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Der Blick von Außerhalb

Teil 1: Pac Man vs. The Wizard

Für einen Gamer ist die Welt sehr simpel gestrickt, zumindest solange es um den zweitbesten Zeitvertreib überhaupt geht. Alles ist klasse und bekannt, man kennt jede neue Konsole schon bis zum letzten Chip, bevor sie im Laden steht. Und die Begeisterung über das das nächste große persönliche Hypemonster ist so selbstverständlich wie der dick im Kalender angemarkerte Erscheinungstag.

Und umso mehr erstaunt es einen dann, wenn der Rest der Welt sich an diesem Tag ganz normal weiter dreht. In den Nachrichten taucht nichts auf, auf den Straßen tuscheln sie nicht über das Ereignis und selbst ein Million-Seller scheint keinen Kontakt zur großen, weiten Welt zu finden.

Als kleine Episode kann ich hier den Mortal Monday anbieten. Für uns war seit Wochen klar, dass dieser eine gewisse Montag im Sommer 1992 Mortal Monday, der Erscheinungstag von Mortal Kombat, sein würde. Nur die Verkäuferin bei Karstadt schien nichts davon mitbekommen zu haben und reagierte eher verwirrt auf unsere Proklamation, dass heute Mortal Monday sei. Das Spiel war nicht da, im Einzelhandel hatte offensichtlich niemand etwas vom Mortal Monday gehört und wir zogen betrübt ab. Wie konnte die Welt nur so ahnungslos sein?

Seien wir ehrlich, es ist nicht lange her, dass Computer- und Videospieler als asoziale, milde degenerierte Eigenbrötler abgestempelt waren. Teilweise hat sich dies immer noch nicht geändert. Aber das Marketing arbeitet Tag und Nacht hart an unserem Image, und auch wenn die Chroniken der Jahrzehnte meist eher andere Dinge auflisten, haben manche Spielephänomene doch einen deutlichen Fußstapfer im kollektiven Unterbewusstsein hinterlassen und den Blick der Welt auf dieses Hobby nachhaltig verändert.

Atari 2600 – Bring Pong nach Hause

Guckt her, der Fernseher kann mehr!

Atari 2600 – Slogan: „More Games – More Fun“

Ataris 2600 war nicht die erste Spielkonsole und auch nicht die erste kommerziell vertriebene, diese Ehre gebührt Magnavox und Odyssey 2000. Selbige Generation der Konsolen fiel aber nur sehr aufmerksamen Käufern in Spielzeugläden auf. Nicht so das Atari 2600–System. Der wichtigste Vertriebspartner war vom ersten Tag an Sears, eine von Nordamerikas (von Mexiko bis Alaska) wichtigsten Kaufhausketten, die das kleine Pong-Wunder bereitwillig präsentierte und so gar nicht erst ein Nischendasein aufkommen lies.

Es half sicher ungemein, dass der Pong-Automat praktisch überall in den USA herum stand und so eine recht verbreitete, unschuldige allgemeine Akzeptanz genoss. So etwas zu Hause spielen zu wollen, kann ja keine Sünde sein, noch dazu, wenn das Gerät sich recht dezent in schwarzem Plastik und 70s-Wurzelholzimitat präsentierte. Elegant und unauffällig schmiegte sich das 2600 in die Haushalte.

Der Pong-Trick funktionierte erneut und wunderbar mit Space Invaders. 2 Millionen verkauften Modulen ging ein so nur selten wiederholter Erfolg des Taito-Automaten voraus. Der Einfluss dieses Spiels und seiner ikonenhaften Aliens zieht sich bis heute durch alle Medien und praktisch jeder weiß genau, was mit dem kleinen Pixelhaufen gemeint ist. Referenzen finden sich in Serien wie Scrubs oder Futurama, es wurde im Londoner Science Museum präsentiert und ein französischer Straßenkünstler verbreitet die Invaders überall auf der Welt an den unerwartetsten Ecken.

Mit Ausnahme eines gewissen Klempners und seines Gorillafreundes dürfte es wohl kaum ein allgemein bekannteres Symbol für ein Spiel geben, das sich außerhalb der Spielergemeinde etablierte.

Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.
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