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Hellgate: London

Götterdämmerung im Multiplayer

Wesentlich bessere Arbeit haben die Entwickler bei den Gegenständen und dem Kampfsystem hingelegt. Neben der wirklich perfekt ausbalancierten Drop-Rate sorgen verschiedene Spezialeffekte für die nötige Spieltiefe. Man kann Gegner anzünden, unter Strom setzen, Phasen verschieben, vergiften und betäuben. Außerdem gibt es Attribute, die bestimmte Monstertypen stärker verwunden als andere. Es ist zwar dadurch nicht gerade einfach, die Stärken einzelner Waffen im ersten Moment zu begreifen, dafür bekommt man im Gegenzug ein enorm komplexes System geliefert, das man über Monate hinweg erforschen kann.

Da wenigstens dieser Bereich perfekt umgesetzt wurde, reduziert sich das Gameplay auf die Jagd nach dem nächsten Gegenstand und dem nächsten Level. Immerhin bietet das Charakter-System auch bei den Skills gute Ansätze, die zwar ruhig etwas komplexer hätten ausfallen können, aber zum größten Teil wirklich Sinn machen. Manchmal wäre es nur angenehm, wenn einem das Spiel die lästige Rechenarbeit abnehmen und bei Charakteren, wie zum Beispiel dem Evoker, der Schaden der Zaubersprüche vernünftig angezeigt würde.

Auch die Bedienung ist stimmig und zeigt kaum eine Blöße. Vergleichsfenster für Waffen, ein Kontext-sensitives Einkaufs-System und ein übersichtliches Chat-Fenster sind für ein MMO eher Standard, für ein Action-Rollenspiel aber recht komfortabel. Im Gegenzug vermisst man aber eine Sortierfunktion für das viel zu klein geratene Inventar und die geniale Transfermöglichkeit eines Titan Quest, wo man zwischen den Charakteren Gegenstände austauschen konnte. Gerade weil man viel zu oft falsche Items findet, wäre es nett gewesen, zumindest im Einzelspielermodus, nicht bei jedem Fund eines legendären Gegenstandes für eine andere Klasse vor Wut ins Keyboard beißen zu müssen.

In diesem Level muss man eine Truppe Jäger wie in einem Echtzeitstrategiespiel durch einen Level steuern.

Aber eigentlich muss man sich über die stiefmütterliche Behandlung des Offline-Modus nicht wundern. Hellgate: London schreit den Spieler nahezu an jeder Ecke 'Multiplayer' entgegen. Spätestens nach dem zweiten oder dritten Durchgang, stört man sich kaum noch an der mageren Präsentation und der wirren Geschichte. Dann geht es nur noch um das schnelle Leveln und um neue, stärkere Gegenstände.

Damit wir uns vom Multiplayer-Modus ein vernünftiges Bild machen konnten, haben wir den Test um ein paar Tage nach hinten verschoben. Dadurch konnten wir nicht nur die Beta in Augenschein nehmen, sondern auch die aktuellen Server. Neben der Freundesliste, dem Gildensystem und den ganzen Premium-Funktionalitäten, sind wir so in der Lage auch die Stabilität zu bewerten. Zwei Tage Dauerzocken auf 'Sydonai' haben gezeigt, dass die Flagship Studios einen sauberen Job gemacht haben und man relativ lagfrei spielen kann.

Auch Freundeslisten und Gildenfunktionalitäten funktionieren einwandfrei. Mit 10.000 Gold und einem Premium-Account ausgerüstet, haben wir gleich eine Eurogamer-Gilde gegründet. Dies geht nur, wenn man bezahlt, beitreten darf aber jeder. Neben dieser Funktion gibt es auch ein paar andere Vorteile für Premium-Nutzer. Ihre Gegner lassen verschiedene Gegenstände fallen, die sich recht einfach in Items wie Teleporter und Andrenalin-Spritzen umtauschen lassen. Außerdem kann man die eigene Rüstung einfärben, um sich so von den Mitspielern zu unterscheiden.

Diesen süßen, kleinen Zombie-Roboter können nur Premium-Mitglieder zusammenbasteln.

Wer etwas Ausdauer zeigt, kann sich zum Beispiel einen Zombie-Roboter als Haustier basteln, der zwar keinerlei Funktion besitzt, aber sehr lustig aus der Wäsche schaut. In Kombination mit den zusätzlichen Charakter-Slots – normale User besitzen nur vier, Subscriber acht – und dem Zusatz-Content könnte sich das Paket für Hardcore-Spieler wirklich lohnen. Wer nur ab und an in die Welt von Hellgate eintauchen möchte, kommt mit dem Standard-Zugang aber wunderbar aus.

Das eigentliche Gruppenspiel funktioniert sauber und ohne größere Probleme. Die Stärke der Monster wird leider nicht angepasst, stattdessen wird einfach die Menge deutlich erhöht. Dank der später recht knackigen Levels ist dies aber kein Manko. Man muss jedoch abwarten, was die nächsten Updates bringen. Wie schon Diablo 2 wird sich auch Hellgate in der nächsten Zeit gewaltig verändern.

Ohne größere Bugs ist der Mehrspieler-Modus schon jetzt spielbar und macht deutlich mehr Spaß als der etwas unglückliche Singleplayer. Hellgate spielt all die Stärken aus, die auch Diablo 2 zu einem solch gigantischen Erfolg verhalfen. Trotzdem ist es den Flagship Studios nicht gelungen, das fast sieben Jahre alte Vorbild zu schlagen. Beim nächsten Mal also etwas mehr Innovation, Mister Roper.

Die vier ersten Mitglieder der Eurogamer-Gilde.

Mit der Zeit verschwinden die Zweifel und Ängste. Hellgate: London ist keine Katastrophe geworden, sondern ein packendes Action-Rollenspiel, das die Sammel-Wut zu seinem zentralen Gameplay-Element gemacht hat. Trotzdem muss man sich die Frage stellen, ob eine neue Perspektive und die schicke 3D-Grafik nach über sieben Jahren genug sind. Meine Prophezeiung: Dem Spiel wird es nicht gelingen, die gleiche Bedeutung wie Diablo 2 zu erringen. Dazu fehlt eine packende Präsentation und wirkliche Innovation.

Genau wie sein großes Vorbild wird es sich aber über die Jahre ständig verbessern und damit wahrscheinlich am Ende ein wirklich herausragendes Spiel werden. Bis dahin muss man als Spieler mit ein paar Unzulänglichkeiten leben müssen.

Der Singleplayer alleine müsste übrigens mit mindestens einem Punkt weniger zurecht kommen, erst der wirklich gelungene Multiplayer macht aus Hellgate: London ein sehr gutes Spiel.

Der Premium-Service von Hellgate: London kostet ca. 7 Euro pro Monat.

8 / 10

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