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Dead Space: Extraction

Mittendrin statt nur dabei

Obwohl Dead Space: Extraction sehr viele Zwischensequenzen und Dialoge bietet, seid ihr so gut wie nie zum passiven Zuschauer degradiert. Ihr könnt jederzeit eure Telekinese einsetzen, um im Hintergrund Spindtüren zu öffnen und Heilmittel, Munition, neue Waffen oder Power-Ups einzusacken – ein einfacher, aber cleverer spielerischer Kniff, der dafür sorgt, dass ihr euch niemals allzu sehr in Sicherheit wiegt und stets auf Zack seid.

Überhaupt wird Abwechslung groß geschrieben. Ihr zerlegt nicht nur Horden an Gegnern, gelegentlich meistert ihr auch Geschicklichkeitseinlagen. Um Computer zu hacken, schüttelt die WiiMote, um per Leuchtstab dunkle Gänge zu erhellen, vernietet enge Durchgänge, um euch die Gegnerplage etwas vom Hals zu halten. Und ihr müsst gelegentlich auch mal Multitasking betreiben: Während Horden von Monstern auf euch einstürmen, gilt es, einen klaren Kopf zu behalten und mit ruhiger Hand eine gesicherte Türe zu öffnen. Besonders an solchen Stellen ist ein zweiter Spieler mehr als hilfreich, überhaupt steigt der Spielspaß im Team nochmal kolossal an.

Ebenso essenziell wie die gute Spielbarkeit ist aber insbesondere bei Dead Space auch die Atmosphäre. Und gerade hier punktet Extraction. Technisch gehört das Spiel ohne Wenn und Aber zur Wii-Elite und bewegt sich grafisch sehr nahe am prächtigen Original. Details, Effekte und Mimik der Protagonisten beeindrucken und zeigen, wie sehr andere Entwickler die kleine Konsole oft unterfordern.

Grafisch ist das Wii-Spiel sehr nahe am Original dran, nur die Auflösung ist natürlich niedriger.

Und wenn ihr dann einmal von euren Mitstreitern getrennt in den klaustrophobischen Gängen der Ishimura unterwegs seid und eure Figur – und damit ihr selbst – von Halluzinationen heimgesucht wird, dann dreht die Atmosphäre richtig auf. Krasse Schockeffekte sind selten, aber gerade dadurch auch umso effektiver, der wahre Horror entsteht durch das stets präsente, unterschwellige Grauen, das zunehmend an euren Nerven nagt.

Neben den zehn umfangreichen Storymissionen spielt ihr einzelne Herausforderungen frei. Dort halten dann wieder die Arcade-Elemente Einzug. Auf Story wird verzichtet, hier geht es nur um Punkte und natürlich ums Überleben. Schade, dass es keine Möglichkeit gibt, euren Score ins Internet hochzuladen und mit anderen zu vergleichen. Online-Multiplayer verlangt ja schon keiner mehr, aber zumindest Highscore-Listen wären doch ein netter Zug gewesen.

Erschien der Erstling im zensurwütigen Deutschland noch komplett ungekürzt, kam Electronic Arts beim Shooter-Prequel um ein paar Schnitte leider nicht herum. In den ersten Missionen des Spiels bekommt ihr es noch mit menschlichen Gegnern zu tun. Während ihr denen in der ungeschnittenen Euro-Version, wie den ekligen Necromorphs im späteren Spielverlauf, die Gliedmaßen einzeln abschießen könnt, verzichtet die deutsche Fassung darauf. Ebenso wurden Sterbeanimationen abgemildert. Natürlich sind Schnitte immer eine ärgerliche Angelegenheit, ein Beinbruch sind die Kürzungen aber nicht. Ärgerlicher ist da schon, dass in der deutschen Fassung auch wirklich nur der deutsche Bildschirmtext vorhanden ist, während die Protagonisten fröhlich Englisch reden. Auf Untertitel in der Originalsprache müssen deutsche Spieler verzichten.

Nur das grüne Licht des Leuchtstabes erhellt manch dunklen Gang.

Dafür dürfen sie auch am Motion-Comic teilhaben: Der wird nach und nach freigeschaltet und ist eine leicht animierte und vertonte Adaption des Comic-Prequels von Autor Antony Johnston (Three Days in Europe) und dem hervorragenden Zeichner Ben Templesmith (Fell) und zeigt einen weiteren Blick auf die Ereignisse in der Kolonie auf Aegis VII – genau das richtige für Fans, die nicht genug von der schmutzigen Dead-Space-Welt bekommen können.

Und das bringt auch den Gesamteindruck von Dead Space: Extraction auf den Punkt. Visceral Games und Co-Entwickler Eurocom haben ganze Arbeit geleistet und ein spielerisch und inhaltlich absolut überzeugendes Prequel abgeliefert, das dem Vorbild voll und ganz gerecht wird, auch langfristig motiviert und beeindruckend zeigt, was man aus dem Lightgun-Genre tatsächlich noch alles herausholen kann.

Dead Space: Extraction ist keine schnelle Abzocke, sondern ein vollwertiger Teil der wachsenden Dead-Space-Reihe. Es sieht prima aus, ist umfangreich, bietet überraschend viel Tiefgang und Wiederspielwert, ist atmosphärisch und in seinen stärksten Momenten tatsächlich auch mal verstörend. Selbst wenn ihr bisher noch so eure Vorbehalte an den Genre- und Plattformwechsel von Dead Space hattet, schaut euch Dead Space: Extraction unbedingt genauer an. Nicht nur Fans der Reihe werden hier viel Spaß haben.

Leider fällt aber auch Dead Space: Extraction in eine alte Falle des Lightgun-Genres: So durchdacht und stimmungsvoll die Kameraarbeit hier auch wirkt, gelegentliche plötzliche Kameraschwenks und Dreher sorgen dafür, dass ein eigentlich wohl gezielter Schuss spektakulär daneben geht und ihr öfter mal wertvolle Munition für die potenteren Knarren unnötig in der Gegend verheizt. Und auch wenn der Umfang mit zehn Missionen überzeugt, so ist das Ende doch wieder etwas sehr abrupt, kurz und auch inhaltlich eher unbefriedigend.

Dead Space: Extraction ist ab sofort für den Wii im Handel erhältlich.

8 / 10

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Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Dead Space: Extraction

PS3, Nintendo Wii

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