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Dead to Rights: Retribution

Achtziger-Jahre-Trash

Dead to Rights: Retribution macht auf den ersten Blick eine ganze Menge falsch. Flache Story, seltsamer Hauptcharakter, zum Teil unglaubwürdige Animationen und ein Artdesign aus der Achtziger-Jahre-Hölle. Noch dazu Klongegner, ein viel zu seichtes Prügelsystem und ein stumpfes Abarbeiten von Gewalt-Höhepunkten. Nüchtern betrachtet ein unterdurchschnittlicher, oft geschmackloser Titel. Ab in die Tonne und Zeitung drüber.

Doch irgendetwas hat diese seltsame Mischung aus Shooter, Stealth-Game und Prügel-Party an sich, dass man doch noch einen Level weiterspielt. Hier eine neue Waffe, dort ein frisches Spielelement, eine solide Technik und vor allem die Sequenzen mit eurem Begleiter Shadow, einem Wolfshundmischling. Ständig bekommt ihr etwas geboten, einen neuen Missionstypen oder ein paar unverbrauchte Gegner, die euch vorantreiben und immer wieder in ihren Bann ziehen.

Zeitlupe? Ist drin. Cover-System? Funktioniert. Endgegnerkämpfe? Bis auf ein bis zwei Ausnahmen echt spaßig. Hey, sogar die künstliche Verknappung von Munition macht irgendwie Sinn. Kurz, wenn man sich auf das Spiel einlässt und auf Action-Trash steht, überlebt man sogar One-Liner a la „Du hast das recht zu.... schweigen!“, während Hauptdarsteller Jack die Zähne seines Opfers mit einem Militärstiefel eintritt.

Es ist aber enorm wichtig, dass ihr beim Hauptcharakter keinen Schreikrampf bekommt. Der dröge Racheengel, der mit seinem Namen Jack Slate nur Action- oder Pornostar werden konnte, sieht mit seinen gewaltigen Muskeln nicht nur dämlich aus, sondern verhält sich auch so. Die meiste Zeit ist der junge Polizist am brüllen. Wütend zieht er zu Beginn durch ein von Gangstern belagertes Hochhaus. Bricht Arme, Beine und sorgt mit Slow-Motion-Kills für ein ausgewachsenes Blutbad.

Sein Vater, ein Cop der alten Schule - so mit gefangen nehmen und ins Gefängnis stecken -,  versucht ihn zu steuern und seine Kräfte in die richtigen Bahnen zu lenken. Doch wie es der Drehbuch-Baukasten so will, wird der gute Mann von einem korrupten Cop um die Ecke gebracht. Den Rest könnt ihr euch denken. Jack zieht mit Shadow los und metzelt sich erst durch die Unterwelt von Grant City, kommt einer gewaltigen Verschwörung auf die Schliche, nur um am Ende nach und nach deren Hintermänner zu eliminieren. Gähn.

Dead to Rights: Retribution - Trailer

Ein weiterer Stolperstein auf dem Weg zum Hit ist das etwas grobschlächtige Artdesign. Während sich die Technik samt Beleuchtung, Texturen und Detailgrad überraschend wacker schlägt, sehen nicht nur einige Figuren, sondern auch Panzer, Waffen und Gebäude plump aus. Die stereotypischen Gangs, etwa die geschminkten Triaden, die rechtsradikalen Rednecks oder die Gewerkschaft im Arbeiter-Look, scheinen direkt einem Achtziger-B-Movie entsprungen. Mit groben Strichen wurde hier eine Welt aus Gut und Böse, Schwarz und Weiß aus dem Boden gestampft, die sich leider zu Ernst nimmt, um als Satire durchzugehen. Noch dazu ist Jacks Renn-Animation viel zu hektisch und wirkt einfach unnatürlich.

Auch die Locations bieten keinen wirklich neuen Blickwinkel auf Grant City. Die meisten Areale sind in grau-braun gehalten. Es regnet ständig und die Wohnviertel erinnern an die Slums von Bombay. Überall Schmutz, Müll und Ratten. Die Gebäude bieten zwar einen hohen Detailgrad, wirken aber klobig und uninspiriert. Immerhin haben die zehn Story-Level mit Militär-Basen, Hochhäusern und Kanalisationen genug Abwechslung im Angebot, um über die acht bis zehn Stunden nicht zu langweilen. Ein weiteres Manko: Das Spiel ist absolut Tageslicht-untauglich. Es herrscht ständig Nacht - und wenn es nicht entsprechend dunkel in eurem Zimmer ist, werdet ihr auf dem Bildschirm wirklich nichts erkennen.

Das Gameplay macht dort weiter, wo der relativ unbekannte Vorgänger angefangen hat. Ihr seht euren Racheengel aus der Schulterperspektive, legt auf Knopfdruck die Waffe an, sammelt durch Nahkampfattacken Zeitlupenenergie und jagt Shadow auf besonders nervige Zeitgenossen. Neu ist das Cover-System, das funktioniert, wie es soll. In Deckung gehen, Stellung wechseln und drüberhüpfen klappt ansatzlos.