Das beste Remake, an das 2024 die wenigsten geglaubt haben: Silent Hill 2
Das Original in Ehren.
2022 las ich an der Hochschule die Pressemitteilung von Konami zum Remake von Silent Hill 2. Meine Aufgabe war, eine Pressemitteilung mit besonderem Nachrichtenwert für Journalisten zu finden. Als eingefleischte Survival-Horror-Fanatikerin war diese Nachricht für mich ein Volltreffer. Silent Hill 2 gilt schließlich als das Survival-Horror-Game schlechthin. Damals saß ich also vor meiner Dozentin und versuchte, sie davon zu überzeugen, dass diese Pressemitteilung genau die richtige war – zumindest für mich.
Doch meine anfängliche Begeisterung erhielt einen Dämpfer, als ich den ersten Trailer sah. Die Animationen wirkten steif, fast amateurhaft. Auf Reddit teilten viele User meine Meinung: Die Qualität der Animationen wurde zerrissen, und ich fragte mich, wie Konami und Bloober Team dachten, dass das als Aushängeschild für das Spiel taugen könnte. So schrieb der Reddit-User East_Home_4107: "Nein, das Problem ist, dass die Kämpfe schlecht aussehen, und dass die Spieler im Jahr 2024 kein Spiel mit steifen/schlampigen Kämpfen wollen." Oder der Reddit-User Artistics-Measure schrieb: "Ich glaube nicht, dass irgendjemand Quick-Time-Events will, die eher an actionorientierte Spiele angelehnt sind. Und wenn man bedenkt, wie schnell James mit der Waffe schießen kann und wie weit die Räume zu sein scheinen, dann deutet das auf ein eher schnelles Actiongefühl hin. Im Gegensatz zu dem, was ich persönlich wollte, nämlich ein langsameres Horrorspiel."
Besonders schockierte mich die Plattform-Exklusivität. Nur PS5 und PC? Die Grafik sah doch aus, als wäre sie gerade mal für die PS4 gemacht. Und dann die Änderungen: Ein neues Face Model für James Sunderland und andere Synchronsprecher. Ich kannte Luke Roberts davor nicht und ich hatte schon meine Bedenken, ob er diese depressive und verzweifelte Art rüberbringen könnte. Silent Hill 2, so schien es, würde durch dieses Remake bloßgestellt werden.
Also entschied ich mich, keine Erwartungen mehr zu haben. Moderne Spiele konnten mich oft nicht mehr so packen wie die Klassiker, denn sie waren durch uninspirierte Drehbücher schlichtweg langweilig. Meine Strategie war klar: Keine Vorfreude, keine Enttäuschung.
Jahre vergingen, und 2024, am Anfang meines Praktikums in der Redaktion, kam das Thema wieder auf. Das Remake war plötzlich überall präsent. Und trotz meines Misstrauens begann ich zu überlegen: Vielleicht ist es ja doch nicht so schlecht? Ich hörte die ersten Reaktionen vom Test und schrieb selbst News dazu und wurde neugierig.
Der entscheidende Moment kam, als ich die Disc in die PS5 einlegte. Endlich war es soweit. Ich saß da, starrte auf James – und spielte. Und was soll ich sagen? Es war gut. Verdammt noch mal, es war richtig gut!
Besonders die Gesichtsanimationen waren beeindruckend. Jede Emotion, jede Falte im Gesicht von James wirkte authentisch. Ich erinnere mich, wie ich völlig überwältigt war, als ich die Szene mit James’ verzogenem Gesicht sah, der in ein versifftes Klo griff. Es war so natürlich – ein riesiger Fortschritt im Vergleich zu dem, was ich im Trailer gesehen hatte. Der Sprecher und das Skript waren absolut on point, und ich konnte mich vollkommen in die Geschichte hineinfühlen.
Natürlich war das Remake nicht perfekt. Die Rätsel waren nicht allzu schwer, und das beklemmende Gefühl der Hilflosigkeit, das das Original ausgezeichnet hat, war weniger präsent. Aber dafür brachte das Spiel die emotionale Ebene von James und den anderen Charakteren wunderbar rüber. Das Zittern seiner Lippen, wenn er merkt, dass Mary nicht hier sein kann, oder seine tränengefüllten Augen, während er die Schallplatte hört – all das hat mich tief berührt. Luke Roberts als James Sunderland hat fantastisch abgeliefert.
Am Ende hat Bloober Team mit diesem Remake etwas geschafft, an das niemand geglaubt hat: Sie haben abgeliefert. Deswegen kriegen sie ganz klar den Award für "Das beste Remake, an das 2024 die wenigsten geglaubt haben: Silent Hill 2!"
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