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Denon PerL Pro In-Ear Kopfhörer im Test: Die eigenen Ohren mit neuen Augen sehen

Ich wusste nicht, dass “Stöpsel” so klingen können!

Ebenso kraft- wie gefühlvolle In-Ear-Kopfhörer mit fantastischer Klangindividualisierung und auch ansonsten exzellentem Feature-Umfang.

Ich weiß, die Ersten meckern gleich in den Kommentaren, dass ich hier mal wieder Hardware aus dem Premium-Segment vorstelle. Aber die Denon PerL Pro waren einfach zu interessant, um sie nicht zu testen. Einen Bluetooth-Kopfhörer, der in der Lage ist, seinen Klang automatisch auf das Hörvermögen seines Users abzustimmen und noch dazu mit vielseitigen, modernen Codecs daherkommt, sieht man nicht alle Tage.

Da auch der Rest der Features wahnsinnig attraktiv war, hatte ich die PerL Pro als Wunschlos-glücklich-Lösung in Verdacht – und ich wurde nicht enttäuscht. Tatsächlich liebe ich die PerL Pro so sehr, dass ich sie mir nach dem Test gekauft habe, nachdem ich das Muster wieder zurückschicken musste. Ich mag sie nicht mehr missen.

Nicht klein, aber aufgeräumt und hübsch reduziert im Design.

Was sind die PerL Pro?

Bei Denons Neuen handelt es sich genau genommen nicht um ein komplett neues Gerät. Der Hersteller tat sich dieses Jahr mit dem innovativen australischen Kopfhörer-Startup Nura zusammen und liefert mit dem PerL Pro nun ein Update der NuraTrue Pro. Poster-Features sind MAAT (Masimo Adaptive Acoustic Technology), das Hörstärken und -Schwächen des Users ermittelt, über acht Mikrofone gesteuertes aktives Noise Cancelling, optional kabelloses Laden und acht plus 24 Stunden Akkukapazität im Case.

Dazu kommen Multipoint-Funktionalität und Codecs für Hi-Fi-Affine, etwa dank aptX Adaptive Klang in verlustfreier CD-Qualität. aptX Adaptive macht die PerL Pro aber auch für Spieler interessant, die entsprechende Bluetooth-Transmitter wie etwa den Creative BT-W5 ihr Eigen nennen. So lässt sich zwischen hoher Qualität und Latenz unterhalb von 90ms bequem umschalten. Weiterhin sind auch weiter verbreitete Standards an Bord, wie etwa aptX Classic, SBC und AAC.

Merkt euch gut wie sie aussehen: Stecken sie einmal im Ohr, nehmt ihr sie so schnell nicht wieder raus.

Lieferumfang und Verarbeitung der Denon PerL Pro

Aus dem kleinen Papp-Schächtelchen fällt neben dem USB-C-Kabel das Case mit den Kopfhörern, die magnetisch gehalten werden und recht tief in der Schale sitzen. Ein paar Mal muss man schon üben, bis man sie heraus gefingert bekommt. Weiß man aber, wie man sie zu packen hat, gelingt es jedes Mal problemlos. Das Case selbst gefällt durch soft-touch Oberfläche und fühlt sich robust und wertig an, auch wenn das Scharnier vermutlich nicht unzerstörbar ist. Ich war allerdings schon mal skeptischer, was die Befestigung der Klappe angeht (die ungleich günstigeren Razer Hammerhead), und auch die ist Jahre später noch dran. Der Deckel ist von innen gummiert und anders als (erneut) die Razer Hammerhead ergießen sich die Hörer nicht jedes Mal über den Fußboden, wenn mir das Case entgleitet. Mit fast 3 cm Höhe hat es aber nicht wirklich Hosentaschenformat.

Weiterhin mit im Paket sind Silkon-Stöpsel in vier Größen, eine Variante aus Memory-Schaumstoff in mittlerer Größe, sowie zwei größere Flügel, sollten die Standard-Lippen, die sich in die Ohrmuschel schmiegen, nicht fest genug halten. Der Wechsel dieser “Weichteile” ist so gut wie idiotensicher. Einzig die Stöpsel wieder aufzuziehen, bedarf etwas Fingerspitzengefühl. Dafür bekommt man den Eindruck, dass hier nichts einfach so abflutscht.

