Das Pokémon Go Fest 2019 beweist, dass der Westfalenpark die perfekte Location ist
Ein wahres Fest für Besucher.
Ich bin überrascht. Aber bin ich das wirklich? Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass es zirka 9:30 Uhr ist, offizieller Einlass ist erst ab 10 Uhr. Und doch strömen die ersten, nein, viele Richtung Westfalenpark, wo zum ersten Mal ein Pokémon Go Fest in Europa stattfindet. Ich grinse angesichts der Vielzahl der Gleichgesinnten, die wie wir den Weg nach Dortmund gefunden haben, um Pokémon Go zu spielen. Einige reisen allein an, andere in kleinen und größeren Gruppen. Manche sind mit ihrer Familie und mit Freunden da, es treffen sich Leute, die bis dato allein über das Internet Kontakt hatten. Und das aus vielen Ländern. Als einziges Pokémon Go Fest in Europa zieht der Westfalenpark viele Menschen aus dieser Region an, auch aus Japan machen sich Besucher auf den Weg. Eine halbe Stunde vor Einlass pilgern hunderte von Menschen zu ihrem entsprechenden Eingangsbereich und fangen dabei die ersten Pokémon, während die Besitzer eines Early-Access-Tickets bereits seit 8 Uhr im Park unterwegs sind.
Es begegnen uns Erwachsene und Kinder in Pokémon-T-Shirts, so manch einer hat einen Karpador-Hut auf, andere wiederum haben sich vom Anime/Manga inspirieren lassen und besuchen das Fest verkleidet als Ash, Misty und Co. Noch bevor die großen Massen in den Park strömen, bilden sich Schlangen am Merchandising-Stand, wo unter anderem Plüsch-Pokémon und offizielle Go-Fest-Shirts auf neue Besitzer warten. "Da hinten ist noch ein Stand mit T-Shirts. Da muss man nicht anstehen, glaubt mir", sagt ein Spieler neben einer der langen Schlangen für die T-Shirts. Manche wirken skeptisch, auch ich bin es und wage es dann doch, meine Position in der Schlange aufzugeben und mich umzusehen. Der Hinweisgeber hatte Recht. Nur einmal um die Ecke, schon halte ich mein T-Shirt in den Händen. Leider nur in Grau, das schwarze kann man nur gewinnen, wird mir erzählt. Währenddessen erforschen die anderen Trainerinnen und Trainer bereits das riesige Gebiet des Westfalenparks, entdecken die vier speziellen Bereiche im Park, die für die Spezialforschung wichtig werden. So machten es sich in der Steel Factory Stahl- und Psycho-Pokémon bequem, am Boat Lake waren natürlich die Wasser-Pokémon anzutreffen und im Rocky Terrain tummelten sich allerlei Boden- und Gestein-Pokémon.
„Hey", werden wir von der Seite angesprochen, „können wir Freundes-Codes tauschen für die Feldforschung?", fragt uns ein unbekannter Spieler auf Englisch, es soll an diesem Tag nicht der letzte bleiben. Es ist ein cleverer Kniff, um die Interaktion zwischen den Spielern noch zu fördern. Über die Anfragen hinaus entstehen Gespräche, egal ob die Leute jetzt aus Deutschland, Spanien, Norwegen oder Schweden kommen.
Beim ersten Erkunden des Parks fällt uns auf, dass das Wetter an dem Tag nicht besser hätte sein können. Es ist leicht bewölkt, die Temperaturen sind angenehm, weit entfernt von den erdrückenden über 30 Grad der Vorwoche. In diesen Tagen finden sich hier viele Spieler ein, um auf die Jagd nach seltenen Pokémon zu gehen und eine großartige Zeit mit Freunden zu haben und neue Bekanntschaften zu schließen. Und das sind bei weitem nicht allein junge Leute. Das gesamte Spektrum ist vorhanden, von ganz jung bis ganz alt, von topfit über Krücken bis hin zu Menschen, die im Rollstuhl sitzen - ich für meinen Teil kämpfe noch mit den Nachwirkungen und leichten Schmerzen einer Bänderdehnung im Fuß. Egal, Hauptsache dabei und Zähne zusammenbeißen.
Unsere Spezial- und Feldforschungen führen uns im Gegensatz zum vergangenen Jahr nicht planlos kreuz und quer durch den Park - ein Pluspunkt. Ebenso schön war die Einbindung der einzelnen Bereiche in die Spezialforschung für Jirachi. Unter anderem galt es, verschiedene Arten in den einzelnen Biomen zu fangen und dann Fotos mit einzelnen Pokémon in diesen zu machen. So führte die Quest die Besucher auf einem Rundweg mindestens zweimal durch den Park und die Menge blieb in Bewegung. Mal galt es Fotos von Stahl-Pokémon im Rocky-Terrain-Bereich zu schießen, mal mussten wir bei einem gelben Sandstrand und Palmen Bilder von einem Wasser-Pókemon machen. Die einzelnen Bereiche waren durch Fahnen und authentische Dekorationen entsprechend verziert und machten Lust auf die Entdeckungstour.
