Der Patrizier IV
Handelt.
Die zu erforschende Flusskogge leidet nicht unter solchen Einschränkungen und verbessert so eure möglicherweise schon bestehenden Route. Exotische Designs gibt es genauso wenig wie viel Einfluss auf den Bau, aber es ist trotzdem ein netter Zug, dass das Spiel auch nach den vielen Stunden, die es dauert, endlich in das Bürgermeisteramt aufzusteigen, einem etwas Neues bieten kann. In die gleiche Kerbe schlagen die Mittelmeer-Exkursionen, die sich aussenden lassen, um hoffentlich mit Schiffsbäuchen voller Gewürze zurückzukehren. Bis zu dieser goldenen Expedition vergeht viel Zeit, in der die Lager nur selten mit solchen Luxusgütern auswarten können.
Insoweit funktioniert der Aufbau einer Runde Patrizier IV zwar nach bekannten und letztlich sich wiederholenden Mustern, er findet jedoch so geschickt getimt statt, dass jeder neue Ausflug in die Welt der Hanse reizvoll und vor allem ohne großen Leerlauf bleibt. Wer gerade nicht aktiv Handeln möchte, setzt ein paar sichere Routen und kümmert sich um dunkle Machenschaften, heiratet gewinnbringend ein oder kümmert sich anderweitig um den parallel zum finanziellen laufenden gesellschaftlichen Aufstieg. Die Dynamik der Preise in der Welt, die sich den hübsch dargestellten Jahreszeitenwechseln zumindest in gewissem Rahmen anpassen, zufällige Ereignisse und geplante Intrigen, all das lässt jede Runde zu etwas Eigenständigem werden.
Weniger Anteil als zunächst erwartet haben daran die Kämpfe auf See. Ein wenig erinnert das Ganze an Sid Meiers Pirates, nur dass der Wind keinen Einfluss hat und Störtebeker und Co. sich augenscheinlich nur das Äquivalent zu Treibholz-Flößen leisten können. Die wracken Nussschalen lassen sich in Unterzahl meist noch besiegen und dies ist einer der wenigen Aspekte des Spiels, bei denen weder Komplexität noch Authentizität das Sagen haben. Auf der anderen Seite stört es nicht, es dauert nie lange und etwas Spaß macht es auch. Nicht ganz so viel wie in Pirates, aber immerhin.
Der zweite Aspekt, der sich nicht als alles was er sein sollte entpuppt, ist die Grafik. Die Stadt ist hübsch. Genauso hübsch wie ihre 31 Schwestern. Sie sind augenscheinlich identisch, mal abgesehen von unterschiedlichen Ausbaustadien im Laufe des Spiels. Oder zumindest so minimal unterschiedlich, dass es kaum eine Rolle spielt. Spielerisch ist dies recht belanglos, die relevanten Zahlen erfährt man eh besser auf den aufgeräumten und gut zu handhabenden Menüs und Tabellen. Trotzdem schade, dass sich regionale Eigenheiten nicht besser in der Stadtansicht repräsentiert finden. Auch der eigene Ausbau in Form von Stadthäusern, Werkstätten und Verzierungen im Stile eines Sim City Light hilft kaum, um wirkliche Eigenheiten zu schaffen.
Ich mag Der Patrizier IV und das beantwortet in gewisser Weise meine Frage vom Anfang dieses Textes. Die Wirtschaftsimulation in einer Form, die wir bereits seit vielen Jahren kennen, hat immer noch einen Platz in der modernen Spielewelt. Zumindest dann, wenn alles richtig läuft und das tut es in diesem Falle. Zumindest fast. Eine gewisse Routine will ich hier gar nicht mal zu dick ankreiden, das liegt in der Natur des Genres und damit haben auch andere Games, beinahe egal welcher Art, zu kämpfen.
Bei der Präsentation hätte es mehr sein können, besonders wenn man schon eine ganze Nummer überspringt. Pirates handhabte die Seekämpfe besser und das Spiel ist ja nun auch nicht mehr neu. Seine Leisten kennt dieser Schuster jedoch ganz genau und Der Patrizier IV bleibt auch bei ihnen. Die Handelsgeflechte zeigen sich komplex, verwoben und dynamisch - so, wie es sein muss. Ereignisse werfen eine Jahresplanung über den Haufen und den geneigten Händler erfreut es über Stunden, das Geschäft wieder zum Laufen zu bringen. Und nicht nur den. Ich hätte mich vor diesem Spiel weder unbedingt als „geneigt" noch als „Händler" bezeichnet. Trotzdem hatte ich ein paar wundervolle Abende. Wenn ein Spiel das hinbekommt, dann hat es sich seine Lobpreisung redlich verdient, egal wie alt sein Konzept sein mag. Mal schauen, wie es in zehn Jahren bei Patrizier V aussieht. Bis dahin: Die Hanse hat ihre Tore geöffnet. Handelt.
Der Patrizier IV ist ab sofort für den PC erhältlich. Wer es unbedingt online und MP-mäßig braucht, geht auf diese Seiteund meldet sich für die Open Beta an.