Ich wollte euch eigentlich den detaillierten Anblick von In-Ears, die seit Wochen in meinen Ohren stecken, ersparen...

Die Hörer selbst sind mit 8 Gramm und 2,5 cm Durchmesser nicht unbedingt zierlich, dafür aber hübsch anzusehen. An der Innenseite beider Ohrstöpsel sind Sensoren verbaut, die merken, wenn man einen herausnimmt und die Wiedergabe dann pausieren, in dieser Preisklasse nichts Besonderes, aber wer regelmäßig zu Podcasts einschläft, weiß dieses Feature zu schätzen. In Design und Machart unterm Strich vollauf überzeugend. Man merkt einfach, dass man kein ganz billiges Equipment in der Hand hält, wenn man sie das erste Mal in Betrieb nimmt. Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären.

Das Set-up der Denon PerL Pro und Sound-Individualisierung durch MAAT

Damit die PerL Pro wie vorgesehen funktionieren, muss man im App- beziehungsweise Play Store die Denon-Headphones App herunterladen. Die führt durch einen automatisierten Einmess-Prozess, bevor sie an die unterschiedlichen Funktionen der Kopfhörer heranführt. Man kann sich das wie einen kurzen Hörtest vorstellen, bei dem nicht unbedingt wohlklingende Töne ins Ohr gespült werden. Da das Ganze aber nur gut zwei bis drei Minuten dauert und man so gut wie nichts tun muss, ist es keine Tortur. Im Gegenteil.

In der Hosentasche wird's eng. Der Preis die gute Akkulaufzeit.

Wie es funktioniert? Die PerL Pro messen sogenannte otoakustische Emissionen, die im Innenohr des Users in Reaktion auf eine Serie von Tönen erzeugt werden und von den Kopfhörern mit einem sensiblen Mikrofon erfasst werden. Anhand dieser kann man Stärken und Defizite im Hörvermögen des Nutzers feststellen. Die Software stimmt dann die Musik exakt so ab, dass schwache Frequenzbereiche stärker hervorgehoben und sensible abgeschwächt werden. Beim Einmessen ist es wichtig, dass man sich in komplett ruhiger Umgebung befindet und sich wirklich sehr still verhält, nicht spricht, sich räuspert oder hustet.

Tatsächlich fielen mehrere Messungen mit einigen Tagen Abstand dazwischen leicht unterschiedlich aus, was vermutlich auf an Erkältung und Allergien sowie an dem munteren Wechsel der Stöpsel in der Testzeit zurückzuführen ist. Die Tendenz war aber jedes Mal konsistent. Schade, dass die pittoreske Visualisierung nicht ins Detail geht, und die Frequenzbereiche exakt benennt. Das Stück Testmusik, das die Unterschiede zwischen normalem und personalisiertem Klang aufzeigen soll, zog mir tatsächlich die Schuhe aus: Zuvor aggressiv klirrendes Elektro-Zirpen oder durchdringend pointierte Hi-Hat-Anschläge klangen plötzlich sanft, ohne an Präsenz einzubüßen, die Musik insgesamt ausgewogener.

Auf 12 Uhr die Bässe, dann im Uhrzeigersinn durch die Frequenzbereiche. Dürfte da gerne kontreter stehen. Insgesamt ist die Software aber ebenso übersichtlich wie mächtig.

Weitere Entscheidungen, die ihr treffen müsst, betreffen den Immersionsmodus, der im Grunde nur den Bass aufdreht und den ich nur von seiner Mittelstellung nicht oder nur wenig wegbewegen würde. Außerdem ist da noch das Spatial-Audio, das ich zu meiner Überraschung tatsächlich als sehr angenehm empfand und das der Musik eine feine Bühne hinstellt, selbst ohne notwendigerweise ein Dolby-Atmos-Signal zuzuspielen. Ohne geben sich die PerL Pro schneller als In-Ears zu erkennen. Mit Spatial-Audio gibt es unaufdringliche, ehrliche Räumlichkeit, die die Bandmitglieder hörbar ein Stück weiter auseinanderrückt, wie bei einem guten Stereo-Over-Ear.

