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Deadly Creatures

Gegen alle Instinkte

Eine Animation schön zu gestalten, ist eine Sache, sie so in die Länge zu ziehen, dass es dem Feind regelmäßig ein bequemes Fenster zum Angriff lässt, eine andere. Eine, die Euch spätestens auf dem dritten und höchsten Schwierigkeitsgrad vor Frust und Zorn ob der Unfairness zittern lässt. Hier reagieren die Feinde schneller, landen ab der Hälfte des Spiels billige Treffer und solltet Ihr Euch nicht mit äußerster Vorsicht heranpirschen, werdet Ihr vielfach regelrecht in Stücke gerissen. Der auf den ersten beiden Härtegraden witzige und in Zügen auch taktische Prügelkampf ungewohnter Kombattanten gerät so häufig zur Prüfung purer Willenskraft, das Spiel nicht einfach zu beenden.

Genau dies könnte Euch auch komplett unverschuldet und unabhängig von der Wahl des Härtegrades widerfahren. Von einem Bug aus dem Rennen ums Überleben geworfen zu werden, dürfte der fieseste Tod sein und mir selbst widerfuhr er zwei mal im Laufe von zwei Durchgängen. Beide Male verschwand ein Standardfeind im Boden. Er war noch da und ein paar einzelne Pixel huschten noch umher, nur treffen konnte ich ihn nicht mehr. Damit wurde das nächste Ereignis nicht ausgelöst und es blieb nur noch die Möglichkeit, den Reset zu betätigen. In einem Spiel, das an anderen Stellen mit unglaublichen Production Values in Form prominenter Stimmen und teilweise wirklich beeindruckenden Umgebungen um sich wirft, überraschen solch drastische Unpässlichkeiten.

Ihr werdet auch auf eine ganze Reihe weit weniger dramatischer Fehlerchen stoßen. Die Kollisionsabfrage in den Kämpfen bleibt bis zum Schluss etwas diffus und eigentlich heißt es besser zu nah, als genau richtig postiert. Dann steigt die Chance zu treffen. Zudem tauchen Feinde gerne mal in die Umgebungspixel halb ein und die Kamera leistet zwar zu 80 Prozent gute Dienste, nur den Rest der Zeit lässt sie Euch rätseln, wo Ihr sein könntet und wo es vielleicht weiter geht.

Deadly Creatures - Finisher-Video

Zum Glück für Deadly Creatures hält es genug Momente bereit, die Euch vergessen lassen, dass Ihr hier eigentlich nichts anderes als einen zu hundert Prozent linearen und sicher nicht zu hundert Prozent perfekten Action Adventure-Brawler spielt.

Die Moment, in denen Ihr in eine dunkle Spinnenhöhle krabbelt, die nur vom Schein eines fallen gelassenen, defekten Handys erleuchtet wird. Ein Puppenkopf riesenhaft und bedrohlich den Weg weist. Ihr von Kaktus zu Kaktus hüpft, die Weite des amerikanischen Mittelwesten im Hintergrund. Der phänomenale Kampf der Spinne gegen ihren Erzfeind, das David-gegen-Goliath-Spiel des Skorpions. Für jeden drögen Tunnel in Deadly Creatures hält man eine denkwürdige kleine Szene bereit, die Euch entschädigt. Wenn es denn nur insgesamt nicht so kurz wäre. Sechs, vielleicht sieben Stunden waren es bis zum Abspann auf Normal. Das ist heute vielleicht schon fast im Bereich des Gewohnten, aber eigentlich nur bei Ego-Shootern, die dann auch noch die Spielzeit mit einem Multiplayer strecken.

Selbiges findet Ihr in Deadly Creatures allerdings nicht. Was sehr enttäuscht. Wir hätten sicher jede Menge Spaß dabei gehabt, mit Tarantel und Skorpion festzustellen, wer denn nun mehr deadly ist. Als Ausgleich für den Mehrspieler hält eine durch sinnlose Sammelquesten freischaltbare Kollektion von Artworks her. Wobei es erstaunlich ist, wie niedrig die Messlatte für etwas mit einem so hehren Namen gelegt wurde. Sollte „Art“work nicht wenigstens irgendwie künstlerisch wertvoll oder ansprechend sein?

Deadly Creatures - Horror-Trailer

Kurz und konventionell sind die negativen Kernbegriffe. Sechs Stunden Laufen und Prügeln. Darum geht es hier, wenn Ihr außen vorlasst, mit wem und in welcher Umgebung es stattfindet. Das ist ziemlich wenig für die volle Wegstrecke an Barem, die man dafür von Euch verlangt. Sogar ein paar Programmfehler, um in diesem Spiel mal nicht das Wort Bug zu benutzen, warf man noch in diesen mageren Deal.

Und trotzdem möchte ich Deadly Creatures nicht verdammen. Dazu bietet es einfach zu viele Momente, die Euch kurz am Screen innehalten oder zusammenzucken lassen. Es wird durch die drastische Veränderung von Wer und Wo kein innovatives Spiel und ein besseres Warum hätte ich mir auch gewünscht, aber Spaß hat es trotz allem gemacht. Das will ich nicht leugnen. Lasst Euch nicht von den prominenten Stimmen und der „So was gab es noch nie!“-Werbetrommel umgarnen. Erwartet nicht die Endstufe des Wii-Gamedesigns. Dann seid Ihr nicht zu enttäuscht und erlebt unvoreingenommen ein latent ekliges, sehr bodennahes, aber durchaus spaßiges Abenteuer.

Deadly Creatures ist exklusiv für die Wii im Handel erhältlich.

6 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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Deadly Creatures

Nintendo Wii

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