Das Schwarze Auge: Schicksalsklinge HD - Test
Zeitgemäße Umsetzung … Sorry, nein. Aber 1999 hat angerufen und will seinen Flop zurückhaben.
Solltet ihr Zeuge von Olafs Live Play zu Das Schwarze Auge: Schicksalsklinge HD gewesen sein, dann wisst ihr bereits, dass dieser Versuch, die inhaltlich gar nicht mal schlechten, aber eben doch in die Jahre gekommenen Veteranen des DSA-Computerdaseins zu modernisieren, grandios scheiterte. An allen Ecken und Enden und schon bei der Konzeption.
Irgendwo ist es sicher auch eine Frage des Budgets und irgendwo da draußen sitzen jetzt ein paar - zwei, wie es unbestätigterweise aussieht - geknickte Programmierer und denken sich "wir taten, was wir konnten, mit den Mitteln, die wir hatten". Das ist wahrscheinlich sogar richtig. Man kann kein Skyrim mit einem traurigen Eckchen eines mageren Stückchens eines Bruchteils von dessen Budgets auf die Beine stellen. Die Frage ist nur, warum es überhaupt versucht wurde, wenn sicher war, dass es nicht gut enden konnte?
Shadowrun Returns, Wasteland 2 und andere Wiederbelebungen alter Reihen war dies scheinbar bewusst, also setzte man auf 2D, "2,5D" oder Spielarten davon, um sich nicht mit den Tücken und Anforderungen einer modernen 3D-Engine beschäftigen zu müssen. Schicksalsklinge HD sollte aber eben genau das gelingen, kleines Geld und große Technik.
Das Ergebnis wirkt wie ein scherzhafter Ausflug in die späten 90er, als alles Mögliche in 3D erschien, aber nur wenig davon wirklich gut aussah. DSA HD gehört leider nicht zu dem ausgewählten Kreis. Vielleicht ist es nicht ganz hoffnungslos. Die Häuser sind hübsch, das Gras hat die richtige Farbe, das grundlegende Design ist nicht komplett verwerflich.
Aber alles andere schon. Seien es die absurden Charaktermodelle, die die NPCs durch die Bank wirken lassen, als würden sie sich gegenseitig jeden Abend aus Spaß lobotomieren, die ebenso sinnlosen wie entlarvenden Innenansichten der Häuser, in denen die Engine gut zeigt, was sie nicht kann. Und dann haben wir von den lustig wobbelnden einzelnen Bäumen noch nicht angefangen. Olaf vermutet rammelnde Eichhörnchen, ich denke nicht, dass so viel Hintergrund in eine so unnötige wie irritierende Animation floss.
Fein, Technik ist nicht alles und zumindest ist die direkt aus dem Original übernommene Musik ganz ordentlich. Wenn sie sich grad nicht in einer Schleife aufhängt. Die drolligen Qualitätsabstufungen der Grafik, wie "schön" oder "fantastisch", kann man auch einmal belächelt außen vor lassen. Ich lasse insbesondere "fantastisch" außen vor, weil es das Spiel bei mir nicht schöner aussehen, aber dafür auf 12 Bilder pro Sekunde abstürzen lässt. Sogar der inkompetent versetzt abgespielten Sprachausgabe, die selbst im Vergleich mit dem Fanprojekt Falskaar nur zeigt, dass Liebe und Hingabe ein besseres Budget sehr wohl ausstechen können (und das um Längen), kann man Herr werden. Indem man sie ausschaltet. Woran es aber keinen Weg vorbei gibt, das ist die jämmerliche Steuerung des ganzen Elends.
Es beginnt schon bei gänzlich unnötigen Aussetzern. Die im Original relativ leicht zu entschlüsselnden Symbole der Icons wurden insoweit überarbeitet, dass sie nun ein bei jedem Klick wiederkehrendes Rätselspiel sind. Der Erstkontakt mit Photoshop ist weniger verwirrend, zwischen den Krakeleien und ihren Funktionen scheinen nur bedingte Zusammenhänge zu bestehen. Aber das wahre Highlight bemerkt ihr bei den ersten Schritten durch die 3D-Welt. Es lässt sich schwer beschreiben, aber ich will euch sicher nicht raten, es selbst auszuprobieren, also muss ich es tun: Es ist, als wären die Helden besoffen und dieses Spiel würde das simulieren.
Die WASD-Steuerung so zu konfigurieren, dass seitwärts zu einer halb-drehenden Bewegung wird, das seltsame, ganz leichte Schwanken des Blickfeldes, das irgendwie "falsche" Skalieren der Texturen oder was auch immer es sonst noch alles sein mag, das Ergebnis ist klar: Nach einer Stunde war mir schlecht und ich bin, was das angeht, normalerweise weitestgehend resistent. Ein Spiel, bei dem die grundsätzlichen, immer wiederkehrenden Mechaniken dermaßen sowohl irrational als auch unbrauchbar umgesetzt wurden, kann tun und sein, was auch immer möchte. Es wird nie mehr ein gutes Spiel sein können.
Hoffnung hatte ich noch für den Kampf. Dieser findet auf einer Rasterkarte statt, läuft rundenweise ab, keine 3D-Action-Engine wurde genutzt, wie schlimm kann es werden? Nicht so schlimm wie der Rest, wie sich herausstellte, aber auch nicht gerade grandios. Auch hier ist der Ton fehlerhaft oder genauer gesagt fehlend, die Animation sehr banal und der Ablauf durch die Nutzung der Grundregeln des eben sehr träge ablaufenden, alten DSA-Spielsystems unglaublich zäh. Das war aber auch damals nicht so viel anders, und da zumindest die taktische Herausforderung da ist, bin ich bereit, das durchgehen zu lassen. War früher kein Kracher, ist jetzt nur wenig schlechter.
