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Das neue Forgotten City fühlt sich wie kein anderes Spiel an, das es sonst gerade gibt.

Mit einer unfreiwilligen Zeitreise landet ihr in einer geheimen Gesellschaft im alten Rom - und das ist nicht nur spannend, sondern auch extrem einfallsreich umgesetzt!

Ein Hauch Rätsel-Adventure, ein Hauch Skyrim-Optik, ein bisschen Survival, eine Zeitschleife, starkes Voiceacting und ein großes Mysterium: Das erwartet euch in The Forgotten City! Klingt nach einer ziemlich bunten Mischung, aber eine, die erstaunlich gut funktioniert. Das Mystery-Abenteuer vom kleinen australischen Indie-Studio Modern Storyteller war in vieler Hinsicht so ganz anders als viele Spiele der letzten Zeit und das im besten Sinne!

Forgotten City wirft die nostalgischen Erinnerungen an gute alte Walkingsims wie Myst in ein neues Gewand. In dem Fall in eine Toga, denn es geht in die römische Antike. Dieses geheimnisvolle Setting der vergessenen Stadt hat mich jedenfalls schon nach den ersten Spielminuten gepackt.

Salve und willkommen in die Vergangenheit

Ich war bei Spielen schon immer verrückt nach Mysterys und Krimis. Forgotten City ist am ehesten ein Story-Game voller Erkundung und Ermittlungen in einer kleinen Open-World. Ihr solltet lieber kein riesiges Elder Scrolls auf Lateinisch mit 100 Spielstunden erwarten, auch wenn das Spiel auf einer bekannten Skyrim-Mod basiert. Trotzdem könnt ihr wie in einem PRG die begrenzte antike Welt frei erkunden, Entscheidungen treffen, etwas Ausrüstung sammeln und euch sogar in ein paar Kämpfe stürzen. Aber erst einmal zum Anfang des Spiels.

Durchnässt erwacht ihr in der Gegenwart am dämmrigen Ufer eines Flusses. Welchen Körpertyp, Hintergrund oder Namen ihr habt, entscheidet ihr selbst. Eine fremde Frau namens Karen hat euch in Italien aus dem Tiber gezogen und bittet euch, ihren Freund in der nahegelegenen Ruine zu finden, der nicht wieder zurückgekehrt ist und schon seid ihr mittendrin.

Vorbei an unheimlichen Goldstatuen und begleitet von einem gruseligen Flüstern durchschreitet ihr ein Portal und befindet euch auf einmal in einer geheimen Gesellschaft im alten Rom, eingeschlossen in ein malerisches Tal. Doch in dieser idyllischen Umgebung ist nichts, wie es scheint. Die Menschen, die dort leben, sind nämlich einer grausamen Regel unterworfen, die überall in den Stein gemeißelt ist: "The Many Shall Suffer for the Sins of the One"

Verzerrte goldene Statuen und ein leises Flüstern - wer wird da nicht neugierig?

Das ist nicht nur ein gruseligen Spruch, sondern eine echte Warnung: Sobald auch nur eine Person eine Sünde begeht, werden alle Menschen dort sterben und zu Gold erstarren. Ausgerechnet ihr müsst nun verhindern, dass diese Regel gebrochen wird, um zu überleben. Gar nicht so einfach, denn schon vor 2000 Jahren galt: Der Mensch als solcher ist einfach unvernünftig. Ja, ja, ziemlich pessimistisch, aber sein wir doch mal ehrlich: Nichts anderes kennen wir doch aus der Pandemie, oder?

Konflikte wie politische Querelen, der Liebeskummer eines Dieners oder ein religiöser Zwist können da plötzlich zur tödlichen Angelegenheit werden, denn nur die kleinste Sünde würde allen das Leben kosten. Aber wie sind die anderen Leute eigentlich alle in das Tal gelangt? Gib es wirklich keinen Ausweg und besonders wichtig: Woher stammt der Fluch, den alle nur "Die goldene Regel" nennen?

Um selbst einer Zeitschleife zu entrinnen und irgendwie wieder in euer eigenes Jahrhundert zu gelangen, müsst ihr all das entschlüsseln - und dafür immer wieder Rückschritte, Gefahren und Menschenleben in Kauf nehmen. Probiert zum Beispiel ruhig einmal aus, was tatsächlich passiert, wenn ihr etwas stehlt und somit eine Sünde begeht.

Carpe Diem ... und das immer wieder!

