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Das war 2011 - Januar bis Juni

Neues bei Eurogamer und sechs alte Monate

März 2011

Das 3DS ist da, ist es nicht toll? Oder auch nicht. Zumindest nicht so sehr im Startmonat, denn ohne Mario und Zelda fühlt sich keine Nintendo-Konsole so richtig wohl. Pilotwings als Systemseller? Nä, geht nicht. Super Street Fighter? Nope. Rayman, PES, Splinter Cell? Nett bis halbherzig. Legen wir das Ding erst mal zur Seite, es kommt ja noch mehr das Jahr über. Dafür gab es mit Dragon Age 2 eines dieser wundervollen Spiele über die ich mich endlos aufregen kann - was ich auch tat - und gleichzeitig trotzdem immer noch "gut bis sehr gut" finde. Im Vergleich zum Vorgänger trotzdem ein veritables Stück Schrott. 7.000 Wörter in zwei Sätzen. Dann doch lieber Shogun 2, das phänomenal gute Spiel, das es dem Civ-Fan genauso recht machen kann wie dem Echtzeit-Schlachten-Master.

Ein nach wie vor aktuelles Problem spricht dagegen David Votypka von den Kaos Studios ganz mutig an, wenn auch nicht ganz freiwillig: "Es ist konkurrenzfähig gegenüber der Länge der anderen Top-Shooter" Mit "es" ist Homefront gemeint und ja, da hat er nicht ganz unrecht. Auch andere Shooter sind inzwischen so durchgescriptet, dass sie viel zu kurz sind. Er kam drauf zu sprechen, nachdem im Vorfeld klar wurde, dass man Homefront in fünf Stunden durchspielen kann. Seiner Meinung nach jedoch nur unter ganz besonderen Bedingungen.

Lasst mich diese beschreiben. 1) Setzt euch auf eine bequeme Couch, stell eine Flasche Sprite dazu. 2) Spielt auf der Medium-Schwierigkeitsstufe und greift gelegentlich mal zwischendurch zu einer Sprite-Flasche, weil Geschmack alles und Image nichts ist. 3) Daddelt ganz relaxed los. 4) Vergesst nach 4 Stunden und 49 Minuten nicht, die Konsole auszuschalten, wenn ihr diesen viel zu kurzen Shooter im Laden umtauschen gehen wollt. Energiesparen ist wichtig.

Das wissen auch Kaos und die anderen Shooter-Hersteller. Deshalb sind ihre Spiele so kurz. Damit die Konsolen nicht so lange laufen und der Treibhauseffekt nicht die Erde zerstört. Dafür sind nämlich die Rollenspieler mit ihren endlosen Games verantwortlich. Schade, dass Kaos im Juni aufgelöst wurde. Das war noch ein Entwickler, der an die Umwelt dachte.

Ach ja, Elite 4 ist übrigens noch auf dem Zeichenbrett und das ist gut so. Sagt David Braben und auch, dass es eine Tragödie wäre, wenn es anders wäre. Wahrscheinlich für ihn. Wenn er mal wieder ein Spiel machen würde, statt darüber einmal im Jahr darüber zu mystifizieren, hieße das, ein mittlerweile liebgewonnenes Hobby aufzugeben.

April 2011

Nachdem ich mit Tiger Woods 12 endgültig die Geduld verlor - und es sich trotzdem besser als alle davor verkaufte - und diese bei IL-2: Cliffs of Dover auch nicht wiederfand, kam mir der Umstand, dass Alex grad keine Zeit für Portal 2 hatte, zupass. Das ist ein Spiel, das einem das Vertrauen in das Medium zurückgeben kann. Schlau und lustig, durchdacht und anarchisch.