Dazwischen pilgern weitere Besucher über die Wiesen. Einer von ihnen bleibt stehen, reißt die Arme hoch und schreit "shiny", begrüßt ein neues schillerndes Pokémon in einer Sammlung. Solche Jubelschreie vernehmen wir an diesem Tag öfter, die Fangrate ist für Teilnehmer spürbar höher, allerdings immer noch - leider - unausgeglichen. Wo die einen fünf finden, gehen andere mit 20 und mehr nach Hause.
Nichtsdestotrotz wirkt es wie ein Volksfest für Pokémon-Go-Spieler. Trainer aus aller Welt können an einer Station PvP-Kämpfe austragen. Auf der Suche nach einem Pachirisu, das sonst allein in Alaska sowie im nördlichen Kanada und Russland auftaucht? Kein Problem. Einfach an einer Trading-Station eine Karte ausfüllen mit den Pokémon, die noch im Pokédex fehlen, und damit herumlaufen - schon trifft man hoffentlich einen anderen Spieler, der einem weiterhelfen kann.
Die drei großen Team Lounges locken in der Zwischenzeit mit zahlreichen Bänken und Tischen zur Pause, an mehreren Orten sind Food Trucks versammelt, die hungrige Mägen mit einer Stärkung versorgen - Pizza, Fleisch, Burger, Fisch und so weiter. Abseits der ebenso vorhandenen, erwerbbaren Getränke gibt es jeweils in der Nähe der Team Lounges kostenlose Nachfüllstationen für frisches Wasser.
Insgesamt hinterlässt das Event in seiner Gesamtheit einen besseren Eindruck als die letztjährige Safari Zone. Damals gab es Probleme mit dem Rauch im Spiel, ebenso viele Verbindungsprobleme. In diesem Jahr hat sich Niantic zusammen mit den Partnern gut vorbereitet. Die zusätzlich aufgestellten Handymasten der großen Anbieter sorgten für ein überwiegend - abgesehen von zeitweilig kleinen Problemen bei Vodafone, die wir erlebten - reibungsloses Spielvergnügen. Wenngleich das bei einem Ticketpreis von 25 Euro für einen Tag spielen im Park zu erwarten ist, alles andere wäre eine herbe Enttäuschung.
Nächstes Jahr wäre es nett, wenn Niantic die Nachfüllstationen für das Wasser besser hervorhebt. Im ganzen Gedränge und neben anderen Ständen oder Toiletten sind sie leicht zu übersehen, ein paar mehr täten ebenso keinem weh. In regelmäßigen Abständen waren zudem Nachladestationen für den Strom aufgestellt, was zur Versorgung dieser großen Masse allein nicht ausgereicht hätte. Viele waren aber vorbereitet und mit ihren Powerbanks im Gepäck angereist, um ihr Smartphone zu füttern.
Die Einbindung der Stadt Dortmund war in diesem Jahr hingegen nicht so spannend wie im letzten Jahr. Dass man Ticketkäufern exklusive Dinge bieten möchte, ist verständlich, wenngleich die Spawns in der Stadt im Gegenzug das Besondere vermissen ließen. Hinzu kam, dass das Go Fest mit der Wiederholung des Bummelz-Commnity-Days über mehrere Tage hinweg zusammenfiel. Daher dominierte Bummelz das Geschehen außerhalb des Parks.
Im letzten Jahr ermutigte das noch zum zusätzlichen Erkunden der Stadt - am Sonntagmorgen des vergangenen Jahres war die Dortmunder Innenstadt prall gefüllt mit Pokémon-Go-Spielern -, zumal es 2018 im Park mehr Probleme mit der Verbindung gab. In diesem Jahr war das nicht der Fall. Natürlich wurde außerhalb des Parks gespielt, mehr als 200.000 Spieler waren in der Region unterwegs und änderten alle paar Minuten die Farben der Arenen. Was fehlte, war diese spezielle Gefühl, mit tausenden anderen Spielern auf der Suche nach Pokémon durch die Stadt zu pilgern.
Nach dem Verlassen des Parks wirkte es im letzten Jahr nicht so, dass der Tag vorbei wäre. Heuer entstand ab 18 Uhr, dem Ende des Events an den einzelnen Tagen, der Eindruck eines harten Cuts. Zu hart. Gelänge es Niantic, das im nächsten Jahr besser und ausgeglichener zu regeln, das Spielen in der Stadt ein Stück weit interessanter zu machen, wäre es die perfekte Kombination.
Insgesamt waren wir zufrieden mit dem diesjährigen Ablauf des Events. Wir trafen Freunde, hatten Spaß beim Spielen, größtenteils keine Probleme und fingen viele Pokémon - wenngleich die Aufteilung der schillernden Pokémon ein wenig unausgeglichen war. Am Ende war es eine tolle Zeit, ein wunderbarer Tag und kein stressiges, sondern ein entspanntes Erlebnis. Niantic hat vieles richtig gemacht.
Fotos: Tina Leistenschneider