Hätte, wenn und wäre
Spiele, die es eigentlich geben sollte - Teil 2
Zum Glück habe ich diese zweite Hälfte meines Artikels voller Überarbeitungen, Fortsetzungen und Revisionen feuchter Gamer-Jugendträume nicht als Bilderserie geplant. Die gibt es seit kurzem nämlich schon. Dabei war diese Rubrik durchaus auch als Denkanstoß, ja sogar als Aufruf zur Plagiaterie gedacht, richtete sich aber eigentlich an eine andere Adresse. Man kann einfach nicht oft genug mit dem Finger auf ungenutztes Potential deuten, irgendwann findet man vielleicht Gehör an der richtigen Stelle. Etwa bei einem knallharten Funktionär einer Software-Firma, der sich wider Erwarten doch noch irgendwo ein Stückchen Gamer in sich bewahrt hat, oder aber bei einem aufstrebenden Entwickler mit einer ausreichenden Portion Idealismus und Wehmut.
Man kann schließlich nie wissen: Xbox Live Arcade, PlayStation Store und seit neuestem auch Nintendos Virtual Console könnten sich mehr und mehr zu Plattformen für Nischenspiele und Small Budget-Updates von Klassikern entwickeln.
Nicht umsonst hat Rob Anderson, Schöpfer von Moonstone (siehe Teil 1 des Specials) erst kürzlich der britischen Edge gegenüber ein Revival seiner Party-Metzelei auf Microsofts E-Commerce-Plattform nicht ausgeschlossen.
Fest steht: Alles geht. Auch (oder gerade) in einer Welt, die vom Geld regiert wird. Bis dahin schwelgt mit uns in Erinnerungen, malt bunte Bilder einer schönen Spielezukunft und setzt noch nen Eimer Teewasser auf. Denn bis diese Kandidaten kommen, wird’s unter Garantie noch ein bisschen dauern.
X-Wing Alliance 2
Wer dem einst so populären Genre der interaktiven Space-Operas den Genickschuss verpasst hat und wann genau das passiert ist, kann man nicht so genau sagen. Im Fall X-Wing bräuchte man aber weder C.S.I. noch Soko 5113, um die Schuldfrage und die exakten Umstände zu klären. Im Gegensatz zu Chris Roberts Wing Commander hatten Lucas Arts‘ mit ihrem X-Wing Alliance gerade ihren schöpferischen Höhepunkt erreicht, da warf auch schon Die Dunkle Bedrohung ihre Schatten voraus.
Nachträglich betrachtet erweist sich dieser Untertitel des Auftaktes der "Star Wars"-Prequeltrilogie als zynisch-doppeldeutiger Wegweiser für die neue Marschrichtung des Spiele-Riesen Lucas Arts. Die Merchandise-Verliebtheit auf der Skywalker-Ranch explodierte förmlich und machte auch vor dem Games-Markt nicht halt. Jeder der schockierend seelenlosen Filme wurde von einer Armada zunächst katastrophaler, später immerhin brauchbarer, aber nie mehr so wirklich tollen Spielen auf den Markt eskortiert.
Das ist besonders tragisch, weil X-Wing Alliance es doch tatsächlich fertig gebracht hat, das prinzipiell recht simple und – gelinde gesagt – flexible "Star Wars"-Universum noch eine ganze Portion glaubwürdiger, kohärenter und vor allem aus einer anderen Perspektive zu zeigen. Man war weder Luke Skywalker, Leia oder Han, noch schlug man zu deren Seite immer nur die bekannten Filmschlachten. Die Schnittstellen zu den Filmen waren eher sekundär.
Man erlebte den Kampf der Rebellion auf Nebenschauplätzen und spürte die harte Knute des Imperiums als Mitglied einer Händlerfamilie am eigenen Leib. Gerade weil man Teil der Verfolgten und Verschleppten wurde, war dieser letzte X-Wing-Feldzug mächtiger als jedes „Nimm Teil an der Schlacht von Hoth!“-Spiel.
Dass die, noch deutlich vor Wing Commander, beste Raumkampf-Engine Flightstick-Besitzer auch dieses Mal voll und ganz zu überzeugen wusste (und noch heute weiß), macht den Verlust dieser Serie nicht eben leichter erträglich. Wie könnte ein X-Wing Alliance im Jahre drei nach Revenge of the Sith wohl aussehen? Ich hoffe, dass Lucas Arts diese Antwort irgendwann einmal selbst geben kann – sofern sie ihre Kreativität noch zu unseren Lebzeiten aus dem Carbonit auftauen.
Chancen: Die Wege der Macht sind unergründlich. Zum Glück.