Apropos anarchisch: So ein bisschen Anarchismus war eine der Sachen, die die Leute bei Bizarre Studios zum Ende hin vermissten. Bevor das Traditionshaus, dessen Wurzeln zu Psygnosis und dem Amiga zurückreichen, geschlossen wurde, war man nicht mehr sein eigener Herr. Das mag jetzt bei 200 Mitarbeitern und entsprechenden Budgets niemanden mehr wundern, aber es stellt die Frage, was man daraus lernen kann. Ohne dabei zu bitter, wenn auch ein wenig reumütig, zu wirken, erzählt Martyn Chudley - ehemaliger Creative Director - wie nach und nach, gefolgt von der Übernahme durch Activision, die Firmenkultur weg von den Herzensprojekten hin zu den Notwendigkeiten wechselte. Activision brauchte ein neues Bond-Game, man hatte einen Riesenladen, der grad nicht ausgelastet war, die Nutzung solcher Ressourcen liegt auf der Hand.

Bizarre Creations - RIP 1994 - 2011

Dass die Kreativen hinter dem Projekt bei solchen Auftragsarbeiten nicht mit dem gleichen Herzblut bei der Sache sind, wie es vielleicht bei einem eigenen, von Grund auf geschaffenen Baby der Fall gewesen wäre, genauso. Die Größe des Studios benannte Chudley auch als eines der Probleme. Wenn man ein kleines Rädchen von über 100 ist, fühlt man sich nie so sehr in ein Projekt involviert, wie es bei einem aus zehn Leuten bestehenden Team der Fall ist.

Moderne Spiele mit dem all dem AAA-Glamour sind jedoch von kleinen Teams kaum noch zu stemmen, wo findet man hier also die richtige Balance? Wer sich in der Verlegenheit findet, ein mittelgroßes Studio zu expandieren, sollte sich genau mit dem Aufstieg und Niedergang von Bizarre auseinandersetzen. Auch wenn die Antworten nicht eindeutig oder leicht zu finden sind, die Fragen, die man sich stellen sollte, zeigt der Fall jedoch gut auf.

Eine erfreulichere Nachricht im April war, dass Ingame-Verkäufe bei Free-2-Play-Spielen wirklich einen sinnvollen Zweck erfüllen konnten. Nach der Erdbeben/Atom-Katastrophe gab es zahlreiche Spendenaktionen, eine davon war der Verkauf virtueller Hüte in Team Fortress 2. Innerhalb relativ kurzer Zeit - etwa zwei Wochen - kamen allein dabei über 400.000 Dollar für das Rote Kreuz zusammen. Keine schlechte Bilanz und ein sehr intelligenter, simpler Weg, Spieler zum Spenden zu bewegen. Die Zahlungswege sind eh schon definiert und man bekommt etwas, das noch besser ist als eine Spendenquittung: Einen virtuellen Hut. Das ist jedenfalls weit sinnvoller als der virtuelle Diamant aus der "I am rich"-App.

Mai 2011

Spiel des Monats im Mai? Ganz klar Cabelas Dangerous Hunts 2011. Das erste Lightgun-Spiel, das sich mit dem Pad weit besser spielen lässt als mit der aufwendigen, extra mitgelieferten Knarre, braucht schon eine besondere Erwähnung. Sowas wie Witcher 2 oder L.A. Noire verblasst dagegen klar. Wer will schon DiRT 3 oder Virtua Tennis 4, wenn er mit den Wölfen heulen kann? Oder einfach nur heulen, so schmerzhaft-schrottig wie dieser Schuss von Cabela in beide eigene Knie war.

Sonst startete Sony genau zum Tag der Arbeit einen kleinen Marathon, indem es darum ging, das Reaktivieren des PSN-Netzwerkes nach dem Desaster-Hack zwar in regelmäßigen Abständen, mit sich immer verkürzenden Wartezeiten erneut anzukündigen, dabei jedoch gleichzeitig noch ein ganz klein wenig vage zu bleiben. Es nicht leicht, PR zu sein.

"When it's done" hieß der jahrelange Schlachtruf aller, die an Duke Nukem Forever arbeiteten und am 5. Mai verkündete Randy Pitchford dann endlich: "It is done!" Was ja leider auch stimmte. Naja, besser ein Ende mit Schrecken, als... Nein. Eigentlich war die Welt ohne Duke Nukem Forever, aber mit endlosen Ankündigungen zu Duke Nukem Forever weit besser dran.

