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Das S.W.I.N.E.-Remaster hätte es nicht gebraucht – warum freue ich mich trotzdem drüber?

Die alte Geschichte vom Hasen und ... dem Schwein?!

Huch? Wo kommt das denn her? Hat das irgendwer bestellt? In Zeiten, in denen in jedem zweiten Spielerhaushalt die Stapel schamvoll ungespielter Spiele bis unter die Decke reichen, mit dem Remake eines 18 Jahre alten osteuropäischen Echtzeitstrategiespiels zu kommen, ist schon irgendwie ... wahnsinnig lustig.

Hey, nichts gegen S.W.I.N.E. an sich, das ist schon damals kein Schlechtes gewesen. Aber die Zielgruppe dürfte heute verschwindend klein sein. Denn erstens erinnern sich hieran nicht mehr viele und ein guter Teil von denen, die meinen, das noch zu tun, verwechseln es in diesem Moment mit Frontschweine. Stimmt's? Nun denn, hier ist es nun, nicht bestellt, und von mir doch abgeholt. Auf halbem Wege durch die Hasenkampagne hindurch muss ich sagen ... ich schätze, ich spiel' das sogar weiter.

Das Wechselspiel der Einheiten untereinander ist überschaubar. Spaß macht es vor allem, aus der zweiten Reihe für Reparaturen zu sorgen.

Es ist einfach eine interessante Erinnerung an eine Zeit, in der Echtzeitstrategie sich etwas einfallen lassen mussten, um sich von Command & Conquer und Warcraft abzusetzen, um dem schon schrumpfenden Marktsegment noch ein paar Verkäufe abzutrotzen. S.W.I.N.E. ist eins von der Sorte, die ihr Glück in der Offensive suchten und auf Basenbau verzichteten. Es legt mehr Wert auf die Einheitenpflege, um euch dann mit eher überschaubaren Kampfverbänden über die Maps marodieren zu lassen. Und das geht auch heute noch ohne jegliche Eingewöhnungszeit bestens in Fleisch und Blut über.

Gewissermaßen ist es Echtzeittaktik, die sich stromlinienförmig verschlankte und trotzdem noch (wenn auch nicht die meiste) Tiefe mitbringt. Panzer, Spähfahrzeuge und Haubitzen steigen nicht nur mit absolvierten Abschüssen im Rang auf und verbessern somit ihre Werte, ihr müsst sie auf dem Schlachtfeld auch am Laufen halten, soll heißen, nach Möglichkeit einen Abschleppwagen mit Munitions-, Reparatur- oder Treibstoff-Anhängern taktisch klug einsetzen. Zwischen den Missionen investiert ihr Geld in Einheiten-Upgrades, um etwa Minen zu entdecken, eine höhere Endgeschwindigkeit zu erreichen oder die Sichtweite zu erhöhen.

... was über Anhänger geschieht, die ein Schlepper für euch über die Karte karrt.

Ähnlich wie bei der Konkurrenz verfügen die meisten Einheiten auch über Spezialaktionen, etwa wenn sich ein leichter Panzer in der Erde eingräbt und Mobilität gegen Schutz eintauscht oder die Artillerie die Beine ausfährt, um Langstreckenfeuer zu spucken. Das Spiel entwickelt einen guten Zug nach vorne, auch wenn bei aller visueller Modernisierung natürlich die Handhabung arg angestaubt ist. Alles, was mit der Maus passiert, funktioniert ordentlich - soll heißen: Kommandos samt Tool-Tipps, Kamerakontrollen und so weiter sind beinahe so, wie man sie auch heute erwarten würde. Nur das Scrollen des Bildschirms liegt allein auf den Pfeiltasten. Und nur da, jetzt und bis in alle Zeit.


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Dazu kommt, dass die vielen unterschiedlich schnellen und gepanzerten Einheiten je nur einer Kommandogruppe angehören können und es keine Formationsbefehle gibt. Natürlich fahren meine Schlepper und mein Kommandofahrzeug immer nett vorweg und bekommen dann die ersten Breitseiten ab, noch bevor meine Panzer sich als Ziel anbieten können. Es gehörte damals einfach dazu, derartige Aspekte selbst zu mikromanagen - mit der Gruppierfunktion bekommt man das auch hin, wenn man sich darauf einlassen möchte.

Selbst der Multiplayer ist wieder mit dabei (aktuell: 'Total number of players: 0').

Und selbstverständlich ist in den vergangenen Jahren einiges passiert, was Einheitenwegfindung, Missionsdesign und Spielerführung angeht. Die übergeordnete Analogie ist indes so platt und offensichtlich, dass der Cringe-Faktor sich durchgängig solide im "so schlecht, dass es gut ist"-Bereich bewegt: Die bösen Schweine haben natürlich einen deutschen Akzent (so mancher Gegner schreit "Mein Leben", wenn er stirbt), die netten Hasen einen französischen, so dick, dass man den Winkel fast hören kann, in dem das Beret auf dem Kopf liegt. Es ist abwechselnd kaum auszuhalten und unerwartet sympathisch.

Es sollte nicht funktionieren, tut es im mit Ausnahme der gruselig-grieseligen Zwischensequenzen ordentlich polierten HD-Remake aber immer noch gut genug, dass ich wohl gleich die siebte Mission anfangen werde, sobald diese Zeilen im Kasten sind. Ein weiterer Beleg, dass sich Entwickler Kite Games - gegründet von Mitgliedern des Ur-Swine-Teams, nichts vormacht, was den Stellenwert dieser Marke angeht, sind die gerade mal 9,99 Euro (auf Steam bis zum 30. Mai noch auf 8,49 reduziert), um die hierfür gebeten wird. Sympathisch realistisch.

Braucht man nicht. Kann man machen ... WENN ihr es nicht zuerst mit Frontschweine verwechselt habt!


Entwickler/Publisher: Kite Games/Assemble Entertainment - Erscheint für: PC - Preis: 9,99 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
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Swine HD Remaster

PC

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