All diese Mysterien gilt es aus der Ego-Perspektive mit WASD-Steuerung oder mit dem Gamepad zu erleben und das ist meistens ziemlich simpel und selbsterklärend. Neben verlassenen Orten findet ihr im Tal zahlreiche Figuren: Egal ob mit dem bulligen Gladiator, der verwirrten alten Frau oder der hinterlistigen Tavernen-Wirtin, überall warten gut vertonte Dialoge auf euch. Und ja, am Anfang wird es euch schwer fallen, überhaupt Sympathie für irgendjemanden dort aufzubringen, denn kaum jemand im Tal scheint wirklich vertrauenswürdig, aber das muss so sein für die beengende Atmosphäre.

Eure Entscheidungen in den Dialogen wirken sich auf die Geschichte der Siedlung aus und führen zu unterschiedlichen Enden. Lasst euch da also nicht verunsichern: das Spiel kann man sehr schnell durchspielen, wenn man will, dann gibt es aber auch nur das einfachste Ende mit wenig Erklärungen. Also versucht ruhig verschiedene Wege!

Im Laufe des Spiels gibt es neben Rätseln und Erkundung auch noch richtige Action. Zum Beispiel könnt ihr nach einer Weile mit Pfeil und Bogen schießen, aber ihr wisst ja: Mord ist natürlich auch eine Sünde. Nur die Sprung- oder Kletterpassagen aus der Ego-Sicht sind teils etwas lästig und an manchen stellen wird es etwas zum Glücksspiel, nicht zehnfach wiederholt in den Abgrund zu springen. Solche Stellen sind zum Glück rar, aber eben doch vorhanden.

Insgesamt wirkt es so, als hätte sich Modern Storyteller ordentlich Gedanken über Nutzerfreundlichkeit und über verschiedene Optionen je nach Spielertyp gemacht. So gibt es zum Beispiel eine Funktion, mit der ihr einer Personen, die vorausgeht, automatisch folgen könnt. Dadurch kann man die Passage einfach wie eine Cut-Scene genießen.

Außerdem gibt es für alle Dokumente, die ihr findet, eine kurze Zusammenfassung am Rand für alle Eiligen - ob ihr alles lest oder nur die Inhaltsangabe anguckt ist also eure Sache. Auch kann man Hinweise entweder ein- oder ausblenden, je nachdem, wie sehr man im Spiel an die Hand genommen werden will. All das sind wirklich angenehme Wesenszüge, um das Abenteuer für verschiedene Rätsel-Fans möglichst zugänglich zu machen.

So malerisch... aber der Schein trügt!

Das Abenteuer kam, sah und siegte über meine Neugier

Kritisieren würde ich nur, dass man im Verhältnis zur Spielwelt viele Häuser und Orte erkunden, aber nicht so viel Interagieren und auch nur wenige Gegenstände sammeln kann. Etwas mehr Inhalte wären genial gewesen, selbst wenn es nur der Atmosphäre gedient hätte. Auch was die Grafik betrifft, muss man natürlich im Kopf behalten, dass sie auf Skyrim basiert und daher nicht auf AAA-Niveau ist. Malerische und sehr atmosphärische Szenen gibt es in der vergessenen Stadt aber trotzdem.

Ich habe jedenfalls richtig Lust, in der Forgotten City auch noch das letzte Geheimnis zu erkunden. Mit überzeugender Synchronisation, epischem Soundtrack und einem spanenden Geheimnis ist das genau das, was ich als Adventure-Fan mal wieder gebraucht habe, ohne dass ich es wusste. Und sein wir mal ehrlich: das Römer-Setting mit alten Tempeln, mystischen Göttergeschichten, glänzenden Rüstungen und kernigen Gladiatoren ist eben einfach cool! Vielleicht ist nicht immer alles Gold, was glänzt, in diesem überraschenden Fall aber schon!

Jetzt entschuldigt mich, ich schnappe mir jetzt Gummibärchen und eine kalte Cola und löse dieses Mysterium - wie in den guten alten Walkingsims, nur angenehm neu zusammengemixt.

The Forgotten City von Modern Storyteller und Dear Villagers gibt es aktuell für PC, Playstation und Xbox, eine Switch-Version soll dieses Jahr auch noch folgen.

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Judith Carl Avatar
Judith Carl ist Volontärin für News und Social Media bei Eurogamer.de. Judith hat Medienwissenschaften studiert. Sie streamt begeistert am liebsten Rollenspiele und Adventure Games auf Twitch. Ihre weiteren Leidenschaften sind LARP, Pen and Paper, und Trash-Filme.
In diesem artikel

The Forgotten City

PS4, PS5, Xbox One, Xbox Series X/S, PC

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