Der Pate II
Familienbande
Bis heute gilt der zweite Teil der Mafia-Saga als eine der besten Fortsetzungen aller Zeiten. Mit einem grandiosen Al Pacino, der leider nicht die Freigabe für eine digitale Version seines Gesichtes gegeben hat - Zitat: „Es war meine größte Arbeit, es kann nur noch schlechter werden.“ -, und einem neuen Zeitalter, die 60er, liefert das Gangster-Drama tiefe Einblicke in die Arbeitsweise der „ehrenwerten Gesellschaft“. Ein Qualitätsanspruch, den sich scheinbar auch Electronic Arts für ihren passenden zweiten Teil zu Herzen genommen hat. Nachdem der Erstling als magerer Grand Theft Auto-Verschnitt nur mittelprächtige Wertungen kassieren konnte, schickt sich die zweite Versoftung an, diesen schwarzen Fleck auf der weißen Weste zumindest spielerisch auszutilgen.
Statt erneut den ausgetreten Pfad eines „normalen“ Open-World-Titels zu beschreiten, wurde Der Pate II in eine waschechte Gangster-Simulation verwandelt. Ihr spielt nicht mehr einen einfachen Handlanger, der sich als Geldeintreiber und Botenjunge verdingt, sondern einen beinharten Don, der seine Mini-Familie langsam in Richtung Gangster-Imperium führt.
Neben den schon fast obligatorischen Third-Person-Fahr- und Baller-Sequenzen, gilt es auf einer detaillierten 3D-Übersichtskarte, die Geschicke Eures Einflussgebietes zu lenken. Ihr gebt Anschläge in Auftrag, verteilt Verteidigungskräfte und besorgt Informationen für die nächste Aufgabe. Wie in einem Rollenspiel könnt Ihr Eure Helfer aufleveln, sie mit Waffen versorgen und in Euer aktives Team integrieren. Das Gameplay entfaltet sich dabei getreu einer Zwiebel Schicht um Schicht und lieft immer mehr taktische Möglichkeiten.
Auf der EA Winter Tour durften wir endlich selbst Hand an den Don legen und uns davon überzeugen, dass auch die Steuerung funktioniert. In der Tutorial-Mission, die während der kubanischen Revolution spielt, muss unser Held Dom die Mafia-Elite aus dem zerrütteten Insel Staat schaffen. Im Kampf gegen die Aufständischen geht es mit Pistole, Schrotflinte und später mit einer Tommy-Gun zur Sache.
Dank umfangreichem Cover-System und einem gut ausbalancierten Aiming entstehen schnelle, packende Schusswechsel, die durch Granaten, Team-Kommandos und Lock-On-Sytem eine taktische Note verpasst bekommen. Electronic Arts erfindet hier zwar das Rad nicht neu, macht aber seinen Job gut und liefert eines der besseren Kampfsysteme ab. In einer ersten Mission als Don durften wir noch das leicht verbesserte Bedrohungssystem ausprobieren, das uns schon nach 15 Minuten unseren ersten Striptease-Club mit barbusigen Tänzerinnen verschaffte. Wie im Vorgänger müsst Ihr Laden-Besitzer erst einmal gründlich bearbeiten, bis sie endlich klein beigeben. Je nach Charakter reagieren sie besser auf Schläge, Griffe oder Waffen. Um eine Person zu brechen, müsst Ihr eine bestimmte Schwelle überschreiten. Aber Vorsicht, übt Ihr zu viel Druck aus, könnte Euer Gegenüber auf die Idee kommen, er muss kämpfen. Oder aber Ihr befördert ihn zu früh ins Jenseits und die ganze Arbeit war umsonst.
Angesichts der leicht bekleideten Damen fiel es schwer, die Nackt-Bar zu verlassen. Die Entwickler zeigten aber keine Gnade und scheuchten uns durch weitere Missionen. Erklärten, wie man einzelne Bosse des Gegners ausschaltet und präsentierten uns die verschiedenen Upgrades, die es durch die Eroberung einer ganzen Kette von Geschäften zu erringen gilt. Körper-Rüstungen, gepanzerte Fahrzeuge und Schlagringe pflasterten am Ende das Team und die erste Stadt war schnell eingenommen. Neben einer abgespeckten Variante von Miami und New York wartet später auch Kuba auf seine Eroberung. „Zwanzig bis Dreißig Stunden Spielzeit“, versprechen die Entwickler.
Abseits dieses gelungenen Gameplay-Konzeptes enttäuscht leider die Grafik. Trotz der mächtigen Dead Space-Engine wirkt der Titel sehr detailarm und kann kaum mit einem Grand Theft Auto IV mithalten. Die Entwickler betonen zwar, dass ihre Engine nicht speziell für Open-World-Szenarien entwickelt wurde, doch das ändert kaum etwas an dem ernüchternden Endergebnis. Die mageren Animationen und das oft unschlüssige Art-Design unterstreichen diesen Eindruck. Krude Metallplatten als kugelsichere Westen, mit Panzerung verunstaltete Autos und die hässliche Polyester-Anzüge gehören einfach nicht in einen Blockbuster.
Am Ende macht der Titel aber wahrscheinlich mehr Spaß als ein paar der wunderhübschen Produktionen des letzten Jahres, die zwar mit einem enormen Production Value auffahren konnten, dafür aber beim Gameplay eine mittelprächtige Vorstellung ablieferten. Wer die Maxime „substance over style“ vertritt, wird also doch noch glücklich. Allein der Strategie-Teil verspricht viele Stunden Spielspaß und auch den Feuergefechten kann man trotz der Mager-Optik nicht ihren Reiz absprechen. Man kann einfach nicht alles haben.
Der Pate II erscheint schon am 27. Februar 2009 für Xbox 360, PC und PS3.