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Das Spiel des Winters steht jetzt schon fest: Lonely Mountains Snow Riders

So sicher wie das Amen in der Kirche – und doch eine freudige Überraschung

Was für eine schöne Überraschung. Das letzte Mal, als ich mit Megagon sprach, freute sich der kleine Berliner Entwickler über circa 20.000 verkaufte Einheiten eines meiner Lieblings-Indies, Lonely Mountains Downhill. Heute, ein paar Jährchen später, haben mittlerweile sechs Millionen Leute das mal nervenzerreißende, mal konkurrenzlos entspannende Mountainbike-Spiel erlebt. Zum Großteil natürlich im Game Pass und auf PlayStation Plus. Aber neben einem großen Publikum für ein kreatives Werk zählt vor allem eines: Wie Megagons Jan Bubenik mir am Rande der gamescom erzählte, kann das Studio von den Erlösen über diese Abodienste immer noch ganz gut leben.

Ein guter Deal für ein Team dieser Größe, zumal nun mehr Millionen Menschen die Marke Lonely Mountains kennen und auch einen Nachfolger spielen würden. Was will man mehr? Nun, wachsen vielleicht. Und gewachsen sind sie. Nachdem das Studio mit nur zwei Entwicklern begann, beschäftigt Megagon mittlerweile 14 Leute, um den zweiten Teil auf die Piste zu schubsen. Für den hat man sich einiges vorgenommen. Nicht zuletzt einen kompletten Tausch des Vehikels, mit dem man diese Berge runter donnert: Dieses Mal sind es Skier, in Lonely Mountains Snow Riders.

So vertraut und doch so anders

Das bringt nicht nur komplett andere Physik und Anforderungen an die Animationen und Streckendesign mit, es eröffnet auch neue Möglichkeiten. So ist dieses Mal ein simultaner Multiplayer-Modus für acht Spieler mit dabei, in dem es darum geht, als Erstes unter den Teilnehmenden die Ziellinie zu überqueren. Der Team-Modus nimmt dagegen das Tempo raus, wenn es darum geht, durch Tricks – Drehungen und Grabs, die man mit dem rechten Stick und den Schultertasten steuert –, wenige Stürze und das Erfüllen von Challenges den höchsten Score zu erzielen. Hier platziert ihr sogar eigene Checkpunkte und könnt euch nach Stürzen gegenseitig aufhelfen. Solo geht es einmal mehr darum, unter Ausnutzung aller denkbaren (und undenkbaren) Abkürzungen die beste Zeit hinzulegen. Rückwärtsfahren ist hier zwar auch erlaubt und auch Tricks dürft ihr hier abbrennen, aber solche Sperenzchen sind eher dazu da, eurem Run noch etwas zusätzliches Flair zu verpassen.

Selbst als jemand, der über alle Plattformen hinweg gut 40 Stunden in Lonely Mountains Downhill versenkt hat, fühlte sich Snow Riders noch knifflig und ungewohnt an. Aber auf die gute, nachvollziehbare Art. Im Grunde müsst ihr zwar nicht viel mehr tun, als zwischen normalem Cruisen und Schussfahrt zu wechseln. Um zu wissen, was wo angebracht ist, müsst ihr aber die Strecke lesen lernen. Mit derselben Taste verlängert oder verkürzt ihr zudem auch einen Sprung und weil man zur Landung ohne Oberschenkelhalsbruch perfekt in Bewegungsrichtung aufkommen muss, kommt auch ohne Trickeinsatz schon ein schön körperliches, dynamisches Spielgefühl auf.

Dazu fordern Untergründe Streckenkenntnis: Normaler und tiefer Schnee sowie Eis verändern das Fahrverhalten nachhaltig, sodass ihr nicht nur den Verlauf des Kurses und mögliche Abkürzungen erlernen müsst, sondern auch seine Beschaffenheit, Abschnitt um Abschnitt. Ihr seht: Megagon holt aus vordergründig wenigen Umstellungen am Spielkonzepts eine Menge neuer Mechaniken und ein allgemein frisches Spielerlebnis heraus. Es geht zwar immer noch um rasante Abfahrten und riskante Abkürzungsmanöver,. die oft genug mit himmelschreiend schmerzhaften Ragdoll-Kollisionen enden. Aber der komplette Vibe ist anders. Und dass der Entwickler bereits darüber nachdenkt, ob und wie man auch Snowboards in Snow Riders integrieren könnte, stimmt optimistisch, dass auch dieser Titel ein langes Leben haben wird. Der Support von Downhill jedenfalls war die Jahre hindurch vorbildlich.

Ich gebe zu, ich dachte, ich würde das satte Grün vom Graterhorn vermissen, die im ewigen Herbstgold gekleideten Redmoor Peaks und die staubtrockenen Canyons von Sierra Rivera. Aber der wunderbar knartschende Schnee, der sich dauerhaft verformt, und wunderbar winterlich in der Sonne schimmert, entschädigt schon für vieles. Außerdem versicherte Bubenik mir, dass optisch auch so für Abwechslung gesorgt sei. In ersten Bildern blitzen bereits jetzt Felsen unterschiedlicher Farben durch.

Auch für mich kam die Ankündigung von Snow Riders ein bisschen plötzlich – bis ich begriff, dass seit Lonely Mountains schon fünf verdammte Jahre ins Land gezogen sind. Umso mehr kribbelt es jetzt bei mir, wenn ich höre, dass ich noch dieses Jahr mein Gesicht ganz tief in den Schnee dieser Pisten drücken werde. Lonely Mountains Downhill war eines meiner Lieblingsspiele 2019. Schön, dass es die Chance bekommt, eine Serie zu werden.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.