Dead Island
Wenn in der Hölle kein Platz mehr frei ist, fahren die Toten in den Badeurlaub
Einige der zentralen Quests, bei denen man meist Vorräte beschaffen oder Anlagen wieder in Gang setzen muss, sind allerdings recht routiniert gemacht, in bester Zombiefilm-Manier gehalten und können durch die dichte Atmosphäre durchaus das Interesse halten.
Es ist halt nur ein wenig ernüchternd, wenn einem das Spiel explizit sagt: "Bringe mir zwei Konserven" und der zuständige NPC sich anschließend aufregt, warum man nicht mehr gefunden hat. Oder wenn man kilometerweit zu einer Tankstelle geschickt wird, um weitere "Vorräte" für die Verhungernden zu holen, dort aber nur zwei Kisten Fruchtsaft - sonst nichts(!) - als Missionsziel markiert sind.
Am meisten Potential lässt der Titel jedoch im Mehrspielermodus liegen, der als zentrales Element beworben wird - immerhin ist das stetig fluchende Charakter-Quartett lustigerweise in den steif inszenierten Zwischensequenzen immer vollzählig, selbst wenn man alleine auf Banoi unterwegs ist. Das Zusammenspiel mit bis zu drei weiteren Teilnehmern wertet das Erlebnis zwar durchaus auf, aber lange nicht so sehr wie in vielen anderen kooperativen Games da draußen.
Es ist sehr unterhaltsam, sich in zwei Zweierteams um verschiedene Nebenmissionen gleichzeitig zu kümmern oder die Aufmerksamkeit einer Feindesgruppe von den anderen Spielern abzulenken. Doch auch hier ist nicht alles hundertprozentig im Lot: In meiner Partie trat ein Kollege bei, der wohl dank fleißigerer Sidequest-Jagd Level 15 hatte, während ich als Host Level 7 besaß. Da sich die Stärke der Feinde jedoch an meinem Charakter-Fortschritt orientierte, mähte er sich durch die Horden wie ein Berserker. Kennt man ja aus MMOs, ist aber in einem Actiontitel mit Horror-Anteilen der Stimmung nicht unbedingt förderlich.
Das Zusammenspiel hält sich in engeren Grenzen als es müsste. Hier kann irgendwie jeder alles, ganz gleich, welche Skills er gelernt hat. Wenn das Spiel schon Fähigkeiten anbietet, dann könnte man sich auch die eine oder andere einfallen lassen, von der auch die Koop-Partner profitieren. Eine echte Rollenverteilung ergibt sich so nur selten. Viele der Innenlevel sind außerdem dermaßen eng gestaltet, dass man sich ein wenig gegenseitig auf den Zehen steht. Wenn dann noch alle vier Spieler regelmäßig Dinge in ihrem Inventar erledigen, weil mal wieder der Rucksack voll mit verschlissenen Waffen ist, die auf ihre Reparatur warten, kommt das Spiel nur noch weiter ins Stocken.
Einige Bugs runden zudem das Bild von einem Titel ab, der schlicht sehr viel besser hätte sein sollen. Unter anderem hatte ich einen Quest-Stopper, als ein Zombie, der als Missionsziel markiert war, für mich unerreichbar durch ein geschlossenes Garagentor hindurch clippte. Später verlor ich eine Waffe nach einer kostspieligen Modifikation, als diese einfach in der Werkbank verschwand. Einige Respawn-Punkte beamten mich an Orte, die ich noch gar nicht erreicht hatte - oder wahlweise direkt wieder in den Mob hinein, der mich gerade gefressen hatte. Zudem sind einige Nebeleffekte und Animationen ein wenig grob geraten.
Letzten Endes könnte Dead Island von dem ersten Trailer - ihr wisst schon, der mit dem Mädchen - nicht weiter entfernt sein. Ist es deshalb ein schlechtes Spiel? Nicht wirklich. Allerdings wurde hier mehr als eine Sache nicht wirklich zu Ende gedacht, viel wirkt formelhaft und unfertig, worüber selbst die derbsten Splatter-Effekte und der bisweilen durchaus vorhandene Suchteffekt nach neuen Komponenten und Waffen nicht hinwegtäuschen können.
Wer sich dennoch für Dead Island entscheidet, bekommt einen überaus umfangreichen Totentanz mit guten Momenten, der aber selbst Zombie-Fanboys nur in kleinen Dosen zufriedenstellt. Es ist das Musterbeispiel eines Titels, an dem man die Idee schätzt, ja, vielleicht sogar liebt. Nicht aber das eigentliche Erlebnis, das es schließlich geworden ist.
Dead Island erscheint nicht offiziell in Deutschland. Das EU-Umland kann es morgen bereits kaufen.