Das ID@Xbox-Powerpaket: Edge of Eternity, The Ascent und Twelve Minutes
Von JRPG über Cyberpunk bis hin zu Zeitschleifen.
Indies sind bei den Konsolenherstellern heute ebenso wenig wegzudenken wie große Triple-A-Titel von Drittherstellern oder Exklusivspiele aus eigenem Haus. Viele Indie-Studios haben sich in den letzten Jahren einen Namen gemacht und bringen ihre Titel auf alle möglichen Plattformen. Auf der Xbox werden sie dabei durch Microsofts ID@Xbox-Programm unterstützt und kürzlich widmete der Xbox-Hersteller drei von ihnen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, ein kleines Presse-Event...
Edge of Eternity - Ein französisches JRPG
Ein JRPG aus Frankreich? Klingt komisch, ist aber nicht so erstaunlich, wenn man die Anime-Affinität unserer Nachbarn bedenkt. Dazu noch eines, das obendrein noch echt hübsch aussieht. Edge of Eternity spielt in der zerrissenen Welt von Heryon, deren Bewohner einen Krieg gegen mysteriöse Invasoren namens Archeliten führen. Dabei geht es vor allem um den Kampf zwischen Magie und Technologie, während zugleich eine schreckliche Krankheit namens Zersetzung unter den Bewohnern wütet, die von den Archeliten mitgebracht wurde.
Was diese Zersetzung bewirkt, zeigt sich anhand einiger kleiner Ausschnitte aus entsprechenden Regionen. Sie sehen wenig einladend aus, sind düster, wirken verfallen, während sich in der Landschaft organisch anmutende Objekte bilden, die alles noch ein wenig gruseliger erscheinen lassen. Natürlich gibt's noch viele andere Regionen der Welt zu sehen, von Stränden über Dschungel bis hin zu Wäldern und schneebedeckten Bergen.
Edge of Eternity, das seit 2016 in Entwicklung und noch bis zum 8. Juni auf Steam im Early Access ist, bezeichnet Producer und Narrative Designer Guillaume Veer dabei als klassisches JRPG, aber mit modernen Elementen. Ihr seid in einer Vierergruppe unterwegs, trefft also verschiedene Charaktere und habt unterschiedliche Ausrüstung, Skills und so weiter - das, was ihr erwartet. Ihr bewegt euch in Echtzeit durch die Welt, während die Kämpfe rundenbasiert auf Hexfeldern stattfinden. Habt ihr ausreichend Schaden angerichtet oder eingesteckt, habt ihr die Möglichkeit, effektive Spezialangriffe durchzuführen.
Grinding spielt dabei weniger eine Rolle, in Truhen versteckt sich zum Beispiel weitestgehend festgelegte Beute. Zudem stellt ihr eigene Gegenstände her und verbessert eure Ausrüstung mit Edelsteinen und Kristallen, schaltet so zusätzliche Boni frei. Bei der Erkundung der Welt hilft euch indes euer Nekaroo, ein katzenähnliches Wesen und Reittier - und ja, es lässt sich streicheln.
Besagten Nekaroo bekommt ihr im ersten Viertel des Spiels: "Es ermöglicht dir, die großen, offenen Welten schnell zu durchqueren und es ist auch nützlich in Nebenquests", erzählt Antonio. "Du kannst damit einige Leute aufspüren und im Boden nach versteckten Schätzen suchen. Es kann eine Menge Dinge riechen und die Spieler zu vielen Orten führen. Und du kannst es natürlich streicheln, das ist das wichtigste Feature des Spiels!"
Er geht davon aus, dass euch das Spiel am Ende über 50 Stunden beschäftigt. Die meisten der aktuellen Spieler und Spielerinnen verbringen ihm zufolge bereits um die 40 bis 50 Stunden damit - und das ohne die Nebenmissionen. Das Ziel des Teams war, ein Spiel zu entwickeln, "das sich erwachsen anfühlt, aber nicht auf eine brutale Art". Am Ende sollt ihr es "zur Unterhaltung spielen", rechnet daher mit Humor, zu Scherzen aufgelegten Mitstreitern und mehr.
