Das Schwarze Auge: Demonicon
Abgesang für Drakensang?
In Demonicon steuert ihr anders als bei Drakensang nur einen einzigen Abenteurer. Zeitweise fungieren eigenständig handelnde KI-Kumpanen als Reisebegleiter. Auch wenn es die standardmäßig eingestellte isometrische Sicht von schräg oben mutmaßen lässt: Demonicon soll keinesfalls ein Action-Rollenspiel im Stil eines Diablo werden. „Wir machen einen eher klassischen Titel, mit Neverwinter Nights vergleichbar. Die Kämpfe laufen zwar in Echtzeit, können aber zum Beispiel pausiert werden.“ Hack & Slay und Das Schwarze Auge passen einfach nicht zusammen.
Außerordentlich wichtig ist den Machern die optische Inszenierung: Dynamisch und cineastisch sollen die Duelle aussehen. „Deshalb ist auch ein asiatischer Kampfchoreograph an der Gestaltung beteiligt.“ Darüber hinaus könnt ihr die Kamera zoomen und drehen, falls gewünscht.
Als Basis für Demonicon dient momentan die vierte Ausgabe der DSA-Regularien. Eventuell kommt im fertigen Werk auch schon die fünfte Edition zum Einsatz. Mit marginalen Anpassungen, wie sie für ein Computerspiel nun mal nötig sind.
„Wir wollen einen Titel produzieren, der DSA-Fans und normale Rollenspieler gleichermaßen fesselt“, erklärt Bezold. Wegen der vielfältigen Regeln des Schwarzen Auges ist für Einsteiger nicht immer sofort ersichtlich, wie gut ein Charakter zum Beispiel Schlösser knackt – weil außer dem zugehörigen Talent auch Eigenschaften wie Fingerfertigkeit eine Rolle spielen. Deshalb zeigt Demonicon zusätzlich einen Wert an, der Aufschluss darüber gibt, wie gut sich ein Charakter bei bestimmten Fähigkeiten tatsächlich anstellt.
Ein besonderer Knackpunkt des Spiels soll sein, dass ihr euch ein Haus kaufen, es ausstatteten und sogar ausbauen dürft. Ihr könnt ferner einem Beruf nachgehen und eine Lebenspartnerin oder einen Partner plus Nachwuchs haben. Wie das mit der hoffentlich schrecklich netten Familie genau funktioniert, ist aber noch streng geheim. Auch hinsichtlich des Dialogsystems, das das Genre „revolutionieren“ soll, schweigt man sich noch aus. In Sachen Kind und Kegel erwartet euch zumindest kein superkomplexes Haushaltsmanagement im Stile von Die Sims 3, so viel steht bereits fest.
„Nahezu jede Entscheidung des Spielers zieht Konsequenzen nach sich und wird die Welt nachhaltig beeinflussen.“ Das steht in der Pressemitteilung zu Demonicon. Klingt saumäßig lässig. Allerdings sagen das heutzutage ungefähr elf von zehn Spieleentwicklern, wenn sie voller Begeisterung über ihr Produkt plaudern. Es ist ein Satz, der praktisch reflexartig die Lippen verlässt und etwa auf einer Stufe mit „Ich schau nie Pornofilme!“ steht.
Nun, seit ich Dragon Age während der gamescom gesehen habe, müssen die Macher mir schon eine ganze Menge einzigartiger Geschehnisse servieren, um mich zu beeindrucken. Schließlich geht das Werk von BioWare im Ernstfall so weit, dass man seine Kameraden abmurkst!
Die Demonicon-Macher versprechen immerhin ein nichtlineares Spielprinzip, für jede Quest mindestens drei Lösungswege und Aufträge, die klassenabhängig sind. Ein Magier muss demnach oft andere Probleme lösen als der Diebes- oder Krieger-Kollege. Extrainhalte soll es zudem für den Mehrspielermodus geben, wobei die Entwickler die Bonus-Levels in der kooperativen Variante logischerweise auf Zusammenarbeit trimmen.
Für die Hintergrundgeschichte gewann TGC sechs Autoren aus der DSA-Redaktion, darunter zum Beispiel Stefan Blanck, der in der Szene sehr bekannt ist. Die Schreiberlinge wollen mit einer „epischen Story“ (O-Ton Bezold) zum Erfolg von Demonicon beitragen. Natürlich geht es einmal mehr darum, dass ein besonders böser Wicht das ach so friedliche Reich bedroht. Diesmal im Jahre 1032 nach dem Fall Bosparans. Namentlich munkelt man von einem gewissen Herrn Borbarad, seines Zeichens Dämonenherrscher, der angeblich wieder aufkreuzen und mächtig Stunk machen könnte.
Doch wie stehen denn nun die Chancen, dass Demonicon ein Kracher wird? Silver Style hat ordentliche, wenngleich nicht überragende Referenzen: In den vergangenen zwei Jahren zeichneten die Berliner unter anderem für die Adventures Simon the Sorcerer: Ordnung ist das halbe Leben und Goin' Downtown verantwortlich. Mit The Fall: Last Days of Gaia im Jahr 2004 sammelten sie bereits Rollenspiel-Erfahrung. Ob das reicht, um ein riesiges Universum wie das des Schwarzen Auges virtuell zu stemmen, kann nur die Zukunft zeigen.
Wenn ich nach einem 60-sekündigen Trailer ein Spiel beurteilen könnte, würde mir Eurogamer sicher mehr Honorar zahlen als die lumpigen 23.000 Euro, die derzeit monatlich auf mein Konto wandern. Im Prinzip kann ich nur sagen, dass mir der düstere „Im Dunkeln ist gut meucheln“-Ansatz von Demonicon sehr zusagt und ich es begrüße, nur eine einzige Figur betreuen zu müssen. Weil es meinem Verständnis von Rollenspiel näher kommt, wonach ich am liebsten in EINE Rolle schlüpfen möchte und nicht in vier, fünf oder sechs. Ausnahmen wie Baldur's Gate 2 bestätigen die Regel, denn im Grunde lebe ich nach dem Motto „multiple Persönlichkeitsstörung go home!“
Das Schwarze Auge: Demonicon soll in der ersten Jahreshälfte 2011 erscheinen – für die Xbox360 und den PC.