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"Deep Down" im Dungeon: Dragon's Dogma - Dark Arisen

Knallharte Stippvisite auf der verfluchten Insel Finstergram.

Als Capcom im letzten Jahr just vier Monate nach der Veröffentlichung des Hauptspiels schon eine umfangreiche Erweiterung zu Dragon's Dogma ankündigte, war das eine schöne Überraschung. Dieser Titel war Capcom vollauf gelungen und stand, so fremd und vertraut zugleich, am Jahresende wohl nicht nur bei mir recht weit oben auf der Bestenliste 2012. Seit der Ankündigung hat sich allerdings das Naturell von Dark Arisen etwas verändert.

Was wohl mehr oder weniger zuerst als reiner DLC geplant war, wurde von Capcom mittlerweile zu einer Art Game-of-the-Year-Ausgabe des Hauptspiels aufgeblasen. Es war wohl programmiertechnisch nicht anders machbar, als die zusätzliche Insel mit all ihren Inhalten zusammen mit der Vollversion zu veröffentlichen. Im Grunde kaufen Besitzer des Hauptspiels Dragon's Dogma also ein zweites Mal, was dank Spielstand-Import aber kein allzu großes Problem darstellen dürfte.

Für eine Erweiterung ist der Preis mit etwa 30 Euro aber durchaus am oberen Ende angesiedelt, was zweifelsohne auf die Implementierung des Haupt-Abenteuers zurückzuführen ist. Capcom gedenkt jedoch, Zweitkäufern ihre erneute Entscheidung für den Titel mit zusätzlichen Inhalten zu versüßen. 100.000 Rift-Kristalle, die in den Dark-Arisen-Bereichen deutlich nützlicher sein sollen, als im Rest des Spiels, ein neues Rüstungspaket und unendlich Reisesteine. Dazu kommt das Gransys-Rüstungspaket mit sechs Outfits für euren Erweckten.

Ich kann nicht sagen, dass ich mich auf dieses Treffen freue ...

Am Ende muss es aber wohl oder übel der Inhalt der Erweiterung selbst stemmen. Doch nach allem, was ich bisher in Dark Arisen erlebt und ertragen habe, steht es auf der spielerischen Seite außerordentlich gut da. Worum geht's? Wer sich zu irgendeinem Zeitpunkt im Hauptspiel des Nachts am Pier von Kassardis rumtreibt, trifft auf eine geheimnisvolle Frau, die ihn um Hilfe bittet. Allerdings nicht in dem heimeligen Fischerdorf oder dem wohlbekannten Gran Soren, sondern auf der verhexten Insel Bitterblack, die im Deutschen Finstergram heißt und damit ein bisschen unglücklich nach einer Foto-App für Gothics klingt.

Finstergram selbst ist aber eher als ein gewaltiger Dungeon zu verstehen. Weite Wiesen oder Täler habe ich bisher nicht zu sehen bekommen und ich rechne auch nicht damit. Dafür aber gibt es wirklich sagenhaft per Öllampe ausgeleuchteten und Säulen-gesäumte Höfe, überwucherte Gärten, mit Holzkisten gefüllte Gänge und feuchte Katakomben, die auch einige fatalistisch-schöne Panoramen zu bieten, haben. Alles macht einmal mehr diesen anfassbaren, plastischen Eindruck der schon im Hauptspiel den Entdeckerdrang kitzelte, während ihr immer tiefer in die Eingeweide des Festungs-Eilandes vordringt, um ihm sein Geheimnis zu entreißen. Bisher - knapp fünf Stunden netto allein auf Bitterblack - ist es designtechnisch einer der besten Dungeons von Dragon's Dogma. Er fließt einfach schön vor sich hin, wirkt durch viele Türen und Durchgänge, die man leicht übersieht, schön groß und offen. Dabei ist er, wie auch das Hauptspiel schon, gut auf dem mittelalterlichen Fantasy-Boden geblieben, ohne langweilig zu werden oder ins Kitschige abzudriften.

Tiefer, immer tiefer.

Allerdings hab ich dank Verlust meines Spielstandes (der ist auf einem anderen Gerät) auch schnell festgestellt, dass Capcom das hier durchaus als High-Level-Content versteht, den man nicht unbedingt mit einem frischen Spielstand angehen sollte. Tatsächlich rannte ich mit meinem Level 4 Krieger böse gegen die Wand, als ich mich daran versuchte. Die meisten der 25 neuen Feindeskreationen (die sich zum Teil aber auch an bekannte Gegnertypen anlehnen), konnte ich kaum ankratzen, bevor ich nicht ein paar Stunden auf dem Festland Quests erledigte und mir aus dem Rift schlagkräftige Zauberer-Vasallen engagierte, die die Affinitäten der Feinde auszunutzen wussten (was sie leider immer noch oft genug vergessen). Dann - irgendwann um Level 15 herum - flutschte es auf einmal recht gut. Hart blieb es dennoch und die Ressourcen wurden regelmäßig knapp, aber es fühlte sich gut an. Dragon's Dogma hat einfach ein Talent dafür, den Spieler sich mächtig fühlen zu lassen und ihn gleichzeitig durchweg zu fordern.

Das Spiel hat nach wie vor einige der schönsten Licht-Effekte auf Konsolen zu bieten

Aber auch nach diesem Zeitpunkt machten mich gewisse neu entdeckte Feindestypen, wie etwa ein ziemlich humorloser schwarzer Ritter, ganz, ganz schnell einen Kopf kürzer, sodass ich häufig eine ganze Etage noch einmal spielen musste. Ich bin nicht sicher, ob und wie sich Dark Arisens Monsterstärke an höher-levelige Spieler anpasst und ob Leute, die das hier erst nach dem Ende der Kampagne angehen, ebenso gefordert werden. Da im Laufe meiner mehrstündigen Exkursion die Herausforderung trotz steigenden Levels meinerseits aber immer Konzentration einforderte, bin ich guter Dinge, dass sich auch Experten mit dreifach gemaxter Laufbahn nicht unterfordert fühlen werden.

Für derartige Profis und solche, die es noch werden wollen, stellt das Spiel immerhin eine zusätzliche Reihe an Skills für jede Charakterklasse bereit, von denen ich wegen meiner Spielstand-Problematik noch nichts zu sehen bekam. Ähnliches gilt für die über 100 frischen Ausrüstungsgegenstände - ein paar dieser Kleinode habe ich bereits - und mehr als ein Dutzend neuer Charakter-Fähigkeiten, aber bevor die Vollversion am 26. April erscheint, weiß ich definitiv mehr, um euch aus erster Hand davon zu berichten. Die Frage ist hier schlicht, ob diese eurer Spielweise neue Impulse verleihen können oder nicht.

Doch auch so, und obwohl ich das Spiel noch einmal vollkommen von null beginnen musste, war es dann doch nicht ganz einfach, den Controller aus der Hand zu legen, um diesen Ersteindruck zu verfassen. Ich weiß zwar noch nicht so genau, wohin die Reise geht und welche Ausmaße sie noch annimmt, aber das in permanente Dunkelheit gehüllte Bitterblack knistert vor schaurigem Zauber und funkelt einen aus jeder Gasse und jedem verdächtigen Spalt im Fels herausfordernd an. Dieser Ort ist ein einziges großes Geheimnis und wenn ich es nicht allzu bald entschlüsselt habe, relativiert sich auch die Preisfrage ganz schnell. Mehr Dragon's Dogma kann einfach keine schlechte Sache sein.

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.
In diesem artikel

Dragon's Dogma

PS3, Xbox 360

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