Der Zeitpunkt dieser Meldung ist für den Mai etwas willkürlich gewählt, aber sie ist so gut wie jede andere News zu dem Thema. Lionheads Mike West verkündete, dass der Gebrauchtmarkt auf der 360 ein schlimmeres Phänomen sei als der Raubkopiermarkt auf dem PC. Aus dem Hause Obsidian hörte man letztens erst ähnliches, andere Stimmen halten nur denkbar selten und, wenn sie direkt aus der Industrie kommen, halbherzig dagegen. Mehr als ein "Das ist halt so, damit muss man irgendwie leben" ist nicht zu erwarten.

Als Verbraucher kann ich nur sagen? Wie bitte? Panne, oder was? Wenn ich mein Geld nehme und im Amazon-Marketplace ein Spiel kaufe, gelte ich bei euch als größerer Schänder als wenn ich das Ding über einen Torrent gesaugt hätte? Na danke, wenn das so ist, kann ich ja gleich raubkopieren. Ja, der Entwickler und Publisher ist nicht an den Gewinnmargen von Amazon, GameStop oder eBay beteiligt, das ist richtig. Suchen wir aber den Schuldigen und die Lösungen des Problems, wird schnell offensichtlich, dass der Verbraucher gar nicht so doof ist, wie er mitunter hingestellt wird. Es gibt derzeit ein Überangebot von Spielen, die sich auf einem sehr hohen Niveau befinden. Der letzte November war wieder ein bestes Beispiel für die gegenseitige Kanibalisierung des Marktes. Alle wollten gleichzeitig unter den Weihnachtsbaum. Geht aber nicht. Also holt man sich als Spieler ein oder zwei Games und den Rest später. Zum Beispiel im Januar, wenn nichts erscheint. Dann jedoch sind die ganzen Hits zwei Monate alte und für das halbe oder zumindest zwei-drittel Geld gebraucht zu haben. Einmal durchgespielt. Na und? Ist ja nicht schlechter dadurch geworden. Eine durchdachtere Releasepolitik würde also vielleicht schon was bringen.

Oder wie wäre es mit einem Mehrwert des Originals? Und damit meine ich nicht nur Special Editions. Wer Gears of War 3 aufklappt, wird erschüttert feststellen, wie weit es mit der Reduzierung des Materials gekommen ist. Ein zweiseitiger Flyer liegt da drin. Kosteneffizient sicher und es reicht, um das Spiel zu spielen, aber die emotionale Bindung an dieses Produkt ist gleich Null. Hab ich das zweimal durch und bin jetzt nicht der so große Gears-Fan, dann wird ein so liebloses Etwas schnell verkauft. Speziell bei einem Spiel mit solchen Absatzzahlen sollte doch auch jenseits der Special Editions etwas mehr drin sein als das. Von meinen aufwendig gestalteten PC-Spielen früherer Tage habe ich mich jedenfalls deutlich schwerer trennen können als von den anonymen DVD-Boxen ausgesuchter Billigkeit.

Zwei Ideen zum "Bekämpfen" des Gebrauchtmarktes, die für beide Seiten positive Effekte hätten, ohne grundlegende Verbraucherrechte mit Diebstahl zu vergleichen. Es gibt sicher noch viel bessere.

Juni 2011

Was kommt raus, wenn man seine Technik nach China an den günstigsten Anbieter outsourced? Alice: Madness Returns. Tolles Art-Design, bestenfalls lieblos-mittelmäßige Umsetzung. Spielerisch riss das Ding auch keine Bäume aus, also wurde der Wahnsinn an den angenehm geschmacklosen Humor von Shadows of the Damned angetreten, das sich auf jeden Fall weit frischer spielte als der in die Jahre gekommen F.E.A.R.3 -Schrecken. Und half alles nichts mehr, spielte man halt Zeldas Ocarina auf dem 3DS.

