Das Mega Drive Mini: So gut laufen die SEGA Klassiker im Kleinformat
Zum Liebhaben sooo niedlich! Zum Spielen … sicher, warum nicht.
Das nächste Mini-System steht an und es wird das beste überhaupt! Die Mini-PC-Engine mit einer unglaublichen Auswahl an einigen der besten Games, die jemals erschienen!! Vorher kommt aber erst mal das Mega Drive Mini. Das zweitbeste System, dass es jemals gab und eine Konsole die ... wie sagte ich es mal: "Mein Mega Drive ist geiler als Deine ganze Next-Gen!".
Gilt das auch für das Mega Mini, das SEGA nun selbst in die Hand nahm, oder endet es wie die Mini-PlayStation als Ausgangspunkt für Bastler, die die Arbeit reinstecken, für die sich der eigentliche Hersteller zu schade war? Oder noch schlimmer, wird es zu einer weiteren simplen Wegwerf-Möglichkeit schlecht emulierte SEGA-Spiele über einen HDMI-Ausgang zu spielen, denn daran gibt es keinerlei Mangel. Manche mit der Möglichkeit, die Original-Module einzulesen und im Emulator abzuspielen, manche ohne und alle mit mal mehr, mal weniger Macken versehen. Opfer sind dabei in der Regel zuerst der Sound, dann das Bild und einige sind nicht mal in der Lage, die Spiele generell laufen zu lassen.
Nintendo legte ja bereits zwei brauchbare Geräte vor und nach ein, zwei Stunden mit dem SEGA-Mini kann ich sagen, dass SEGA zumindest dem alten Konkurrenten nicht nachstehen möchte. Ihn leider auch nicht überbieten, aber eine ganze Menge der Fehler, die die teilweise eigentlich ganz niedlichen Drittanbieter-Emulations-Maschinchen machen, umgeht man. Erst einmal klingt das Mega Drive Mini wie ein Mega Drive. Nicht so satt und kräftig wie ein First-Run-First-Gen Model 1, aber die Instrumentation wird korrekt wiedergegeben, die Tonhöhen stimmen, das heißt, dass Sonic nicht nur einen Bass hat, sondern auch auf absurde Fiepser in den Höhen oder andere Sünden verzichtet. Alles schon vorgekommen. Auch der ultimative Soundtest in Form von Streets of Rage 2 wird bestanden, wobei da natürlich dann noch ein Vergleich Seite an Seite mit dem Original zeigen muss, ob das perfekt ist. Aber gut genug, um es ohne Irritationen zu spielen, war es auf jeden Fall.
Die Grafik läuft auf den ersten Blick ebenfalls nah genug an dem, was ein RGB-Mega-Drive ausgibt, wobei ich mir bei dem Scaling nicht ganz im Klaren bin. Die Monitore waren simple 22 Zöller aus der Spar-Ecke, zu dunkel und eben ziemlich klein. Es wird spannend, ob "pixel-perfect" immer noch gilt, wenn man es neben das Framemeister-Bild als Referenz hält. Auf diesen Monitoren jedenfalls wirkte manche Pixel-Kante ein wenig verwaschen, je nach Farbübergang. Monitor-Fehler, mäßiges HDMI-Kabel oder doch einfach der Kompromiss, den man eingehen muss, wenn der Scaler nicht allein schon 300 Euro kosten soll? Aber wie auch beim Sound, das ist das Suchen nach Fehlern, die man eben suchen muss und einem nicht sofort ins Auge springen, womit man auch hier schon weiter ist, als so ziemlich jedes der Drittanbieter-Möchtegern-Mega-Minis.
Der Controller ist erstaunlich nah am Original. Ich habe erst ein wenig rumgenölt, dass das D-Pad sehr scharfe Kanten hat und für Street-Fighter-Moves fast schon schmerzhaft ist - was auch stimmt -, aber meine Erinnerung ließ mich offenbar im Stich, als ich behauptete, dass das früher nicht so war. Ich packte meine drei Original-Controller aus und siehe da, ja, die haben auch scharfe Kanten. Ob die Größe auf den Millimeter exakt gleich ist, wird man sehen, aber mich würde es nicht wundern, wenn das exakt die Form war, in der das Pad auch schon vor 25 Jahren gepresst wurde. Auch der Druckpunkt der Knöpfe fühlt sich authentisch an, passt erneut.
Die eigentliche "Konsole" schließlich ist ein echtes Schmuckstück. Sicher, der Modulschacht oder der Laustärkeregler sind nur zum Schein, aber zumindest liebevoll gearbeitet. Die Farbkanten zerfließen nicht durch billigen Druck, es wirkt wie ein brauchbares Modellbau-Kit einer Konsole, so wie ein kompetent gebauter Revell-Bausatz das brauchbare Modell eines Flugzeuges ist. Lediglich die USB-Slots für die Controller stören die Illusion, sonst ist das ein echter kleiner Hingucker, der sich gut neben Nintendos Minis machen wird.
