Darksiders: Wrath of War
Und ihm wurde die Macht gegeben, den Frieden von der Erde zu nehmen...
„Wir wollen, dass Ihr wisst, dass es in unserem Spiel auch Puzzles gibt“. John Pearl, Lead Designer bei Vigil Games, weiß genau, warum er die Darksiders-Vorführung auf diese Weise eröffnet. Denn nach seiner Vorstellung auf der letzten E3 wurde der Actioner mit dem grimmigen Kapuzenträger am stumpfen Ende eines großzügig geschnittenen Schwertes in allen Ecken des Internets (jedenfalls dort wo man sich dafür interessierte) eilig als God of War-Klon abgestempelt.
Wer sich etwas länger mit War – einem der vier Reiter der Apokalypse – beschäftigt, dem werden zum Glück zwei Dinge klar: Einerseits, dass Darksiders durchaus eine gute Portion eigene Persönlichkeit besitzt, anstatt sich einfach mit den prächtigsten Federn anderer Titel zu schmücken. Und andererseits, dass der God of War-Vergleich nicht hundertprozentig zutreffend ist.
Comic-Fans dürfte schon seit längerem klar sein, dass Darksiders kein Identitätsproblem haben würde: Vigil Games ist die Firma des ehemaligen Hauptzeichners der Uncanny X-Men, Joe „Mad“ Madureira. Madureira war ein echtes Wunderkind, als er mit gerade mal 16 Lenzen noch als Praktikant zu Marvel stieß und schon drei Jahre später die optische Seite des Uncanny-Kosmos fest im Griff hatte. Mit Darksiders erschafft Joe Mad nun ein eigenes Universum, frei von den Konventionen einer alteingesessenen Serie. Die düster-zeitgemäße Prämisse weiß mit ihrem gigantischen Rahmen doch sehr zu gefallen und hält potentiell mehr Überraschungen für den Spieler bereit, als ein so vertrautes Szenario wie die griechische Antike. Potentiell…
Fans des alten Testaments dürfte das Thema der vier Reiter der Apokalypse nicht unbekannt sein. Madureira und seine Vigil-Jungs schütteln das sechste Kapitel der Offenbarung des Johannes aber bis zur Unkenntlichkeit durch. Schließlich bleiben eigentlich nur noch die Reiter. Achja: Und natürlich die Apokalypse. Im Gegensatz zu anderen Spielen geht es aber nicht darum, den nahenden Weltuntergang abzuwenden. Der ist nämlich schon lange passiert beziehungsweise ereignet sich im packenden Intro, das Euch nebenstehend schon auf den Ton von Darksiders einstimmt.
Das Problem mit dieser Apokalypse ist allerdings, dass die Zeit noch gar nicht wirklich reif dafür war und so seid Ihr als War, Reiter Nummer zwei, noch 100 Jahre nach dem vermackelten Jüngsten Gericht auf der Suche nach den Verantwortlichen für diesen Schlamassel. Im weiteren Verlauf soll sich eine spannende Geschichte um die Nephilim, Engel und das Ende allen Lebens auf der Welt entspinnen. Da das allein in einer staubigen Einöde vermutlich etwas dröge wäre, hat die menschliche Zivilisation mittlerweile mehr oder minder vollständig gammeligen Monstren und dämonischen Freaks Platz gemacht, die sich War in den Weg stellen, um fachgerecht zerlegt zu werden.
Ok. Auch in Darksiders lasst Ihr also als humorresistenter Rächer scharfkantige Gegenstände durch Feindeshorden kreisen. Beim Spielablauf gibt es sich aber wesentlich klassischer – und vor allem weniger geradeaus – als die Abenteuer des gottverlassenen Spartaners. Wars Feldzug startet von einer verwüsteten Oberwelt aus.
Im längst nicht mehr schlagenden Herzen einer amerikanischen Metropole zeugen krümelige Hochhaus-Gerippe und Wolkenkratzer mit Schieflage von einer Katastrophe, die niemand überlebte, um sich ihrer zu erinnern. Durch diese Spielanteile bewegt sich War größtenteils frei umher (mit der offensichtlichen Einschränkung, dass auch diese Bereiche irgendwann zu Ende sind).
Während Ihr von hier aus auch der Frage nachgeht, was zur Hölle mit den übrigen drei Reitern passiert ist, dürft Ihr jederzeit auch Wars Pferd mit dem zauberhaften Namen Ruin beschwören. In einer von uns angespielten Sektion der Oberwelt war uns ein ziemlich hartnäckiger Riesenwurm auf den Fersen, der sich wie in einem berühmten Frank-Herbert-Roman durch den siedend heißen Wüstensand fraß.