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Deception IV: The Nightmare Princess - Test

Einfach mal so richtig schön böse sein. Auf japanisch.

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Japanischer Blödsinn trifft auf eine sadistische Version von Kevin allein zu Haus. Jetzt mit noch mehr Inhalten.

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir in Spielen viel zu selten die Möglichkeit erhalten, einen richtigen Fiesling zu spielen. Damit meine ich keine moralisch fragwürdigen Protagonisten, deren Handlungen in irgendeiner Form rechtfertigt werden können. Nein, manchmal will ich einfach nur Frust abbauen und als Bösewicht jeden sich mir in den Weg stellenden Helden vernichten. Das beste und wohl bekannteste Beispiel ist Dungeon Keeper. An Ästhetik, Humor und Spielmechanik leicht als westlicher Titel erkennbar.

Das japanische Gegenstück dazu war schon immer die seit der PlayStation-Ära bestehende Deception-Serie. Auch dort müsst ihr euch strategisch gegen Helden verteidigen, die euer Domizil infiltrieren. Nur spielt ihr dort keinen Teufel, sondern leicht bekleidete Damen, in diesem Fall die Töchter Satans. Statt einen Dungeon zu errichten und eure Truppen zu koordinieren, lauft ihr selbst über das Kampffeld und platziert in einer sadistischen 18er-Version von Kevin allein zu Haus diabolische Rube-Goldberg-Fallensysteme. Japanischer als Deception kann ein Spiel kaum sein.

Schon länger war die Reihe ein kleiner Geheimtipp, doch Decpetion 4: The Nightmare Princess ist der eindeutig beste Einstieg für Neulinge. Ihr erhaltet neben der kompletten Kampagne des PS3- und Vita-Spiels aus dem letzten Jahr ein völlig neues Szenario mit 100 Missionen. Das Fantastische daran ist die abgedrehte Aufmachung des neuen Inhalts. Deception war schon immer überzogen und grenzenloser Schwachsinn. Immerhin schleudert ihr eure Feinde nicht nur von einer Falle zur nächsten, die gepeinigten Helden sind stets total bekloppt animiert und das Gezeigte erinnert dadurch an japanischen Slapstick.

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Der Zusatz Nightmare Princess unterstützt dieses Mantra anhand völlig abgedrehter Szenarien. Ihr seid nicht länger ausschließlich in Burgen und Folterkammern unterwegs, jetzt verteidigt ihr euch auf Spielplätzen oder Turnhallen. Jagt Gegner auf eine große Rutsche, an deren Ende sie auf ein Schaukelpferd oder Klettergerüst geschmissen werden. Derweil landen die armen Wichte in der Turnhalle mit den Weichteilen auf einem Schwebebalken oder flehen gefangen im Basketballkorb um Gnade.

Spielerisch sind auch diese Elemente gut umgesetzt, da ihr wie früher nicht nur für ausgeteilten Schaden Punkte kassiert. Euer Konto füllt sich ebenfalls nach einer schönen Erniedrigung des Helden. Also werft dem Ritter doch eine Torte ins Gesicht, bevor ihr ihn in die eiserne Jungfrau sperrt. Dem Klamauk sind keine Grenzen gesetzt und neben festen Fallen der jeweiligen Areale könnt ihr mehrere Foltergeräte frei platzieren und ferngesteuert aktivieren. Jederzeit dürft ihr das Geschehen pausieren, um in aller Ruhe die beste Ausrichtung eurer Konstruktionen zu überlegen. Visuelle Hinweise helfen, wenn es darum geht, den genauen Abstand zwischen zwei Mechanismen zu finden.

Die neue Protagonistin besitzt einen Tritt, mit dem ihr Helden besser in Fallen lenken könnt.

Ich finde es überaus motivierend, die besten, schrägsten und vor allem längsten Kombinationen zu finden. Denn je mehr Fallen in einer Kombo vorkommen, desto höher fällt der Schaden aus. Zudem lockt euch jeder Level mit drei zusätzlichen Herausforderungen, die neue Folterinstrumente freischalten. Dafür müsst ihr meist bestimmte Objekte einsetzen oder möglichst komplizierte Anordnungen herausfinden. Dadurch ist Deception fast mehr ein Puzzle- als Strategiespiel und erinnert stark an The Incredible Machine. Nur eben mit Mord und Totschlag.

Leider hat auch The Nightmare Princess das gleiche Problem wie alle anderen Teile der Serie. Zwar sind Steuerung und Kamera mittlerweile wesentlich besser, doch die größte Schwäche bleibt weiterhin eine sich nach hinten steigernde Wiederholungsanfälligkeit. Sobald ihr die meisten Fallen und Areale gesehen habt, müsst ihr eure Taktiken kaum anpassen. Zwar werden Feinde aggressiver und machen euch mit Zaubern das Leben schwer, doch sobald ihr eine gute Kombination gefunden habt, müsst ihr sie praktisch nie ändern, außer eine der optionalen Herausforderungen verlangt es von euch.

Japanischer geht es nicht.

Allerdings ist das nur ein Problem, wenn ihr wirklich alles im Spiel machen wollt. Wenn ihr den sehr guten Editor gar nicht anrührt, braucht ihr selbst in beiden Handlungen einige Stunden, bevor sich die Inhalt zu oft wiederholen. Bis dahin seid ihr zu sehr beschäftigt, eure tödliche Architektur zu verfeinern und euch an den lächerlichen Blicken der besiegten Helden zu ergötzen.

Ich kann Deception 4: The Nightmare Princess jedem ans Herz legen, der seine Spiele abgedreht japanisch mag und einmal auf der bösen Seite agieren möchte. Auch heute ist die Serie einzigartig, weshalb ich sie trotz altbackener Technik wärmstens empfehle. Falls ihr dagegen bereits den vierten Teil auf der PS3 oder Vita gespielt haben solltet, wartet ihr lieber auf eine Preisreduzierung. Anscheinend hielt Tecmo es nicht für nötig, die neuen Inhalte als einzelnes Paket im Online-Store anzubieten, weshalb man sich in dieser Position als Kunde leicht veräppelt vorkommen kann.

Für alle anderen ist die aufpolierte Version jedoch die beste Möglichkeit, um die sadistischen Freuden des Fallenlegens zu erleben.

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