Sonst war der Juni nicht unbedingt die Zeit der Ankündigung neuer Konsolen - das passierte schon vorher - aber der Monat der Namensgebungen. Aus Nintendos Project Café wurde Wii U, aus Sonys NGP die Vita. Das Erste würde ich als Verlust - vor allem einer gewissen interessanten Mysteriösität -, das zweite als gewaltigen Gewinn für das Markenimage bezeichnen. Vita klingt halt griffiger als NGP, was sich wie eine rechte Splitterpartei oder eben als Neo Geo Pocket anbiedert. Was die Wii U angeht, zeigt sich mal wieder, wie schnell Analysten schießen. Kaum war der Name gefallen, wussten Pachter und Co. bereits, dass es eh alles zu spät ist. Keine neue Leistungsfähigkeit, moven und kinecten können die anderen eh längst, geh doch sterben, bevor du den Markt versaust. Dabei wird Wii U doch etwas bieten, was die Konkurrenz noch nicht kann: Touch.

Bin ich überzeugt, dass das gut kommt oder das ich das möchte? Sicher nicht, not by a longshot. Aber ich bin ziemlich heiß drauf, auszuprobieren, ob ich es für Mist befinde. Ich werde jetzt nicht sagen, dass Nintendo nicht für Schnellschüsse bekannt wäre, dazu bin ich als Early Adopter des Virtual Boy zu sehr gebranntes Kind - kein Nintendo-Exklusivrecht, ich hab auch jeden Mist von SEGA gekauft. Aber wer weiß, vielleicht sind sie da wirklich etwas auf der Spur, das uns zum Glück noch fehlte und Wedbush Morgan liegt daneben. Wieder mal. Aber so am Rande, wie läuft das dann eigentlich Weihnachten 2012? Man kann keine Pads einzeln kaufen, sondern nur mit der Konsole, so derzeit immer noch der Stand. Es dauert also geschätzt 38 Minuten, bis Sohnemann das Ding zerkloppt hat. Und dann? Weihnachten mit Nintendo = All I Want for Christmas is New Year's Day? Weil Nintendo in 2013 dann vielleicht genug Pads produziert hat. Die Börse sieht das wohl so ähnlich. Seit der Ankündigung stürzte die Aktie auf Prä-Wii-Werte und hat sich seitdem nicht berappeln können. Nun, die Nacht ist bekanntlich vor Sonnenaufgang am dunkelsten, das war schon vor dem Wii-Launch so. Vielleicht reißen es die Japaner ja wieder einmal und verdienen Geld, während der Rest Konsolenkampf mimt.

Was war sonst los im Juni? Gerechte Strafe, würde ich sagen. Duke Nukem kam raus, kassierte durchwachsene Wertungen und die Aktie von Take 2 ging um 15 Prozent runter. Meine Schadenfreude richtet sich dabei ausschließlich auf mein persönliches Hassobjekt 2011: Duke Forever, denn die andere Nachricht, dass auch L.A. Noire sich nicht so wie geplant an den Mann bringen ließ, kann mich nicht begeistern. Take 2 kann das egal sein. Zum einen war das Jahr trotz allem immer noch gut, zum anderen kommen in 2012 ja BioShock Infinite und das sehr vielversprechende Spec Ops: The Line raus. Spätestens dann sollten alte Sünden vergessen und Niederlagen weggesteckt sein.

Und dann gab es da noch ein paar recht offensichtliche Momente großer Erkenntnisse. SEGAs Mike Hayes: "Ich gestehe, dass die Qualität einiger früherer Sonic-Spiele sicherlich nicht so war, wie wir sie gern gehabt hätten." Peter Molyneux: "Ich gebe zu, dass Kinect einige Probleme hat". Anonymous: "Wir attackieren Sony nicht mehr. Es ist mit andauernden Attacken nichts mehr zu gewinnen, außer Unbeliebtheit." Ach. Was ihr nicht sagt.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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