"Gleich im ersten Anlauf war der erste Auftraggeber nicht ansprechbar und es half nur ein Neuanfang."
Was bleibt, ist die Handlung. Ich sage immer wieder, dass eine wirklich gute Handlung auch ein schlechtes Spiel retten kann. Leider war die Geschichte von Schicksalsklinge nie so gut. Es ist sympathisches, schlichtes Schwarze-Auge-Zeugs. Es gibt ein paar gute Dialoge, einige hübsche Nebenquests und das Spiel lässt euch einige Freiheiten bei der Abwehr einer bevorstehenden Ork-Invasion. Alles ganz in Ordnung, aber nichts davon reicht aus, um dieses Werk hier retten zu können. Der Gedanke, dass ich mich mit dieser Steuerung und Optik herumschlage, um diese Geschichte zu erleben, erscheint mir geradezu absurd. Wenn ich wirklich das Verlangen danach haben sollte, gibt es erschreckenderweise ein wirklich besseres Spiel dafür: Schicksalsklinge, nur halt ohne "HD".
Als Letztes wäre da noch das Problem der schlichten, ehrlichen und handfesten Bugs. Es fängt an bei ganz klassischen Abstürzen an, die einen auf den Desktop schicken. Dann geht es über eine Vielzahl kleinerer Geschichten, wie etwa der häufig nur gelegentlich funktionierenden Zaubersprüche bis hin zu zerschossenen Spielständen und Aussetzern in der Handlung. Gleich im ersten Anlauf war der erste Auftraggeber nicht ansprechbar und es half nur ein Neuanfang.
Ein solider Einstieg in eine einzige Katastrophe, wie sich herausstellte. Bis jetzt habe ich es kaum weiter als eine handvoll Stunden in das Spiel hinein geschafft, bevor der Spielstand nicht mehr zu laden war oder ein neuer, willkürlicher Plot-Stopper einen neuen Anlauf forderte, nur um in der neuen Runde durch einen anderen ersetzt zu werden. Man kann wohl durchkommen, ein paar Leute haben schon gesagt, dass es möglich ist, aber ehrlich gesagt reichte es mir ab einem gewissen Punkt, ständig neu anfangen zu müssen, zu hoffen, dass es weitergeht und zu zittern, wie lange es wohl läuft.
Zur Ehrenrettung der Entwickler muss man sagen, dass sie seit dem Release scheinbar nicht schlafen und gefühlt im Stundentakt, in Wirklichkeit aber praktisch täglich Updates herausbringen, die dann aber leider in erster Linie den Grad der Professionalität der Geschichte hier zeigen. Fast jedes der Updates behob ein paar Fehler, nur um ein paar neue hinzuzufügen. Das einzig Gute ist wohl, dass mehr gefixt wird, als kaputt geht, aber trotzdem sind das bestenfalls Beta-Prozesse in Aktion. Hier hat sich jemand leider komplett verhoben und versucht jetzt in aller Panik, zu retten, was zu retten ist.
Aber selbst wenn die gröbsten Bugs eines Tages alle entfernt sein sollen, ist es immer noch ein sehr weiter Weg zu einem besseren Spiel. Wie weit, das zeigen die hastig eingefügten neuen Charaktermodelle für NPCs. Ich hätte es nicht gedacht, dass es geht, aber sie sehen noch schlimmer aus, als der erste Anlauf. Wie sollte es anders sein, wenn man in kürzester Zeit und husch-husch etwas zusammenzimmern muss, das selbst ein erfahrenes, größeres Team nicht einfach so nebenbei aus dem Hut zaubert.
Vielleicht wäre das "sanfte" Überarbeiten des Originals generell die elegantere Herangehensweise gewesen. Statt das Geld in die nur bedingt einsatzfähige 3D-Version dieser Spielwelt zu stecken, hätte man mit den alten Mechaniken, vielleicht in der Grimrock-Engine oder etwas Ähnlichem, alles dezent auf höhere Auflösungen poliert, mehr Punkte gerade bei Fans gewonnen und wenigstens eine Zielgruppe zufriedengestellt. So wie das Spiel jetzt aussieht, bekommt jeder, der keine emotionale Bindung zur Schicksalsklinge hat, ein einfach nur furchtbares Rollenspiel. Veteranen dürften es wohl als eine Art Schändung sehen. Mit viel Aufwand wurden damit alle Kunden ins Unglück gestürzt.
Technisch in jeder Hinsicht unterirdisch, körperlich unangenehm zu spielen und inhaltlich nach modernen Maßstäben bestenfalls gehobenes Mittelmaß. Niemand braucht das, vor allem nicht, solange nicht zumindest die heftigsten Bugs beseitigt wurden. Sollte bei euch viel nostalgische Verklärung herrschen, dann genießt das warme, nette, freundliche Gefühl, wenn ihr an die alten Zeiten denkt und ... belasst es einfach dabei. Sollte das nicht reichen, holt euch die problemlos erhältliche Original-Trilogie. Aber spielt bloß nicht Das Schwarze Auge: Schicksalsklinge HD. Die Vergangenheit war meist nicht so gut, wie man sie in Erinnerung hat. Aber so schlecht war sie auch nicht.