Es empfiehlt sich in jedem Fall, alle drei Speicherplätze für die Personalisierung zu nutzen und mit dem Einmessen der eigenen Ohren ein wenig zu experimentieren. Es ist, als würde im Ohr die Sonne aufgehen. Der Unterschied zwischen neutralem und personalisiertem Klang ist wirklich immens.

Der Sound der Denon PerL Pro

Und wie sie klingen! Wo ich andere Stöpsel lange eher mit “Notlösung” als mit echtem Hörgenuss verbinde, ist es mir hier beinahe egal, ob ich einen neuen Track meines Lieblingskünstlers mit den PerL Pro oder mit meinen Amiron Wireless erlebe. Natürlich stehen die gigantischen und doppelt so teuren Beyerdynamic noch eine ganze Stufe über den “kleinen” PerL Pro. Aber das Denon-Gerät hat richtig Spaß an Musik und weiß, wie man ihn zutage fördert. Und wo es ihm nicht von selbst gelingt, hilft der Equalizer. Ansetzen könnte man zum Beispiel bei den Höhen, denen man so noch ein wenig Leben mehr verleihen kann. Aber auch mit flachem EQ müssen sie sich nicht verstecken.

Der metallene Ring außen ist ein schmuckes Detail.

Natürlich ist das individuelle Hörerlebnis abhängig davon, wie gut es mit der Erstellung des persönlichen Klangprofils geklappt hat. In meinem Fall muss es aber sehr gut geraten sein, traten doch viele Details, die mir sonst abhandenkamen, schön in den Vordergrund. Meine Hör-Reise begann mit Daði Freyrs isländischer Dance-Musik auf dessen erstem Album “& Co.”

Gerne würde ich damit beginnen, wie sehr es mich beeindruckte, dass ich aus seinen eigentlich sehr seidigen tiefen Vocals plötzlich leicht reibende Untertöne heraushörte, die mir sonst aktiv nicht so bewusst waren. Trotzdem würde ich lügen, wenn ich behauptete, dass mir nicht als Erstes die präzisen, sauberen und erstaunlich tiefen Bässe aufgefallen wären, die man bei Hochreißen des Immersions-Sliders auch richtig donnern lassen kann. Dennoch ist er nie so übermächtig und raumfüllend, dass man nicht hören würde, wie sich selbst sanfter Hall noch natürlich in einem Raum verliert, den man von Kopfhörern dieser Miniatur-Bauform eigentlich nicht erwartet.

Mit fast 9 Gramm nicht die leichtesten Stöpsel, aber man hört den Unterschied.

Insgesamt ergibt sich ein agiles, differenziertes Klangbild über alle Genres hinweg, wenngleich die “PerLen” ihre Talente bei Bass-starker Musik von LCD-Soundsystem naturgemäß am besten ausspielen. Gleichzeitig sind sie aufgeräumt genug für extreme Metal-Gewitter und bewahren sich auch massiv Freude an ausschweifenden Noise-Landschaften. Singer-Songwriter-Kram wie Julia Jacklins frühen Werke bestechen durch die gebotene Natürlichkeit und Wärme akustischer Gitarren und wenn Bedouines “Solitary Daughter” ertönt, klingt es, als spielte sie es ganz für mich allein. Ich liebe es, mit den PerL Pro Musik zu hören.

Alltag mit den PerL Pro: ANC, Transparenzmodus und Bedienung

Kommen wir zur aktiven Rauschunterdrückung (ANC): Auch hier kann man höchstens meckern, dass es andere – vornehmlich Sony und Bose – es ein bisschen besser machen. Das bedeutet nicht, dass die PerL Pro wahnsinnig viel durchließen. Mit großen Fahrzeugen, die an einem vorbeirauschen, haben sie die größten Probleme, aber in den meisten Situationen wird das Innenohr hier zu einer Ruhezone, die nur eure liebsten Interpreten oder Podcaster betreten dürfen. Gleichermaßen werden keine störenden Nebengeräusche produziert oder der Klang des abgespielten Materials verfälscht würden.

Man muss ein bisschen lernen, sie aus der Schachtel zu nehmen. Aber weiß man wie, geht es ganz einfach.

