Der Blick von Außerhalb
Teil 3: Jack, Non Stop Pop & Generation Wii
Die PSP änderte daran ein klein wenig etwas mit ihren UMDs. Unterwegs Filme zu gucken, ist akzeptabel und spielen tut darauf scheinbar sowieso keiner. Den wirklichen Durchbruch in der gesellschaftlichen Akzeptanz des mobilen Gamings legte aber erst Nintendo in Zusammenarbeit mit einem verschrobenen japanischen Hirnforscher hin. Dr. Kawashima ergänzte praktisch über Nacht die Möglichkeiten des Reisenden, und häufig genug sind Mitmenschen mittleren Alters auf Reisen zu beobachten, die den Spiegel und Die Welt für eine Runde Stylus-Hirn-Action eintauschen.
Eine ganze Palette „seriöser“ Spiele ringt inzwischen um die Aufmerksamkeit des zahlungswilligen Reisenden, aber es sind nicht länger immer nur die Kawashimas und Knizias, die über den Screen flimmern. Letztens erwischte ich doch einen älteren Mitreisenden bei New Super Mario Bros. Aber es war sicher der Hirntrainer, der ihn zuerst in Richtung des DS lenkte.
Nintendo Wii – Und alle machen mit
Wii–Slogan: „Wii move you“
All diese Einflüsse führten zu einer sehr weiten Akzeptanz und auch Bekanntheit von Videospielen in den Augen der Öffentlichkeit. Aber eine Erfindung bewies nicht nur, dass es nicht immer der technische Vorsprung ist, der den Sieg davon trägt, sondern das Verständnis, wie Menschen funktionieren. Nintendo sah sich mit Sony und Microsoft zwei unglaublich finanzkräftigen Konkurrenten gegenüber, die sich eine gnadenlose Hightech-Schlacht liefern würden. Man stand nach dem Gamecube vor allem dank der Handhelds nicht schlecht da, aber es wurde Nintendo wohl klar, dass sie mit einer dritten traditionellen Spielkonsole vielleicht ein Stück vom Kuchen holen würden. Nur würde das den Kuchen nicht größer werden lassen.
Der Trick der Wii besteht in seinem direkten Ansatz der Bewegung. Mit einem Pad hat jeder erst mal so seine Probleme beim Erstkontakt und es fühlt sich auch nur bedingt nach dem an, was es sein soll. Nehmt einfach Tennis. Mit dem Stick die Figur zu bewegen, über ein paar Knöpfe die Returns ausführen, das fühlt sich für einen ungeübten Neuankömmling alles nicht echt an. Lediglich wie ein Videospiel halt.
Mit der Wii schwang plötzlich jeder enthusiastisch den Schläger in einer Kurve, von der man annahm, dass Tennis so funktionieren könnte. Egal ob man Ahnung von Games oder Tennis mitbrachte, Erfolge wurden schnell gefeiert, der Couchtisch bereitwillig zur Seite geschoben und jeder, aber auch wirklich jeder, unabhängig von Geschlecht und Alter, ließ sich anstecken und machte plötzlich mit. Und inzwischen hat jeder es mal gespielt, gesehen oder zumindest davon gehört. In Berichten über Lifestyletech findet sich die Wii regelmäßig in einem Atemzug mit Ipods, WebBooks und Co. genannt. Und nach einer derartigen Erweiterung der Zielgruppe muss Nintendo auch nicht mehr in reinen Spielepublikationen werben. Weit häufiger finden sich die Anzeigen in Spiegel, Time und anderen Magazinen. Zusammen und gleichwertig mit allem, was die weite Marktwirtschaft so zu bieten hat.
Dank Wii und Nintendo eroberten sich die Videospiele einen festen, etablierten und vorurteilsfreien Platz im Wohnzimmer. Nun, vielleicht nicht immer und überall, aber immerhin.
Das Game in der Öffentlichkeit – Eine Prognose
Aus diesen Überblicken und Momentaufnahmen lässt sich eines deutlich ableiten: Video- und Computerspiele befinden sich von Tag 1 an auf der Straße steigender Anerkennung und Popularität in der breiten Öffentlichkeit, auch wenn sich dieser Prozess nicht überall gleich schnell vollzieht und Rückschläge Teil des Programms sind. Immer mehr Erwachsene nehmen die ehemalige Kinder- und Nerd-Domäne als ganz gewöhnliches Unterhaltungsmedium wie jedes andere war.
In geselliger Runde hat sich ein Spielchen Wii, Buzz oder Singstar etabliert. Die Spiele-Industrie floriert prächtig, selbst jetzt, wenn man bedenkt, dass die Weltwirtschaft gerade zur Hölle fährt. Die Frage ist: Wohin führt der Trend allgemein positiver Wahrnehmung?
Für die kommenden Jahre tippe ich auf eine erneute Trennung, wie sie sich schon einmal zu Zeiten des Atari 2600 vollzog. Nur diesmal wird sich die Masse nicht von den Spielen abwenden, sondern das Party- und Casual-Game ins Herz schließen und nicht erneut den Kontakt zur Parallelwelt der Games verlieren.
Das Hardcoregame, wozu ich beispielsweise GTA IV, Fallout 3, aber auch ein LittleBigPlanet zähle, bleibt für eine Weile noch das Vorrecht aller, die Spiele zum Hobby erklärt haben. Von solchen Titeln erfährt die Masse nach wie vor eher über Gewalt-Kontroversen, große Marketingaktionen oder ikonenhafte Figuren. Der Wechsel vom Gelegenheits-Partyzocker – und die Zahl derer steigt stündlich und rapide – wird sich in Zukunft aber weit schneller vollziehen. Wir wissen schließlich: Manche Spiele sind so gut, dass schon kurzer Kontakt auf einer Party reicht, um sich zu infizieren. Und die Chancen für diesen Kontakt liegen weit höher als noch vor zwei Jahrzehnten. Damit steht der Weg zu universeller Popularität offen. Vielleicht in noch einmal 20 Jahren.