Molyneux steht auf Emotionen
Peters Visionen: Teil 24.596
Eigentlich hatte ich mir geschworen, nie mehr darüber zu berichten, wenn Peter Molyneux etwas zur Zukunft der Spiele-Industrie sagt. Der Mann hat nämlich ein ganz besonderes Talent: Er kann sprechen, ohne was zu sagen. Genauer gesagt wedelt er gerne mit großen Worten und preist zukünftige Projekte auf eine Weise an, als würden uns diese aus dem düsteren Spiele-Neandertal befreien. Diese Fähigkeit teilt er unter anderem mit Lorne Lannig von Oddworld Inhabitants. Der hat ebenfalls immer auf die Pauke gehauen, aber letztlich nur mit Wasser gekocht. Ist Molyneux ein Visionär? Ein missverstandenes Genie? Letzteres hätte er dann mit mir gemein, wobei ich ja eigentlich gar nichts kann und er schon einiges auf dem Kasten hat. Außerdem bin ich zu fett und er ist schlank. Wie sehr ich ihn dafür hasse!
Jetzt, wo ich mich wieder beruhigt habe, können wir uns endlich dem Grund dieser News-Meldung widmen. Herr Molyneux hat neulich in London eine Rede gehalten. Darin ging es um die Zukunft der digitalen Unterhaltung. Seiner Meinung nach braucht die Industrie vor allem Innovationen, um weiter zu wachsen. Zum Beispiel, indem man Games entwickelt, die dem Spieler das Gefühl vermitteln, geliebt zu werden. Oh, Mann.
Als er dann über die Entwicklung und die neuen Features von Fable 2 für Xbox 360 sprach, erwähnte er folgendes: „Das große Feature sind die Emotionen, die ich Euch fühlen lassen möchte und für mich rührt die Revolution von dort her.“
“Wir fühlten Emotionen des Tötens, des Verstümmelns und die Emotion der Macht. Aber wir brauchen komplexere und interessantere Emotionen. Von dort wird die echte Innovation kommen.“, so Molyneux. Laut ihm hätten Online-Spiele das Potential, Spieler zusammenzuführen und ein viel breiteres Publikum anzusprechen, vorausgesetzt man sorgt dafür, dass sich Spieler geliebt fühlen. Keine Angst, es geht noch weiter.
“Die Innovation, dass ich mit Euch und Bekannten zusammen spiele und eine Freundschaft entsteht, wir sogar über die selben Dinge weinen - das ist mein ultimativer Plan. Eine der erhofften Emotionen – wenn ich meinen Job richtig mache – ist die Emotion geliebt zu werden. Nicht Ihr werdet etwas lieben, sondern etwas wird Euch lieben.“, gab Molyneux zu verstehen. Ich könnte mir ja fast vorstellen, wie das dann im fertigen Spiel aussieht. Ein NPC kommt auf mich zu und sagt: „Ich liebe dich!“ Aber Molyneux meint das wahrscheinlich anders. Aber was ist eigentlich echte Liebe und wie soll man das im Spiel darstellen? Geht das überhaupt? Sollte man überhaupt so weit gehen? Als ich damals Seaman auf SEGAs Dreamcast spielte, hat mich mein virtuelles Haustier wirklich geliebt, glaube ich. Zwar musste ich das Schuppenvieh immer wieder mittels körperlicher Gewalt maßregeln, aber so funktioniert Erziehung halt. Mit Liebe und Toleranz kommt man bei sprechenden Fischen heutzutage doch nicht mehr weit!
Zurück zum Thema. Laut Molyneux hat sich echtes Online-Gaming noch nicht etabliert, weil aktuelle MMOGs das Mainstream-Publikum nicht erreichen. „Es gab bisher noch keine Online-Spiele. Ja, es gibt World of Warcraft und es ist fantastisch. Ich saß bis vier Uhr morgens in Unterhosen da und spielte es ungefähr sechs Monate lang. Ich begriff, dass ich einer von Millionen von Menschen bin, die das tun. Aber das ist keine wirkliche Innovation. Das funktioniert nur bei Geeks, wie ich einer bin. Meine Leidenschaft ist es, wirklich jeden an Online-Spiele heranzuführen.“ Hui! Die Frage ist doch eher, ob die Geeks darauf Bock haben, mit ihrer Oma durch Azeroth zu spazieren.
“Wir brauchen weniger Spiele über Zombies und Aliens, weniger Spiele über große Knarren, um mehr Menschen zu erreichen. Wir brauchen unglaublich tief gehende Spiele. Wenn wir etwas erschaffen, das echt aussieht, muss es sich auch echt verhalten. Nie mehr dürfen wir Adventures liefern, in denen nur ein einziges Buch aus einem ganzen Bücherregal lesbar ist.“, so Molyneux weiter. Da hat er auf jeden Fall recht, aber wenn jetzt alle Spiele sechs Monate mehr Entwicklungszeit benötigen, weil man komplett ausgestattete Bücherregale integrieren muss, dann ist das ja auch nix. Zu gängigen Physik-Engines äußerte sich Mr. Molyneux ebenfalls: „Die momentan erhältlichen Physik-Engines sind fantastisch, aber nur für uns. Das ist nicht gut genug für andere Konsumenten. Die wollen echte Physik und keine Spiele-Physik! Die Spiele-Industrie hat noch ein einiges vor sich, bevor das erreicht ist.“
Am Donnerstag treffe ich Herrn Molyneux im Rahmen einer Microsoft-Veranstaltung. Ich hoffe, dass er erst danach von diesem Artikel erfährt.