Ein Tippen auf den linken Ohrstöpsel versetzt die PerL Pro in den Transparenzmodus, der seit einem Firmware-Update vor ein paar Tagen die Musik elegant abblendet, naturgemäß aber auch ein leichtes “Leerrauschen” mitbringt und besonders auf raschelnde Jackenkrägen recht sensibel reagiert. Gut gelöst, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde der Transparenzmodus beim Pausieren von Musik oder Podcasts automatisch anspringen. Dieser Tage teste ich noch einen anderen Kopfhörer, der genau dieses Feature anbietet. Dafür hielten sich die Windgeräusche beim Fahrradfahren wegen der flachen Bauform stark in Grenzen, was ich sehr begrüße.

Allgemein ist auch die Bedienung exzellent gelungen. Die Bedienfelder auf den mattierten Außenseiten der Hörer fühlen sich an wie das Touchpad eines Laptops und sie reagieren extrem zuverlässig. Per Software lassen sich die Gesten neu konfigurieren, wenn man will.

Ergonomie und Mikrofon

Der Tragekomfort ist – besonders bei In-Ears – natürlich wahnsinnig subjektiv. Ich finde ihn mittlerweile ausgezeichnet. Damit der personalisierte Klang seine volle Wirkung entfalten kann, müssen die PerL Pro allerdings fest im Gehörgang sitzen und das ist zunächst gewöhnungsbedürftig. In den ersten Tagen musste ich sie nach drei bis vier Stunden herausnehmen, nach kurzer Pause ging es aber wieder recht angenehm weiter und mittlerweile trage ich sie, ohne nachzudenken, fast einen ganzen Arbeitstag hindurch. Die Silikon-”Flügel” leisten da gute Arbeit, dem Gehörgang beim Schleppen zu helfen.

Vor allem aber, habe ich nie das Gefühl, sie richten zu müssen oder dass sie herausfallen könnten. Hiermit kann man durchaus auch joggen gehen, denn sie sind außerdem mit IPX4 Schutzklasse als schweißresistent ausgewiesen. Freihändig Telefonieren mit den PerL Pro ist dank solider Mikrofone kein Problem. Wie immer gilt bei Mikros, die nicht direkt vor dem Mund des Sprechers hängen: Für Audioaufnahmen würde sie niemand benutzen. Für (Video-)Telefonie sind sie tadellos.


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  • Denon PerL Pro – Fazit:

    Wie schon gesagt: Ich war nach dem Test traurig, dass ich die PerL Pro zurückschicken musste, und habe dann vorauseilend den Rat befolgt, den ich euch jetzt gebe, und sie mir gekauft. Denons einfallsreiche Taschenkopfhörer gehen klanglich nur wenige Kompromisse ein, spülen dank der individuellen Vermessung meines Hörvermögens Details an die Oberfläche, die mir schon größere Schallwandler unterschlugen. Und vor allem in Sachen Codecs spielen sie mächtig stark auf. Klar, den Höhen sollte man per EQ etwas auf die Sprünge helfen und das ANC ist zwar gut, aber nicht das Beste am Markt, aber irgendwas ist ja immer.

    Die PerL Pro sind jedenfalls mein steter Begleiter und auch wenn ich spiele, greife ich immer häufiger zu Denons In-Ears. Es hat einfach etwas Befreiendes, nichts auf dem Kopf zu haben. Und weil sie so gut klingen, vermisse ich auch selten was. Ein beeindruckender Auftritt.

    Denon PerL Pro Wireless In-Ear Kopfhörer
    PROCONTRA
    • Fantastischer, personalisierter Klang hält mit “großen” Kopfhörern mit
    • Exzellente Bedienbarkeit und Software
    • Hoher Tragekomfort
    • Sehr gute Akkulaufzeit
    • Gute Geräuschunterdrückung
    • Nicht ganz günstig
    • Lade-Case etwas klobig
    • MAAT-Messung sollte man mehrmals machen

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Alexander Bohn-Elias Avatar
Alexander Bohn-Elias: Alex schreibt seit über 20 Jahren über Spiele und war von Beginn an bei Eurogamer.de dabei. Er mag Highsmith-Romane, seinen Amiga 1200 und Tier-Dokus ohne Vögel.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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