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Death's Door liebt Zelda und Dark Souls-Abkürzungen - und ich liebe Death's Door!

Originalität im Vertrauten.

Es ist nicht das Erste, was einem einfällt, wenn man darüber nachdenkt, warum Demon's Souls und Dark Souls die letzte Dekade hindurch weltweit Spiele-Fans so sehr gefangen nahmen, dass "Soulslike" mittlerweile ein (Sub-)Genre ist. Meist spricht man dann über den harten, aber fairen Schwierigkeitsgrad, und das Gefühl, über sich hinauszuwachsen, das so viele Spiele seit der Ver-mainstream-ung dieses Mediums Anfang der 2000er sich nicht mehr hervorzurufen trauten.

Aber dann spielt man mal ein anderes Soulslike - das unheimlich atmosphärische und bildhübsche Ashen zum Beispiel, das ich sehr schätze - und muss gestehen, dass da noch eine Zutat ist, die die Souls-Originale auf eine andere Ebene hebt: Für mich sind es die Abkürzungen. Wie wahnsinnig befriedigend es doch ist, am Ende der ersten, ewig langen und feindseligen Spießrutenläufe durch ein neues Gebiet eine Leiter zu lösen, eine Wand einzureißen oder ein Tor zu durchbrechen, und damit zukünftige Wege massiv zu verkürzen.

Die Charakterdesigns sind eine Wonne.

Das ist schon für sich genommen wie ein Level-Aufstieg oder ein schönes Stück Loot zu finden. Besser eigentlich noch. Es ist eine schön in der Spielwelt manifestierte Bestätigung der eigenen Progression. Beim Duo von Acid Nerve, den Entwicklern von Death's Door, sitzt wohl jemand, dem die Abkürzungen als erstes einfallen, wenn er in Erinnerungen an Dark Souls schwelgt. Obwohl Death's Door spielerisch entschieden näher an The Legend of Zelda liegt, nur eben inszeniert aus seiner isometrischen Perspektive, wird direkt klar, wie viel Freude Mark Foster und David Fenn aus Manchester dabei hatten, die einzelnen Bereiche ihrer Welt miteinander zu verzahnen. Es fühlt sich jedes Mal wie eine Belohnung an, wenn man die Welt als Folge der eigenen Erkundung ein Stück zusammenschrumpfen lässt.

Death's Door ist mehr schön als schaurig

Ansonsten ist es vor allem die aparte Verpackung, die ein wenig auf dem falschen Fuß erwischt (auf die gute Art), denn das restliche Spiel bewegt sich unbeirrt im Rahmen dessen, was man von einem Action-Adventure klassischer Machart erwartet: Griffige Steuerung samt Ausweichrolle, wuchtige Schwerthiebe, Feuerschalen-Rätsel und verschlossene Bereiche, die mit neuen Talenten zu einem erneuten Besuch einladen. Zum Beispiel, um ein "Herzteil" beziehungsweise das Äquivalent dessen zu finden, um nach vier solcher Dinger seiner Lebensenergieleiste einen weiteren Trefferpunkt hinzuzufügen. Nein, das alles kennt man, auch wenn es hier so gruslig routiniert aufgebaut und unterhaltsam umgesetzt ist, dass man denken könnte, es sei doch nicht so knifflig, ein Zelda auf die Beine zu stellen.

Zwischen Nah- und Fernkämpfern müsst ihr nur den Überblick behalten.

Wahnsinnig schwierig fand ich Death's Door nicht, eher auf die angenehme, nicht allzu sehr bremsende Art fordernd. Was auch eine nette Risiko-Belohnung-Mechanik verdeutlicht: Heilgegenstände gibt es nicht, soweit ich das nach gut drei Stunden spielen - ich erlegte den ersten größeren Boss - sagen kann. Stattdessen findet ihr hier und da mal einen Samen, den ihr an bestimmten Stellen in einem Blumentopf zu einer heilenden Pflanze hochziehen könnt. Diese gibt euch dann einmal alle Lebensenergie zurück. Erst beim nächsten Besuch dieses Bereiches erblüht sie wieder. Viel weiter reckt sich das Spiel in seinen mechanischen Ambitionen bisher nicht.

Aber das ist auch gut so. Denn was soll ich sagen: Vor diesem Story-Hintergrund und in dieser interessanten Welt ist das ein Bonus, weil ich mich so mit vertrauten Werkzeugen und einem Sicherheit ausströmenden Ablauf auf all die kleinen Eigenheiten des Szenarios stürzen kann: In einer Welt, in der niemand mehr stirbt, werden die Seelen irgendwann riesig und schäbig, weil keine Reinkarnation mehr stattfindet. Im Taschenuniversum zwischen dem Leben und dem Tod werden daher Krähen damit beauftragt, zu große Seelen zu kassieren. Notfalls mit dem Schwert in der Hand (und machen wir uns nichts vor, das hier ist immer noch ein Action-Adventure).

Wenn der Sensenmann eine Krähe ist - und seinen Job fast buchstäblich interpretiert

Das ist dann immer wieder Gegenstand gut designter und nicht allzu einschüchternder Bosskämpfe oder bunt zusammengewürfelter Gegner-Mobs mit unterschiedlichen Talenten. Denn deren Seelen kann man in simpel strukturierte Kraft, Tempo oder Gesundheits-Upgrades stecken. Übersicht und Geduld werden belohnt, vor allem, weil ich Projektile von Fernangriffen reflektieren könnt, aber auch nicht über die Maßen eingefordert. Wie gesagt: Es ist fordernd, aber auch nicht daran interessiert, euch allzu sehr an euren Skills zweifeln zu lassen. Ihr vertretet immerhin den Tod. Das passt!

Immer wieder trefft ihr auf rätselhafte Figuren. Mein Favorit - hier nicht im Bild - war Pothead, der einen Suppentopf zum Schädel hatte. Den hatte er einem Fluch zu verdanken. Fragt nicht.

Visuell herrscht hier viel tragische Situationskomik zwischen erdigen, pastellenen Tönen, vereinzelten scharfen Licht- und Farbakzenten, wo die Schwelle zwischen den Welten überschritten wird, und Charakteren, deren groteske Dimensionen auch ein Studio Ghibli kaum anders gezeichnet hätte. Es ist einer der prägnantesten Looks dieses Sommers. Ein Anblick der hängen bleibt, und den man mit nichts verwechselt. Für mich eines der hübschesten Spiele in diesem Jahr.

Ein traditionelles Action-Adventure mit elegant designter Welt und ein paar interessanten Mechaniken neueren Datums war genau das, was mir noch gefehlt hat, dieses Jahr. Ich bin froh, nach gar nicht mal so kurzer Zeit endlich mal wieder ein Spiel zu erleben, das sich von den alten Zeldas inspirieren ließ - ihr wisst schon: von denen, die nicht gerade jeder nachäfft - und sich deshalb thematisch und visuell ein wenig strecken darf. Schön!

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