Neben dem Krieg und der Krankheit, die einer Pandemie ähnelt, geht es zudem um Themen wie die Zerstörung von Städten und Flüchtlinge. "Kleiner Disclaimer: Wir haben nicht mit einer echten Pandemie gerechnet, als wir vor Jahren die Story geschrieben haben", merkt er an. "Wir wollten zeigen, dass diese Welt - wie unsere Welt - eine Menge schwieriger Probleme zu bewältigen hat. Und mittendrin sind unsere Helden, die darauf trainiert sind, das Richtige zu tun, und im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, ein Heilmittel gegen die Zersetzung zu finden."
Und da wir hier von einem JRPG made in Frankreich reden, stellt sich natürlich die Frage nach der Inspiration und wie stark französische Einflüsse vorhanden sind. Veer zufolge hängt die Antwort auf die Frage nach der Inspiration davon ab, wer im Team gefragt werde. Er nennt Titel wie Final Fantasy, Lost Odyssey, Xenogears, Breath of Fire und Shadow Hearts. "Es gibt subtile Anspielungen auf diese Spiele, zum Beispiel ein Kampf-Achievement-System im Spiel, das an Shadow Hearts 2 erinnert", merkt er an. "Wenn du es schaffst, bestimmte kampfspezifische Aufgaben zu erfüllen, erhältst du mehr Beute. Anstatt Gegenstände von den Gegnern zu stehlen, verdienst du sie dir durch Herausforderungen."
Wie er angibt, hat das Team versucht, die japanische Art, eine Geschichte zu schreiben, zu emulieren: "Aber wir sind immer noch Franzosen mit unseren eigenen Empfindungen und Sensibilitäten, also wird das Spiel das natürlich widerspiegeln. Es ist immer noch ein JRPG und es wird sich wie eines anfühlen, aber trotz allem auch wie ein europäisches. Du musst es ausprobieren, um es zu fühlen."
The Ascent - Cyberpunk trifft Sci-Fi aus der Vogelperspektive
In eine komplett andere Richtung geht The Ascent, ein Mix aus Top-Down-Shooter und Action-RPG. Cyberpunk aus der Vogelperspektive, wenn ihr es so nennen möchtet. Auf jeden Fall sieht's sehr cyberpunkig und vor allem sehr hübsch aus, wenn ihr euch durch die teils mit Neon durchfluteten Gassen dieser offenen Welt bewegt. Und das den Entwicklern zufolge komplett nahtlos ohne Ladebildschirme, von Anfang bis zum Ende.
Den Titel spielt ihr nicht nur alleine, auf Wunsch ladet ihr weitere Mitstreiter und Mitstreiterinnen ein. Damit die Gegner dann nicht von eurer Wucht überrannt werden, steigen ihre Gesundheit und der Schaden, den sie anrichten. Die Spieler und Spielerinnen können sich indes gegenseitig wiederbeleben. Charakterklassen gibt's indes nicht. Was eure Figur kann, hängt allein davon ab, worin ihr eure Skillpunkte investiert. Ebenso lassen sich Cyberpunk-typisch Augmentationen beziehungsweise Module anbringen und austauschen, was dann Einfluss auf euer Gameplay nimmt. Anpassungen sind so jederzeit möglich, falls ihr was interessantes Neues findet, das ihr ausprobieren möchtet.
Den Entwicklern zufolge macht das definitiv mehr Spaß, als sich auf einen festen, unveränderlichen Pfad zu begeben: "Es hängt rein von der Wahl der Skills ab, es ist komplett klassenlos", sagt Mitgründer und Creative Director Tor Frick. "Und wir lassen dich das im Laufe des Spiels anpassen, weil wir denken, dass es interessanter ist und mehr Spaß macht, wenn du experimentieren und ein bisschen damit herumspielen kannst, anstatt dich auf etwas festzulegen, bevor du das Spiel überhaupt gespielt hast."
Frick zufolge gab es die üblichen Cyberpunk-Inspirationen für das Spiel, ob aus Filmen, Büchern, Comics und so weiter. Gleichzeitig versteift das Team sich nicht allein darauf und möchte für ein wenig frischen Wind sorgen. "Wir haben Aliens und ein viel größeres Sci-Fi-Feeling im Spiel, als es traditionell bei Cyberpunk der Fall ist", merkt Frick an.
