Der Deutsche Entwicklerpreis 2011
Crytek oder Daedelic?
Eine Veranstaltung wie der deutsche Entwicklerpreis kann sehr interessant sein. Nicht nur wegen der Kontakte, die man dort knüpfen kann oder wegen des leckeren Buffets. Nein, der Deutsche Entwicklerpreis beleuchtet auch auf faszinierende Art jedes Jahr die hiesige Entwickler-Landschaft und setzt sie in einen starken Kontrast zur internationalen Spielebranche, mit der wir uns tagtäglich beschäftigen.
Hier erleben wir eine Spielebranche ohne Call of Duty, ohne Uncharted und ohne Zelda oder Mario, auch wenn die Klempner-Brüder zur Eröffnung der Show eine flotte Breakdance-Einlage aufs Parkett legten. Hier sehen wir am deutlichsten, wo Deutschlands Stärken und Schwächen liegen. Die Stärken, das sind ganz klar zwei Studios: die Adventure-Spezialisten von Daedelic in Hamburg und die Action-Profis im Frankfurter Hause Crytek. Die nahmen zusammen immerhin ein Drittel der verliehenen Preise mit nach Hause, lediglich im Bereich Game Design konnte sich überraschend die clevere 360-Ballerei Zeit² gegen die fast schon übermächtige Konkurrenz durchsetzen.
Aber erstmal genug der Worte - wer waren jetzt eigentlich die Gewinner? Immerhin wurden 27 Preise verliehen, von denen sich die großen Platzhirsche Crytek und Daedelic die meisten untereinander aufteilten. Daher hier ohne große Umschweife die Liste:
- Bestes Deutsches Spiel - Crysis 2
- Beste Grafik - Crysis 2
- Bester Soundtrack - Crysis 2
- Bestes Action Game - Crysis 2
- Beste Gamestechnologie - Crytek (CryEngine 3)
- Bestes Art Design - Harvey Neue Augen
- Beste Story - Harveys Neue Augen
- Bestes Adventure - Harveys Neue Augen
- Bestes Jugendspiel - Harveys Neue Augen
- Bestes Game Design - Zeit²
- Bester Publisher - Travian Games
- Bestes Studio - Fishlabs
- Bestes Mobile Game - The Great Jitters: Pudding Panic
- Bestes Browser Game - Drakensang Online
- Bestes Social Game - Tight Lines Fishing
- Bestes Handheld Game - Demolition Dash
- Bestes Casual Game - Runes of Magic - Lands of Despair
- Bestes Serious Game - Ludwig
- Beste Simulation - Landwirtschafts-Simulator
- Bestes Kinderspiel - Living Stories: Das Verlorene Herz
- Bestes Strategiespiel - Patrizier IV: Aufstieg einer Dynastie
- Bestes Lernspiel - Crazy Machines Elements
- Bestes Rollenspiel - Drakensang Online
- Bestes Sportspiel - Mein Fitness-Coach Club
Dazu kamen noch die drei Preisträger des Gameforge Newcomer Awards, Tiny & Big - Grandpa's Leftovers, Neodrome und G.E.A.R.
Über viele der Kategorien kann man natürlich streiten, sind Begriffe wie "Casual" doch ohnehin schon extrem schwamming. Und dann noch Unterteilung in Casual-, Social- und Browser-Spiele? Ein wenig aufgesetzt wirkt der Versuch, bei diesen sich gegenseitig doch extrem überschneidenden Begriffen klare Abgrenzungen zu ziehen, schon. Auch manch ein Preisträger sorgt zunächst für Stirnrunzeln. Ist Drakensang Online nun das beste Rollenspiel, weil es sonst keine Konkurrenz gab? Oder vielleicht sogar, weil BigPoint der Hauptsponsor der Veranstaltung war? Immerhin sind sich die meisten Journalisten und Spieler einig, dass Drakensang Online letzten Endes eine ziemlich mittelmäßige Angelegenheit ist.
Schieben wir diese Entscheidung also vielleicht doch am besten Mal auf den Mangel an Konkurrenz, denn der Kenner hat sicher schon bemerkt, dass eine ganze Menge guter Studios fehlen. Wie ist Related Designs? Wo ist Deck 13? Was ist mit den Jungs von Keen Games? Nun, leider veröffentliche keines dieser Studios seine neue Titel im passenden Zeitraum, auch Anno 2070 kam da wohl etwas zu spät. Hoffen wir also, dass die übrigen deutschen Entwickler sich dann im nächsten Jahr mit Nachdruck zurückmelden.
Die Veranstaltung selbst war angenehm geschmackvoll. In der umfunktionierten Fabrikanlage in Düsseldorf wurde teilweise zwar ziemlich geheizt, dafür war das Showprogramm sehr gelungen. Die bereits erwähnten Mario Brüder machten anfangs ordentlich Stimmung und Designer Jan Müller-Michaelis gab persönlich den Song Nadel & Faden aus dem mehrfach ausgezeichneten Adventure Harveys Neue Augen zum Besten.
Tja, und dann war da noch die Sache mit der BigPoint Bar, die ich auf speziellen Wunsch der Jungs von Bite the Bytes, einem extrem cleveren, kleinen Middleware-Hersteller aus Fulda, hier im Artikel anspreche. Fatalerweise schloss die bereits kurz nach Mitternacht mit der simplen Begründung "nix mehr da" und ließ mich und die Fuldaer Jungs schmählich auf dem Trockenen sitzen. Gut, wir konnten uns dann mit Pudding aus dem Glas, Parmaschinken und italienischer Salami trösten, aber dennoch, den einen oder anderen Cocktail hätten wir schon noch gerne vernichtet.
Von diesem kleinen, hochprozentigen Fauxpas aber abgesehen, war der Deutsche Entwicklerpreis eine durchaus launige Veranstaltung mit spaßigen Show-Einlagen und Preisträgern, mit denen man größtenteils tatsächlich einverstanden sein kann. Kein Vergleich zum sterbenspeinlichen deutschen Computerspielpreis...