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Dark Souls

Der Tod ist ein sanfter Lehrer

Was das Interface angeht, fangen wir mal einfach an. Die Menüs sind harmlos, aber weder genial noch unbenutzbar. Sie erfüllen brav ihre Pflicht, ihr habt Ausrüstung, Items und Statuswerte gut im Blick und pausiert wird im Geiste eines MMOs nie. Wer an eine vermeintlich sichere Stelle geht, sollte besser aufpassen, wenn er einen Preis auf seinen Kopf hat. Ein Spieler könnte genau diesen Moment wählen, um zu kassieren. Was jedoch funktioniert, ist das Verlassen des Spiels. Das geht jederzeit und man macht genau an dieser Stelle dann weiter. Kurz mal spielen und dann abrupt stoppen ist also kein Problem. Auch das Rufen von Freunden und ähnliche Interaktionen mit dem Multiplayerteil bereiten keine technischen Schwierigkeiten.

So weit, so harmlos, so Pflichtteil. Nun zur Kür. Ein Spiel, das mich fast ausschließlich kämpfen lässt - es gibt keine Sprungpassagen, schon allein, weil der Held kaum springen kann -, muss ein Kampfsystem mitbringen, dass es über so viele Stunden tragen kann. Dark Souls hat so ein System. Linke und rechte Hand liegen auf dem entsprechenden Trigger und die Standard-Kombi wäre wohl Schild und Schlagwaffe. Auf dem Trigger liegt der harte Schlag, auf dem Schultertaster der Leichte. Auf diese Weise kann man auch wunderbar mit zwei Waffen kämpfen, während Pfeil und Bogen zwar beide Hände belegen, dafür aber eine Möglichkeit für Präzisionsschüsse bieten.

Vertraute Elmente, überlebensgroß. Eines der Geheimnisse der ganz eigenen Stimmung der Dark-Souls-Welt.

Großartige Kombovarianten gibt es nicht, was aber mit verschiedenen Schlägen und Eigenschaften für jede einzelne Waffe ausgeglichen wird. In der richtigen Umgebung die richtige Waffe für den aktuellen Gegner zu wählen, ist eine kleine Wissenschaft für sich, in die man sich bis einem gewissen Teil auch vertiefen sollte. Lange Hiebwaffen prallen beispielsweise von Wänden ab und mit einer langen Schlachtaxt in den Katakomben zu hantieren wird schnell zu einer Bürde.

Hier muss man als Spieler flexibel und lernfähig sein. Die an sich übersichtlichen Schlagkombinationen haben auch den Vorteil, dass man sich sehr genau mit ihnen, mit den Reichweiten und allen Feinheiten auseinandersetzt und sich selbst bei gleichbleibendem Arsenal verbessert. Es ist ein Spiel, das nicht nur selbst wächst, es gibt dem Spieler und seinem Können Raum zu wachsen. Im Ergebnis entsteht in vielen Fällen ein komplexer Tanz zwischen Spieler und Gegner, in dem der verliert, der als Erster aus dem Takt kommt. Das ist eine Kunst und ich kann nur wiederholen, dass mit Dark Souls ein Meister dieser geschaffen wurde.

Jetzt käme der Punkt, an dem ich mich in endlosen Details verlieren würde und ihr habt am Ende dann immer noch Fragen übrig. Deshalb stellt sie hier einfach - macht ihr ja sowieso -, ich schließe dagegen mit dem Sound. Die englischen Stimmen sind teilweise ein wenig schräg, was aber innerhalb des Settings von Melancholie und angehendem Wahnsinn einer verlassenen Welt passt. Die deutsche Untertitelung gelang tadellos und auch alle Items wurden angemessen benannt. Praktisch jede Waffe hat ihren eigenen, irgendwann für euch unverwechselbaren Klang. Es bleibt mir noch, die Musik zu loben. Die wenigen Stücke selbst sind sehr gut, aber nicht das Beste, was es gibt. Die dezente Weise ihres Einsatzes dagegen schon. Ihr hört sie nur in bestimmten Momenten, die zählen und dadurch macht sie sich auf die bestmögliche Weise bemerkbar und verliert sich nicht in der Bedeutungslosigkeit. Ein so intelligentes Spiel weiß, dass Stille auch ein Geräusch ist, manchmal das einzig angemessene. Und wie in all seinen Momenten kennt es genau die richtigen Punkte dafür.

Dark Souls - Intro-Video

Dark Souls ist... Das beste Spiel aller Zeiten!? Vielleicht. Zumindest kann ich mich in den letzten zehn oder mehr Jahren nicht daran erinnern, dass ich mit einem Rollenspiel oder überhaupt einem Spiel mehr Zeit verbrachte, das mich härter arbeiten lies und mich reichhaltiger entlohnte. In dem Niederlagen und jubelnde Triumphe immer im richtigen Maß ausgeschenkt wurden. In dem der Spieler zusammen mit dem Spiel über sich hinaus wuchs, um allen Widrigkeiten zum Trotz doch noch zu siegen. Man hat nicht das Gefühl, dass dieses Spiel gegen einen spielt. Es ist eine Art strenger aber doch mitfühlender Lehrer, der einem das Werkzeug gibt und einen sanft leitet, damit man schließlich Momente erlebt, für die damals nicht unbedingt das Videospiel erfunden wurde. Weil man sich in diesen zarten Tagen gar nicht vorstellen konnte, dass es etwas so wundervoll lächerlich Gewaltiges wie Dark Souls eines Tages geben könnte. Es ist faszinierend, in welche Höhen sich dieses Medium an seinen guten Tagen schwingen kann.

Diese Mischung aus Herausforderung, Chancen sie zu bestehen, immer wieder neue Entdeckungen und Erkundungen in unbekanntes Terrain, ist in dieser Zusammenstellung, mit diesem Konzept und diesem Qualitätsgrad einmalig. Die melancholische, bedrohliche und doch bald so vertraute Spielwelt selbst kann man als Kunstwerk des Goth-Gormenghast-Fantasy-Designs bezeichnen, das auch seinen Vorgänger locker im Regen stehen lässt. Die neuen Lagerfeuer als Wegpunkte allein reichen schon als sinnvolle Ergänzung des schon dort herausragenden Konzeptes und sind doch nur ein Teil aller Verfeinerungen. Alle Verbesserungen zusammen schaffen mit Dark Souls ein Spielerlebnis, das, wenn es euch packt, euch in vielen Jahren auf eine der besten und intensivsten Zeiten zurückblicken lassen wird, die ihr mit einem Pad in der Hand erlebt habt.

Mir hat einmal jemand gesagt, dass wenn man so viele Stunden mit einem Spiel verbrachte, wenn man so wie hier schier unendlich viel Freude mit ihm hatte, wenn man es von innen und außen kennt und einem dann noch nichts Schlechtes einfällt, was man dazu sagen könnte, gibt es nur eine Wertung, die man geben kann. Es war ein weiser Rat und es ist das Einzige, was mir in Dark Souls am Ende einfach gemacht wird. Aber es zu tun ist schließlich so befriedigend, wie jede Minute mit diesem wundervollen Spiel.

Ab Freitag, dem 7.10. ist Dark Souls für Xbox 360 und PS3 erhältlich. Handbuch und Untertitel sind in Deutsch, die Sprache bleibt English.

10 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Dark Souls

PS3, Xbox 360, PC

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