Traditionell gibt sich das Spiel zum Teil in Sachen Steuerung. Wie in einem Twin-Stick-Shooter bewegt ihr euch mit dem linken Stick des Controllers, während ihr mit dem rechten Stick Feinde anvisiert. Hinzu kommt noch eine weitere Ebene, denn ihr könnt entweder hoch oder niedrig zielen: "Das spielt auch bei den Gegnern eine Rolle, manche Kontrahenten sind kurz und du triffst sie nicht, wenn du hoch zielst", erklärt Mitgründer und Creative Director Arcade Berg. "Und Feinde, die eher zur humanoiden Sorte gehören, können in die Hocke gehen und stehen. Das heißt also, dass du das immer im Hinterkopf haben musst, du machst es mit dem linken Trigger, wenn du kämpfst." Zugleich müsst ihr ebenfalls darauf achten, wie ihr euch bewegt, wo ihr euch hinkniet und wo ihr unter Umständen in der Schusslinie seid.
Neben der Hauptstory lässt sich natürlich die Spielwelt erkunden, wo ihr unter anderem Nebenmissionen und viele andere Dinge aufspürt: "Es hat einen Wiederspielwert und du wirst wahrscheinlich nicht alles im Spiel finden, wenn du es einfach einmal durchspielst", sagt Frick dazu. "Es gibt eine Menge zu finden", der Fokus des Teams lag aber zuerst einmal darauf, dass Spieler und Spielerinnen bei ihrem Trip durch diese Welt Spaß haben.
Unterstützung findet die Story des Spiels durch eine Menge Zwischensequenzen und erzählerische Elemente. "Wir haben schon früh gesagt, dass wir kein Spiel machen wollen, das mit einer guten Story oder anderen Dingen steht und fällt, sondern dass wir darauf achten, dass alles passt", betont Berg. "Die Hauptkampagne ist komplett storygetrieben mit Vertonung und Cutscenes in jeder Mission, für jeden Bossfight."
Gleichzeitig sei es ein "riesiges Spiel". Wie viel Story ihr in einer Session erlebt, liegt an euch. Wenn ihr einen Abend allein nach Beute suchen möchtet, habt ihr weniger von der Story. "Aber auch jede Nebenmission hat ihre eigene kleine Geschichte", versichert er. "Es hängt also davon ab, wie du spielst, was du spielst und warum du es spielst, wie sehr das deine Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Aber wenn du eher der Story-Typ bist, kannst du es als Story-Spiel spielen."
Twelve Minutes - Und täglich grüßt der Mörder
Und zum Abschluss gibt's noch eine Zeitschleife für euch. Eine, in der ihr jeweils zwölf Minuten Zeit habt, um einen Verbrechen beziehungsweise einen Mord zu verhindern. Dabei beginnt alles ganz friedlich, mit einem vermeintlich romantischen Abend mit eurer Frau. Bis ein Polizist in euer Haus kommt, eure Frau des Mordes beschuldigt und euch zu Tode schlägt. Und geht's von vorne los. Immer und immer wieder, während ihr nach neuen Hinweisen und Möglichkeiten sucht, die Zeitschleife zu durchbrechen.
Ein kleines, feines Indie-Spiel aus der Feder von Creative Director Luis Antonio. Er bezeichnet es als "interaktiven Thriller" aus der Vogelperspektive, in dem es weder Ziele noch Aufgaben gibt. Das Spiel sagt euch nie, was zu tun ist, es führt euch in keine spezifische Richtung. Es liegt an euch, Stück für Stück alles herauszufinden.
Und obendrein gibt's mit Daisy Ridley, James McAvoy und William Dafoe namhafte Synchronsprecherinnen beziehungsweise Synchronsprecher für die drei Hauptfiguren. Dabei war das zu Anfang gar nicht geplant: "Am Anfang habe ich nie darüber nachgedacht, es ging mehr darum, Dialoge oben im Bild zu haben", erzählt er. "Aber als es immer weiter wuchs, wurde mir klar, dass es das Spiel auf eine andere Ebene heben würde, wenn ich Leute für die Vertonung dieser Charaktere gewinnen könnte." Anfangs arbeitete er mit Microsoft zusammen, später mit Annapurna Interactive. Deren Connections ermöglichten ihm letzten Endes, diesen hochkarätigen Cast für das Spiel zu gewinnen.
Bevor sich Antonio eingehender mit der Geschichte seines Spiels befasste, legte er den Fokus auf Gameplay und Design. So kam er nach und nach auf die kleine Wohnung als Schauplatz und auf die drei Hauptfiguren. Ihm zufolge macht es dass "sehr persönlich, sodass du dich für diese Charaktere interessierst". Dann ging es darum, eine Story zu finden, die dieses Gameplay rechtfertigt und Sinn ergibt.
