Destiny 2 – Die Hexenkönigin: Der legendäre Schwierigkeitsgrad ist ein Glücksgriff
Positiver Stress.
Für mich war Destiny 2 eigentlich gestorben. Das Recycling von Inhalten und die Intensität, mit der man das immer Gleiche abspulen musste, um irgendwann nicht einmal mehr anständig belohnt zu werden, hatten ihren Reiz verloren. Aber darum soll es hier gar nicht gehen, denn ich kann euch nach meiner überschaubaren Spielzeit noch gar nicht sagen, ob sich mit der aktuellen Erweiterung viel Grundlegendes geändert hat.
Immerhin habe ich erst vor Kurzem die Bekanntschaft mit der Hexenkönigin gemacht, nachdem das Echo auf die neuen Inhalte nicht nur bei Melanie sehr positiv ausfiel. (Und meine Güte, ist das immer eine Heidenarbeit, sich in die Verstrickungen der Ressourcen und Aktivitäten eines großen Service-Titels hineinzudenken!) Nur eins weiß ich nach den ersten Stunden schon mit Sicherheit: Die Kampagne ist klasse! Was vor allem daran liegt, dass man sie nicht mehr wie ein notwendiges Übel abarbeiten muss, um irgendwann im überarbeiteten Endgame anzukommen.
Nun waren die früheren Kampagnen mitnichten schlecht. Aber da ich immer auf der Suche nach ebenso gut spielbaren wie anspruchsvollen Herausforderungen bin, konnten mich die Destiny-Gefechte entlang des roten Fadens bisher kaum begeistern – von Ausnahmen selbstverständlich abgesehen. So richtig lief das Spiel daher immer erst in den Raids zur Bestform auf, weil man dort nicht nur Waffen und Fähigkeiten aufeinander abstimmen muss, sondern auch mit Mitspielern kommunizieren sollte und oft zunächst mal verstehen muss, was überhaupt zu tun ist. Und ein bisschen weht jetzt tatsächlich der Wind eines solches Raids durch die legendäre Kampagne, weil das alles in ähnlicher Form auf viele dort auszutragenden Kämpfe zutrifft.
In vielen Arenen darf man nämlich nur einmal wiederbelebt werden, während selbst einfaches Fußvolk relativ großen Schaden anrichtet und mal kleine, mal größere Bosse ordentlich Druck auf die Hüter ausüben. Wenn das ganze Team seine Supers auf den Boss schmeißt, aber die Adds vernachlässigt, geht jedenfalls schnell das Licht aus (!) und man darf's noch mal versuchen. Dass man dabei die Umgebung genauer sondieren muss, weil der Radar fehlt, und sich besser hinter Deckungen positionieren muss, macht das Spielen ebenfalls interessanter.
Nun kann es gut sein, dass das nicht gerade für mich und meinen treuen Wegbegleiter in Sachen Destiny spricht, wenn wir buchstäblich stundenlang an einem der Gefechte zu knabbern hatten. Aber wisst ihr was? Das hat trotzdem deutlich mehr Spaß gemacht als die Bosskämpfe der vorherigen Kampagnen! Wir haben überlegt, welche Waffen wir verwenden, wer wann welche Super zündet, wie wir uns in welche Aufgaben reinteilen…
Es sind nicht die großen Raid-Momente, in denen noch viel mehr taktiert und überlegt wird. Es kommt aber aus derselben Ecke und erfordert in der Ausführung eine ähnliche Konzentration – und sei es nur, um nicht schon wieder jener Tropf zu sein, der einen Neustart verursacht. Das hier überhaupt in vielen Kämpfen Mechaniken eine Rolle spielen, die über "dicker Lebensbalken" hinausgehen, ist ja schon eine Verbesserung gegenüber früheren Kampagnen.
Und falls man das Anrennen nachts halb drei endlich abbrechen muss, weil die Wand zu diesem Zeitpunkt schlicht zu hoch erscheint? Dann macht man beim nächsten Mal einfach am selben Checkpunkt weiter. Eben wie in einem Raid. Über die ausschließlich hellblaue Beute freut man sich am nächsten Tag ja noch genauso.
Auch wenn ich jetzt natürlich irgendwie mit dem schlechten Gewissen klarkommen muss, meinem Mitspieler seine Pause von Elden Ring durch ein gleichwertiges Stresslevel zu vermiesen: Die legendäre Kampagne ist verdammt positiver Stress, mit dem mich Bungie wieder für ein Destiny begeistern kann, das ich längst abgeschrieben hatte.