvorsichtig seid, es tötet euch auch sonst oft genug. Händchenhalten kennt Dark Souls auch nicht. Es gibt einen Startbonus, der es euch erlaubt alle Türen im Spiel zu öffnen. Auf diese Weise könnt ihr in der ersten Minute das Tal der Drachen besuchen. Das Spiel wird euch nicht aufhalten. Nur umbringen. In zwei Sekunden. Auch sonst werdet ihr in der sehr freien Welt häufig nicht davon abgehalten, schon mal die Nase in Gebiete zu stecken, in denen ihr einfach noch nichts verloren habt. Unsichtbare Wände gibt es nicht, nur endlose Abgründe und hohe Mauern. Davon abgesehen ist es eine in sich geschlossene, frei erkundbare Welt, die mit ihrer geheimnisvollen Aura in praktisch jedem den Entdecker wecken müsste.

Und trotz all dieser Härten dem Spieler gegenüber, all der Rätsel, wie man weiterkommen kann, der Monster, die man nie aus den Augen verlieren darf und der tausend Tode, die man stirbt, ist dieses Spiel letztendlich absolut fair.

Rücken an Rücken. So muss Koop funktionieren.

Als ich etwas von unfair in der letzten Preview herumheulte, hatte ich einfach noch nicht das Verständnis für die Tiefen und Untiefen dieses Jahrhundertwerks - hey, ich darf mich beim Lob auch mal gehen lassen -, mit dem ich es jetzt betrachte. Ich habe seltenst eine Schöpfung gesehen, die dermaßen stimmig austariert wurde und in der dieser gewisse Reiz, an etwas tausendmal zu scheitern, es dann aber immer noch einmal zu versuchen und schließlich zu siegen, mit solcher Meisterschaft zelebriert wurde.

Und es sind diese Momente, für die man als Videospieler lebt. Dieser Drache, den man um drei Uhr nachts auf dem letzten Heiltrank-Zahnfleisch kriechend bekämpft, die schwitzenden Fingern in das Pad krallend, nicht merkend, dass die Hände schon schmerzen, mit hundertprozentigem Fokus konzentriert, als ginge es um das eigene Leben. Dann endlich diesen einen, finalen Schlag zu landen und die Bestie zusammenbrechen zu sehen. Dieser Moment, in dem 10 oder 20 Minuten unmenschlicher Anspannung zu einer Lebensspanne wurden und in einer Sekunde von einem abfallen. Man auf Knien den Elias macht, die Hände gen Himmel emporgestreckt, gutturale Siegeslaute ausstoßend. Diese Momente des Triumphes, die kein Nicht-Spieler wirklich verstehen kann, aber für die man immer wieder zum Pad greift. Dark Souls ist eine konstante Kette solcher Augenblicke. Von der ersten bis zur letzten Bestie.

Dark Souls - E3-Trailer

Immer wieder versteht es das Spiel, den Härtegrad genau richtig zu tarieren, um euch nicht zu lange in der Luft hängen zu lassen. Das Herzstück dieses Erfolges ist die Balance aus dem gestellten Anspruch an den Spieler, das Pad zu beherrschen und die Spielmechaniken zu verstehen und auszunutzen. Das gelegentliche Grinding ist nötig, aber nicht in dem Maß, das man vermuten sollte. Es hängt davon ab, wie gut ihr selbst seid. Die Steigerungen der Charakterwerte sind zwar lebenswichtig, aber nur in einem Maße, das euch das Spiel meist auch so gibt. Man kann diesen Dämonen auch so besiegen.

Lernt ihre Muster, duckt, weicht aus, pariert, schlagt im richtigen Moment zu. Da ihre Angriffe aber gnadenlos sind, euch teilweise in einer Sekunde mit einem glücklichen Hieb, in dem ihr eure Deckung fallen ließt, auslöschen können, grinde ich auch häufiger mal. Ich will diese Edge im Kampf haben, diese zusätzlichen 30 Trefferpunkte. Wäre ich besser, würde ich mehr üben, dann ginge es auch so. Und deshalb ist Dark Souls fair, immer reizvoll und jeder neue Boss, der euch das erste Mal innerhalb weniger Sekunden zum Lagerfeuer zurückschickt, ein Fehdehandschuh, den man nur zu gerne aufhebt. Bis dann endlich später, tief in der Nacht, das Jubelgeheul alle Bewohner des Hauses aufschreckt.

Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Dark Souls

PS3, Xbox 360, PC

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