Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten - Vorschau
Was soll das heißen, "keine Würfel"?! Sakrileg!
Ein Rollenspiel, das nicht zu einem Rollenspiel versoftet wird? Was für ein revolutionärer Gedanke. Ein wenig zumindest. Die Zahl der AD&D-Abenteuer, die keine Rollenspielelemente haben, ist jedenfalls übersichtlich und auf ein paar Action-Ausflüge beschränkt. Shadowrun probierte es zuletzt mit einem Shooter und Das Schwarze Auge übte sich online schon mal mit Abenteuern im Steve-Jackson-Stil der 80er. Aber gerade für so ein konservatives System wie eben DSA ist jede Änderung am Konzept ja ein kleiner Aufstand. So ist das erste "echte" Abenteuer, Satinavs Ketten, ein interessanter Ausflug.
Wiederum, und wie ich zuletzt schon bei Zerzura sagte, hier gibt es eine Adaptionsidee, die sich eigentlich von selbst anbieten sollte. Dort war es der historische Roman, hier ist es jetzt ein bekanntes, etabliertes und ausgearbeitetes Rollenspielsetting. Orte und wichtige Figuren stehen fest, man muss eigentlich nur noch das tun, was von einem Spiel-Meister jede Woche erwartet wird: Eine gute Geschichte erzählen.
Was diesen Teil angeht, ist Daedalic sicher eine gute Adresse unter den Abenteuer-Entwicklern. Zuletzt mit Deponia positiv aufgefallen und dank Edna unter Genre-Fans verehrt, erinnerten sich die Hamburger Entwickler hier vom Stile her zunächst einmal an ihr Wasserfarben-artiges Whispered World. Der Look dieses meiner persönlichen Meinung nach bisher schönsten Daedalic-Spiels wird in Satinavs Ketten aufgegriffen, aber ein wenig bodenständiger, erdiger und eben "mittelalterlicher" gehalten. Er geht eine lose Verbindung mit dem Stil der aktuellen Cover-Designs der DSA-Bücher ein und trifft so genau das richtige Maß an Kitsch. Ein gelungenes DSA-Spiel darf ohne diesen Begriff nicht auskommen und insoweit ist diese Fantasie-Idylle in Tuschfarben eine Huldigung im Geiste des deutschen Würfel-Biedermeiers.
Das gezeichnete Andergast und seine Umgebung - weitere Gegenden folgen, so geht es später etwa in die Thorwaler-Lande - wirkt auf den handgezeichneten Impressionen durch zahlreiche kleine Details und Animationen lebendig und greifbar. Die Figuren fügen sich in diesen Stil ein, nur der Held sticht als Einziger trotz allem ein klein wenig hervor. Mal sehen, ob seine Skalierung und Bewegung noch ein wenig abgerundet wird, ansonsten ist dies schon ein traumhaftes Bilderbuch dieser meist aus dem eigenen Kopf bekannten Spielwelt. Kleine, atmosphärische Sounds runden es ab, die Musik hält sich derzeit zurück. Wenn sie jedoch auftaucht, entspricht sie der Idee des Ganzen. Also kitschig, aber auf eine angenehme Weise.
Die Geschichte selbst zieht mit. Der arme, von einem Andergaster Fallensteller aufgezogene Findel-Held findet schnell heraus, dass sein Leben alles andere als normal ist. Visionen eines auf dem Scheiterhaufen brennenden Hexers, sein Bastard-Magie-Talent Glas und Ton einfach zerbrechen zu lassen - hier natürlich geschickt zum Lösen von Rätseln eingesetzt - und sein Mentor, der mehr ist, als er zu sein scheint, deuten auf Großes hin. Erst aber einmal muss er sich natürlich mit lokalen Schlägern und anderen Kleinigkeiten abgeben, der Weg zur Erfüllung von Prophezeiungen ist lang.
Die Rätsel auf diesem Pfad sind das, was man so kennt. Gegenstände werden kombiniert, die Magiefertigkeiten bleiben am Anfang auf das Glas-Zerdeppern beschränkt aber angesichts einer Magiergilde kommt da vielleicht später noch mehr dazu. Der Aufbau ist bisher absolut logisch - keine Selbstverständlichkeit in einem fantastischen Setting - und auch, wenn Profis es zumindest zu Beginn alles viel zu leicht finden werden, kann ich dem ersten Drittel oder so attestieren, dass es einfach Spaß macht, dem Weg des Helden zu folgen. Und das Kampfsystem... ich scherze, es gibt kein Kampfsystem. Satinavs Ketten wird ein reines Adventure.
Und ein ziemlich Gutes, wie es den Anschein hat. Nicht, dass ich an der Qualität des spielerischen Teils echte Bedenken gehabt hätte, Daedalic ist viel zu routiniert und hat oft genug bewiesen, dass sie Rätsel können. Dass ihre Talente sich darauf nicht reduzieren, zeigen sie mit Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten erneut. Die wundervoll anzuschauenden Eindrücke der aventurischen Welt geben die Idee dieses Settings perfekt wieder. Es fühlt sich nach DSA an und ausgehend vom Spaß, den ich sowohl von dieser Warte her, als auch vom Spiel selbst mit Satinavs Ketten hatte, könnte dies ein bezaubernder Einstieg in diese Welt für Adventure-Spieler werden und gleichzeitig ein großartiger Ausflug für die sonst Rollenspiel-gewohnten DSAler. Möglicherweise ein Modell mit Vorbildchrakter für andere Rollenspiel-Epen. Planescape: Das Adventure? Oder Dark Sun? Warum eigentlich nicht...
Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten erscheint am 23. März für den PC.