"Es gab nicht wirklich eine Inspiration in Bezug auf die Geschichte, es kam einfach von selbst", betont Antonio. "Ich habe mir angeschaut, wie Filme Geschichten erzählen, wie ich sicherstellte, dass das, was wir zeigen, später Verwendung findet und dass alles, was die Charaktere sagen, mit allem übereinstimmt. Was du in der ersten Schleife lernst, ist auch in der letzten Schleife relevant - und es gibt nichts, was nicht wichtig ist."
Auf der Produktseite des Spiels ist indes die Rede davon, dass es "die traumähnliche Spannung von Shining mit der Klaustrophobie von Das Fenster zum Hof und der fragmentierten Struktur von Memento verbindet". Die Inspiration kommt hier dadurch, wie diese Filme ihr Medium nutzen, um ein Thema oder eine Botschaft zu vermitteln: "Wie Memento diese fragmentierte Struktur hat, um das Gefühl zu vermitteln, dass die Figur diese Erinnerungsprobleme hat", erklärt er. "Oder Kubrick in The Shining, bei dem das Design der Flure und des Hotels desorientierend wirkt, oder wie sich die Dinge außerhalb des Bildes verändern. Es gibt ein paar Regisseure, deren Vorgehensweise ich bewundere und die ich in dieses Projekt einbringen wollte."
Der Hauptcharakter ist sich dabei absolut bewusst, dass er sich in einer Zeitschleife befindet, und je länger es geht, desto mehr beeinflusst es ihn. Zugleich eröffnen sich neue Optionen: "Wenn das Spiel startet, sind die Möglichkeiten, mit deiner Frau zu sprechen, noch begrenzt", erläutert er. "Wenn etwas passiert, wenn du den Polizisten triffst, dann kannst du der Frau sagen, dass ein Polizist kommt. [...] Du triffst viele merkwürdige Entscheidungen, die seine Persönlichkeit und sein Verhalten im Laufe des Spiels beeinflussen."
Und wie sieht es mit den Enden aus? Wie viele gibt es? Dazu sagt Antonio: "Das war eine wichtige Frage für mich. Ich mache ein Spiel, in dem sich die Zeit wiederholt und es geht immer weiter. Wie würde ein Ende von etwas, das nicht aufhört, aussehen? In einem Film hast du eine lineare Erfahrung, du erreichst einen Moment, an dem das endet, was du dir anschaust, aber ein Spiel hat diese Einschränkungen nicht. Daher ist das Konzept des Endes für dieses Spiel ein wenig anders als das, was die meisten Leute erwarten. Es wird einen Moment geben, in dem du dir denkst: Ich bin fertig mit dieser Erfahrung, ich bin an einem, zufriedenstellenden Ende angekommen. Aber es gibt kein Ende in dem Sinne, dass es aufhört, der Abspann kommt, Game Over, aus. Das gibt es nicht."
Die letzte, alles entscheidende Frage: Warum heißt das Spiel Twelve Minutes? Warum sind es nicht 13? oder 15? Warum läuft die Zeitschleife exakt zwölf Minuten? Antonio erklärt den Namen damit, dass er im Jahr 2015 einen Prototyp des Spiels für die PAX erstellt hatte und auf der Suche einem Titel war. Und da die Zeitschleife im Spiel zwölf Minuten lang war, führte eines zum anderen. Zugleich bevorzugt er eine solch kürzere Zeitspanne, nicht zuletzt, um Frust bei Spielern und Spielerinnen zu vermeiden. Bei einer 24-stündigen Zeitschleife könne ein Fehler mittendrin schmerzhaft sein, zwölf Minuten ermöglichen ein viel direkteres Feedback.
Am Ende haben wir hier drei komplett unterschiedliche Spiele für verschiedene Geschmäcker, die eines gemeinsam haben: Sie alle sehen gut aus, sie alle wecken Neugier und Interesse. Drei Titel, die ihr im Auge behalten solltet, wenn ihr euch für das jeweilige Genre beziehungsweise die Thematik interessiert. Mein Favorit aus diesem Dreierpack? The Ascent. Sieht schick aus, bietet ein für mich spannendes Setting und zu einer zünftigen Ballerei, die sich wahrscheinlich auch zwischendurch gut spielen lässt, sage ich nicht nein.