Kommen wir zur Software, die nicht die Spiele sind. Sound und Grafik machen einen wie gesagt guten Eindruck, was die Emulation angeht, ansonsten hinterlässt das Ganze jedoch wieder mal den Eindruck, dass man mit einem guten PC-Emulator wie immer weit besser fährt, schlicht weil hier alle sonst üblichen Features entfernt wurden. Sound-Optionen scheinen komplett Fehlanzeige. Auf der Grafik-Seite gibt es einen einzigen Scanline-Filter, der auf diesen Monitoren zumindest unbrauchbar war, weil alles viel zu dunkel wurde. Ihr habt den üblichen unsäglichen Stretch auf 16:9, der verboten gehört und, wenn man den nicht nutzt, zwei oder drei Hintergründe für den Bereich links und rechts, von denen einer zum Glück schlichtes Schwarz bietet. Es gibt Speicherstände für jedes Spiel, das ist gut, aber Controller-Optionen ließen sich nicht großartig ausmachen. Es ist auch nicht ganz klar, ob andere USB-Controller akzeptiert werden, das wird man dann wohl ausprobieren müssen.
Bei den Spielen gibt es dann wieder deutlich mehr gute Nachrichten als bei den Optionen, sie zu spielen: Sie laufen alle im richtigen, abgedachten Tempo, sprich 60 Frames. Damit ist dies praktisch eine NTSC-Konsole oder zumindest eine mit einem Umbau-Switch, wer so etwas noch kennt. Die Auswahl selbst ist eine gar nicht so uninteressante Mischung aus den üblichen Verdächtigen, die man von zig auch offiziellen SEGA-Sammlungen kennt, aber es beschränkt sich nicht darauf, wie ich es eigentlich befürchtet hatte. Das relative Highlight ist natürlich die Tetris-Version, die es als Modul nur eine Handvoll Male gibt, als Emulation aber seit Anbeginn der Zeit zu haben ist. Als Exot ist sie damit nicht ganz auf dem Level eines Star Fox 2, aber immerhin.
Street Fighter 2 Championship Edition soll euch natürlich zum Kauf der optionalen 6-Button-Pads verleiten. Herausragen tun auf jeden Fall einige weitere Titel nicht von SEGA selbst: Castlevania: Bloodlines und Probotector von Konami, Capcoms Mega Man: The Wily Wars und Strider und EAs Road Rash 2. Mal was anderes. Darius ist ein heute nicht mehr so bekannter Taito-Shooter, bei dem gerne auch der zweite Teil hätte dabei sein dürfen. Das wäre jedenfalls besser gewesen, als uns einmal mehr mit Eternal Champions zu beleidigen. Da fällt der Doppelpack aus Castle und World of Illusion gleich fiel positiver auf. Was den Rest angeht, ist es die übliche SEGA-Sammlung, aber deutlich im Umfang zurückgefahren: Es gibt nur das erste Golden Axe, nur ein Shinobi - Teil drei -, nur ein Thunder Force - wieder Teil 3 - und nur ein Streets of Rage - zum Glück nicht Teil drei, sondern das zweite. Warum nur das erste und nicht das zweite Shining Force? Oder kein Shining in the Darkness, das ja auch Teil der letzten Sammlung war? Schwer zu sagen, Speicherplatz dürfte heutzutage wohl keine gültige Ausrede mehr sein. Die gesamte Auswahl wirkt trotz einiger frischer Highlights wie ein seltsamer Flickenteppich aus einer Zeit, in der man sich noch überlegen musste, welches Megabyte man über sein 14k-Modem runterladen wollte.
Als jemand, der Original-Hardware bevorzugt, fällt es mir immer schwer, für ein Mini-System Enthusiasmus aufzubringen. Selbst von einer Emulator-Perspektive wirken diese Geräte immer nur halbherzig und das Mega Drive Mini ist hier mit seinen wenigen Optionen für Bild und Ton keine Ausnahme. Aber zumindest bekommt es das Bild und den Ton so gut hin, dass ich mich fragen muss, ob es 1:1 sein könnte oder nur sehr nah dran ist. Das ist schon viel wert. Und dann ist da natürlich die niedliche Packung in Form der liebevoll gestalteten Mikro-Pseudo-Konsole, die ich mir so schon sofort ins Regal stellen würde. Das ist am Ende wohl auch der Sinn des Ganzen. Wer die alten Games will, dürfte sie in der einen oder anderen Form wohl schon spielen. Wer ein Fan-Goodie haben will, dass das, was es tun soll, auch gut hinbekommt, wenn man es dann mal anschließt, der wird hier dann nicht schlechter fahren als bei Nintendo und weit besser als bei Sony.