Das inoffizielle "Zendaya Soulslike" bricht mir das Herz: Flintlock – The Siege of Dawn
Von der Wichtigkeit solider Grundlagen.
Man verzeihe mir, dass auch Flintlock: The Siege of Dawn, nach Hinterberg, wegen der Überschneidung mit meinem Urlaub keinen kompletten Test bekommt. Aber ein paar Takte will ich nach etwa sechs Spielstunden dann doch noch zum Soulslike von A44 sagen.
Ich hatte mich wahnsinnig hierauf gefreut. Ashen, das letzte Spiel der Neuseeländer, war gewissermaßen mein Dosenöffner zum Souls-Genre. Wunderhübsch, dabei fordernd, aber doch zugänglich. Vor allem jedoch war es eins: fremdartig. Und dann diese Musik, die die Einsamkeit einer um ihre Wiedergeburt kämpfenden Welt perfekt untermalte. Ich fand es schlichtweg großartig, aufwühlend, aber auch traurig machend. Klar, dass ich danach Flintlock ziemlich weit oben auf meiner Liste hatte.
Spannende Ansätze, talentiertes Team
Die Grafik ist nun weniger stark stilisiert als noch in Ashen (was ich schade finde), das Thema ein wenig mehr in die Gegenrichtung gebürstet – es ist eine Welt, die sich gegen den Untergang stemmt, anstatt aus ihm neu zu erblühen. Der Kampf zielt mit Hammer Steinschlosspistole mehr in Richtung Bloodborne, wenn Schüsse Unblockables von Feinden unterbrechen. Dennoch gibt es Block, Parade und Ausweichrolle. Allgemein ist Flintlock entschieden schneller, als das klassischere Ashen, Protagonistin Nor, die Filmstar Zendaya (Dune, Spider-Man) in Statur und Antlitz nahezu unheimlich ähnlich ist, entschieden mobiler.
Außerdem ist sie im Kampf mit mehr Optionen gesegnet, wenn man zum Beispiel Nors steten Begleiter, Fuchsgott Enki, auf Knopfdruck ebenfalls die Feinde bearbeiten lässt. Das ist auch gut so, denn Nor hat es häufiger als der Spieleravatar von Ashen mit zwei bis drei Gegnern zugleich zu tun. Eine spannende Risiko-Belohnung-Mechanik wirkt auf Anhieb extrem anziehend, wenn Nor das Seelenäquivalent, hier “Ruf”, entweder direkt auf ihr Upgrade-Konto eintüten kann oder damit zunächst einen Multiplikator hochtreibt, der die Ruf-Erlöse substanziell steigert. Der Haken: Werdet ihr getroffen, verliert ihr den Mulitplikator und allen noch nicht eingetüteten Ruf. Ein kluges, spannendes System, das den Einsatz einer jeden Konfrontation deutlich erhöht.
Außerdem mag ich die verschachtelte Welt. Ich fand die Umgebungen in Ashen zwar evokativer, mysteriöser, was sicherlich auch an dem Wechsel von weichgezeichneten, stilisierten Visuals, hin zu einer Art-Direction liegt, die ein paar Grad weniger von der Realität entrückt ist. Trotzdem steckt Flintlock voller schöner Panoramen und befriedigender Abkürzungen, die man oft genug mithilfe von Enkis Zauberkräften fliegend überbrückt. Vor allem aber bleiben viele Bereiche nicht verwüstet: Befreit man ein Areal, indem man einen Sub-Boss dort besiegt, kehrt das Leben hierher zurück, alle vertriebenen Menschen siedeln sich hier wieder an und spenden Gemeinschaft und Sicherheit. Es ist ein schönes Bildnis für Fortschritt in einer Welt, die dem Verderben anheimgefallen ist.
Wenn es an den Basics hapert...
Und dennoch werde ich nicht richtig warm mit dem Spiel, was vor allem an Versäumnissen bei ganz Grundsätzlichem liegt: Insbesondere das Movement wirkt arg schwerelos und flatterhaft, wenn sich Nor auf einem Bierdeckel zu drehen vermag. Der Kampf fühlt sich öfter unpräzise an, manch ungelenke Animationen und ein seltsamer Rhythmus beim Übergang von Verteidigung zu Angriff und wieder zurück sorgt dafür, dass er mir nie so recht in Fleisch und Blut übergehen wollte. Ich bekomme regelmäßig Probleme, den Überblick über Kämpfe zu behalten, wenn Nor mal wieder langsamer ihre Pistole zieht, als sie müsste, um einen unblockbaren Angriff zu unterbrechen. Die Schlachten, die ich gut und souverän hinter mich bringe, halten sich die Waage mit solchen, in denen ich einfach nicht in den Flow komme.
Auch die Art, wie sich die Welt wieder bevölkert, wenn man einen Regionsboss besiegt hat, ist nicht gerade elegant gelöst. Liegt der letzte Feind, wird einfach ab- und übergeblendet in einen Zustand, in dem wieder alles in Ordnung ist, die Leute wieder ihr Ding machen und sogar das Kaffeehaus wieder geöffnet hat. Wie mit einem Blinzeln sind alle wieder guter Dinge und das wirkt arg hingebogen und letztlich unbefriedigend.
Deshalb muss ich leider sagen, dass Flintlock – The Siege of Dawn nach dem tollen Ashen bis hierhin eine Enttäuschung ist. Ein Spiel voller interessanter Ansätze. Eines, das ich lieben wollte und dessen Ankunft mitten in meinem Urlaub meiner Bretagne-Stimmung sogar einen kleinen Dämpfer verpasste. Wie gern hätte ich mich hier voll reingehangen. Stattdessen bekomme ich beim Spielen von Flintlock große Lust, einfach mal wieder einen Durchgang mit dem Erstlingswerk hinzulegen oder Lies of P endlich mal die verdiente Chance zu geben. Dennoch bleibe ich wohl noch ein wenig dabei und sollte mich das Spiel doch noch rumkriegen, berichte ich hier davon. Für den Moment sieht es jedoch nicht danach aus.