Der Tatort zum Thema E-Sport war so normal, dass man sich fragt, ob "Killerspiele" wirklich je ein Thema waren
The Dackel goes Counterstrike
Wenn sich Deutschlands erfolgreichste Krimi-Serie mit Computerspielen beschäftigt, erwartet man das Schlimmste. Noch dazu, wenn zwei der dienstältesten Kommissare aus Bayern sich mit der E-Sport-Szene beschäftigen müssen. Killerspiel-Alarm im Wohnzimmer. Aber nachdem ich gestern mehr zufällig im Rahmen des Familien-Chillouts dieses Werk mit begutachten durfte, muss ich sagen… Ich hätte lieber weiter SWAT geschaut, aber einen Action-Gang zurückzuschalten war in diesem Falle gar nicht mal so schlecht.
Sehen wir vom angehenden Laienschauspiel mancher Nebenrolle mal ab, war "Game Over" ein solider Krimi. Sogar ein klein wenig Action hier und da. Traut man den beiden Beinahe-Pensionären gar nicht mehr zu. Aber hier geht es ja eigentlich um den E-Sport und wie er sich so im GEZ-TV schlägt. Und das ist der Grund, warum ich diese Zeilen schreibe: Es war ganz normal.
Sicher, die beiden alten Herren wunderten sich schon gelegentlich, was da passiert, aber es waren Fragen, die ich mir mitunter auch stelle: „Wie, die gucken jetzt zu, wie andere spielen?“ Aber das waren nur initiale Berührungsängste der ermittelnden Protagonisten, danach akzeptierte man recht schnell, dass hier die Grenzen nicht anders zwischen Pro und Hobby verschwimmen als bei einem Tennis-Turnier. Auch die Darstellung all der virtuellen Action war durchaus so, wie man das aus dem realen Leben kennt. Ich war auf kleinen und großen Turnieren und all das, was hier zu sehen war, kam mir sehr bekannt vor.
Tatort Game Over in der ARD Mediathek
Die Stärke der Story und der E-Sport-Einbindung war, dass es eigentlich gar nicht um E-Sport ging. Es ging um Leistungsdruck, überforderte Jugendliche, überforderte Erwachsene und Exzesse, die zu viel, zu hart gepushter Erfolg mit sich bringen können. Man hätte auch den E-Sport durch jede andere Sportart ersetzen können, die Cheats durch Doping und es wäre ein solider, aber nicht weiter beachteter Tatort gewesen.
Das ist am Ende auch der Grund, warum ich euch jetzt nicht unbedingt empfehle, die 90 Minuten zu investieren. War okay, kann man gucken, muss man nicht. Aber dass hier mal ein Computerspiele-Thema in dem angehende Rentnerformat des München-Tatort relativ unaufgeregt einfach als Hintergrund für die Handlung genutzt wurde, statt nur im vollen cringe-Mode Klischees abzuarbeiten, war für sich schon erfrischend. Selbst ein explizit gezeigter Kill im Spiel wurde nicht mit "Wie brutal!", sondern mit "Warum ein Nahkampf-Kill, das war doch riskant?" kommentiert. Wie eine ganz normale Spiel-Leistung in jeder beliebigen Sportart auch kommentiert worden wäre.
Das größte Klischee war eigentlich, dass im Bayern-Krimi ein Dackel durchs Bild toben durfte. Aber selbst der bekam einen sicher selbstironischen Spruch ab, dass manche Dinge mit der Zeit gehen sollten. Indirekt in Bayern durch den Dackel über E-Sport sprechen, das ist irgendwie ja schon fast Kunst.